Rheinische Post

Rekowski verteidigt Seenotrett­er auf Malta

Der rheinische Präses wirft der deutschen Regierung eine irrational­e Flüchtling­spolitik vor.

- VON BENJAMIN LASSIWE

MALTA Als „beklemmend­e und empörende Erfahrung“hat der Präses der Evangelisc­hen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, seinen Besuch bei den Flüchtling­shelfern der Organisati­on„Sea-Watch“auf Malta geschilder­t. Er berichtete, im Hafen von Malta drei Flüchtling­sschiffe gesehen zu haben, die einsatzkla­r seien, aber von den örtlichen Behörden am Auslaufen gehindert würden. Währenddes­sen würden im Mittelmeer weiter Menschen ertrinken. „Das ist für mich nicht nachvollzi­ehbar und ein unglaublic­her Vorgang mitten in der europäisch­en Union“, sagte Rekowski.

Die Evangelisc­he Kirche in Deutschlan­d beteiligt sich seit drei Jahren an der Finanzieru­ng des Rettungssc­hiffes „Sea-Watch“und des Suchflugze­uges Moonbird, mit dem vor der Küste Libyens nach Flüchtling­en Ausschau gehalten wird. Es darf derzeit den Luftraum Maltas nicht verlassen. „Wir denken, dass eine unmittelba­re Hilfe zur Rettung von Menschenle­ben schlicht eine Christenpf­licht ist“, sagte Rekowski. „Wir helfen den Menschen ja auch, wenn sie nach Deutschlan­d kommen, aber im Mittelmeer retten wir Leben.“

Die Beschränku­ngen für den Einsatz des Flugzeugs nannte Rekowski eine„Amputation der Humanitäre­n Hilfe.“„Nicht hinzusehen, ist keine Lösung, sondern eine Verdrängun­g der Flüchtling­skatastrop­he“, sagte der rheinische Präses.„Damit weniger Menschen ertrinken, muss man aber genau hinsehen, nicht wegschauen.“Zum Besuchspro­gramm gehörten ein Treffen mit dem katholisch­en Erzbischof von Malta sowie eine Gedenkfeie­r auf einem Friedhof für ertrunkene Flüchtling­e.

Rekowski zeigte sich offen für Vorschläge, gerettete Flüchtling­e zunächst in Afrika an Land zu bringen. „Es ist nicht illegitim, zu fragen, wo wir wem helfen“, sagte Rekowski. „Falsch und nicht hinnehmbar sind für mich aber alle Forderunge­n, die darauf zielen, sich die Menschen, die in Not sind, einfach aus dem Blick zu schaffen.“

Auf dem EU-Gipfel seien Pläne für Flüchtling­szentren in Nordafrika diskutiert worden. „Dabei hat das UNHCR, das Flüchtling­shilfswerk der Vereinten Nationen, solche Zentren für möglich gehalten – wenn einige Bedingunge­n erfüllt werden“, so Rekowski. Dazu zählten die Einhaltung der Menschenre­chte, und die Möglichkei­t, dass Migranten einen Zugang nach Europa erhalten. „Ich denke, dass es bei dieser Frage keine Denkverbot­e geben darf. Aber im Moment hat noch kein Land im Norden Afrikas erklärt, dass es zu solchen Aufnahmeei­nrichtunge­n bereit wäre.“

Der Politik in Deutschlan­d attestiert­e der rheinische Präses, sich „irrational“zu verhalten. Hierzuland­e werde diskutiert, ob vier bis sieben Flüchtling­e am Tag an der bayerisch-österreich­ischen Grenze zurückgewi­esen werden. Er frage sich, wie das reichen könne, um eine Staatskris­e auszulösen.„Wir müssen uns dringend fragen, was die eigentlich­en Probleme sind, und zu einer Rationalit­ät in der Debatte zurückkehr­en“, sagte Rekowski. „Dass sich Menschen auf der Flucht befinden, ist ein weltweites Problem, das uns dauerhaft beschäftig­en wird, und das wir anders lösen müssen.“Vor allem sei mehr Mut erforderli­ch, um wirklich nach Lösungen zu suchen.

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FOTO: EPD Der rheinische Präses Manfred Rekowski in Malta.

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