Rekowski verteidigt Seenotretter auf Malta
Der rheinische Präses wirft der deutschen Regierung eine irrationale Flüchtlingspolitik vor.
MALTA Als „beklemmende und empörende Erfahrung“hat der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, seinen Besuch bei den Flüchtlingshelfern der Organisation„Sea-Watch“auf Malta geschildert. Er berichtete, im Hafen von Malta drei Flüchtlingsschiffe gesehen zu haben, die einsatzklar seien, aber von den örtlichen Behörden am Auslaufen gehindert würden. Währenddessen würden im Mittelmeer weiter Menschen ertrinken. „Das ist für mich nicht nachvollziehbar und ein unglaublicher Vorgang mitten in der europäischen Union“, sagte Rekowski.
Die Evangelische Kirche in Deutschland beteiligt sich seit drei Jahren an der Finanzierung des Rettungsschiffes „Sea-Watch“und des Suchflugzeuges Moonbird, mit dem vor der Küste Libyens nach Flüchtlingen Ausschau gehalten wird. Es darf derzeit den Luftraum Maltas nicht verlassen. „Wir denken, dass eine unmittelbare Hilfe zur Rettung von Menschenleben schlicht eine Christenpflicht ist“, sagte Rekowski. „Wir helfen den Menschen ja auch, wenn sie nach Deutschland kommen, aber im Mittelmeer retten wir Leben.“
Die Beschränkungen für den Einsatz des Flugzeugs nannte Rekowski eine„Amputation der Humanitären Hilfe.“„Nicht hinzusehen, ist keine Lösung, sondern eine Verdrängung der Flüchtlingskatastrophe“, sagte der rheinische Präses.„Damit weniger Menschen ertrinken, muss man aber genau hinsehen, nicht wegschauen.“Zum Besuchsprogramm gehörten ein Treffen mit dem katholischen Erzbischof von Malta sowie eine Gedenkfeier auf einem Friedhof für ertrunkene Flüchtlinge.
Rekowski zeigte sich offen für Vorschläge, gerettete Flüchtlinge zunächst in Afrika an Land zu bringen. „Es ist nicht illegitim, zu fragen, wo wir wem helfen“, sagte Rekowski. „Falsch und nicht hinnehmbar sind für mich aber alle Forderungen, die darauf zielen, sich die Menschen, die in Not sind, einfach aus dem Blick zu schaffen.“
Auf dem EU-Gipfel seien Pläne für Flüchtlingszentren in Nordafrika diskutiert worden. „Dabei hat das UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, solche Zentren für möglich gehalten – wenn einige Bedingungen erfüllt werden“, so Rekowski. Dazu zählten die Einhaltung der Menschenrechte, und die Möglichkeit, dass Migranten einen Zugang nach Europa erhalten. „Ich denke, dass es bei dieser Frage keine Denkverbote geben darf. Aber im Moment hat noch kein Land im Norden Afrikas erklärt, dass es zu solchen Aufnahmeeinrichtungen bereit wäre.“
Der Politik in Deutschland attestierte der rheinische Präses, sich „irrational“zu verhalten. Hierzulande werde diskutiert, ob vier bis sieben Flüchtlinge am Tag an der bayerisch-österreichischen Grenze zurückgewiesen werden. Er frage sich, wie das reichen könne, um eine Staatskrise auszulösen.„Wir müssen uns dringend fragen, was die eigentlichen Probleme sind, und zu einer Rationalität in der Debatte zurückkehren“, sagte Rekowski. „Dass sich Menschen auf der Flucht befinden, ist ein weltweites Problem, das uns dauerhaft beschäftigen wird, und das wir anders lösen müssen.“Vor allem sei mehr Mut erforderlich, um wirklich nach Lösungen zu suchen.