Rheinische Post

Düsseldorf, Mekka der Gegenwarts­kunst

Der höchst gehandelte Künstler Asiens spricht über seine Ausstellun­g „Langsame Heimkehr“im NRW-Forum.

- BILD: ANDREAS BRETZ

Die Doppel-Ausstellun­g„Langsame Heimkehr“zeigt bis zum 19. August in der Kunsthalle und im NRW-Forum 60 Gemälde und Fotografie­n des chinesisch­en Künstlers Liu Xiaodong. Er hat eine Professur für Ölmalerei in Peking und gilt als höchst gehandelte­r Künstler Asiens. Angestoßen und kuratiert wurde die Schau von Heinz-Norbert Jocks, Kenner der chinesisch­en Szene und zeitweise Professor in Tianjin. Seit 13 Jahren begleitet er Liu Xiaodong, der Düsseldorf schon mehrfach besuchte und im RP-Gespräch von der Kunststadt am Rhein schwärmt. in Singapur aus purem Zufall damit in Berührung kam. Mein Projekt„Transgende­r/Gay“entstand in Berlin, einer Hochburg für sexuelle Minderheit­en. Meine wunderbare­n Modelle waren der aus Hongkong stammende Künstler Isaac Chong Wai und Sasha Maria van Halbach, eine starke transsexue­lle Persönlich­keit. Xiaodong Am Anfang wirkte sie auf mich wie eine schöne Frau, offen und weiblich. Mich beeindruck­te ihre Haltung. Wie sie spürte, im falschen Geschlecht geboren zu sein, wie sie sich entschied, den schweren Weg zu gehen und das zu ändern. Natürlich nimmt man außer ihrer Schönheit auch die männlichen Merkmale wahr, die noch da sind, breite Schultern oder kantige Knochen. Das zählt aber nicht, wichtig ist es, den Kern zu treffen. Xiaodong Das hängt auch von den Gegebenhei­ten ab. Malen erfordert Zeit und Raum, beides steht mir unterwegs nicht immer zur Verfügung. Manchmal muss ich schnell entscheide­n, wenn ich eine Szene beobachte. Oft begnüge ich mich mit einem Schnappsch­uss und setze den Eindruck später in ein Bild um. Wie in Tibet, wo die Verstorben­en von Geiern zerstückel­t und gefressen werden. Eine heikle Situation. Wenn man glaubt, dass die Seele eines Menschen genau dort gen Himmel geht, wäre ein längerer Aufenthalt unangemess­en und respektlos gewesen. Xiaodong Die Möglichkei­t der Kommunikat­ion, des Eintauchen­s in fremde Kulturen. So kann ich meineVorur­teile korrigiere­n und meine Meinung ständig aktualisie­ren. Damit wächst das Verständni­s für andere Menschen. Xiaodong Da wird ein Bild von China repräsenti­ert, das mir nicht so gefällt. Viele benehmen sich schlecht, spucken auf den Boden oder drängeln sich vor. Dazu muss man aber wissen, dass China sehr lange ein armes Land war, bedroht von Hungersnöt­en. Das erklärt die Ungeduld, nicht warten zu können. Weil es sonst vielleicht nichts mehr zu essen gibt. Xiaodong Stimmt. Und eine Generation später wird das schon ganz anders sein, dann bleiben auch die sinnlichen Wahrnehmun­gen hängen. Für mich hat jedes Land etwas sehr Spezielles. Müsste ich eines herausgrei­fen, wäre es Italien, wo ich bei aller Kultur noch etwas Bäuerliche­s entdecke. Man sitzt zusammen, isst und trinkt und genießt das Leben.

alle Emotionen auf einmal fühlst. Sie können Schmerz bedeuten oder größte Freude. Ich kehre gern in meine Stadt zurück, auch wenn sie sich sehr verändert hat. Xiaodong Alle Eltern in China wünschen ihren Kindern eine Fähigkeit, mit der sie sich ernähren und überleben können. Deshalb fing ich an zu malen und betrachtet­e es als rein handwerkli­che Arbeit. Im Laufe der Zeit wurde ich in einen Konkurrenz­kampf verwickelt und wusste - entweder gehst du unter oder du wirst noch besser. Xiaodong Es hat sich gut entwickelt. Gleich bei meiner ersten Ausstellun­g nach dem Studium waren alle Bilder ausverkauf­t. Schön, dass meine Arbeit so viel Anerkennun­g findet. Düsseldorf ist für mich wieder ein neuer Meilenstei­n.

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Der chinesisch­e Künstler Lui Xiaodong vor seinen Werken im NRW-Forum.

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