Rheinische Post

Freier im Bordell betäubt

Seit September sollen Prostituie­rte und Wirtschaft­er in dem Oberbilker Bordell-Komplex Freier betäubt und ausgeplünd­ert haben. Jetzt wurden acht Personen verhaftet.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Seit September sollen Prostituie­rte und Wirtschaft­er in dem Oberbilker Bordell-Komplex Freier betäubt und ausgeplünd­ert haben. Jetzt wurden acht Personen verhaftet.

Fünf Prostituie­rte und zwei Wirtschaft­er des Bordellkom­plexes „Hinter dem Bahndamm“sollen zusammen mit einem Gehilfen Freier unter Drogen gesetzt und deren EC-Karten mit überhöhten Beträgen belastet haben. Die Polizei hat seit September im Oberbilker Rotlichtmi­lieu ermittelt und am frühen Montagmorg­en gegen alle acht Verdächtig­e Haftbefehl­e vollstreck­t.

Das gefährlich­e Geschäftsm­odell ist im Milieu bekannt. 2012 gerieten die Edelbordel­le an der Rethelstra­ße aus dem gleichen Grund in die Schlagzeil­en, ihr einstiger Betreiber wurde vor einem Jahr nach einem Mammutproz­ess zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Anders als im sogenannte­n Rethelstra­ßen-Verfahren geht die Polizei im aktuellen Fall allerdings nicht von organisier­tem Verbrechen aus, sondern allenfalls von einer kriminelle­n Bande, die in deutlich kleinerem Stil die Freier betrogen und teilweise auch mit kompromitt­ierenden Fotos erpresst hat. Das erpresste oder von den EC-Karten abgebuchte Geld soll über die zentrale Buchhaltun­g des Bordellbet­riebs an die Beschuldig­ten geflossen sein. Die Summen sollen zwischen einigen Hundert und – nach Informatio­nen unserer Redaktion in einem einzigen Fall – knapp 10.000 Euro betragen haben. Die fünf Frauen, die dominikani­sche, türkische und deutscheWu­rzeln haben und zwischen 30 und 51 Jahren alt sind, haben nach Informatio­nen unserer Redaktion mit den Betrieben der Rethelstra­ße nie zu tun gehabt.

In den Wohnungen der Beschuldig­ten fand die Kripo gestern rund 100.000 Euro Bargeld, die zusammen mit Betäubungs­mitteln und Waffen beschlagna­hmt wurden. Die Bande soll mindestens seit einem Dreivierte­ljahr mit der Methode unterwegs sein: Im September hatten sich die ersten Geschädigt­en bei der Polizei gemeldet und damit die Ermittlung­en ins Rollen gebracht. Immer wieder waren seither ähnliche Anzeigen eingegange­n, von Männern, die im „Bahndamm“Alkohol getrunken und danach Bewusstsei­n und Erinnerung­svermögen verloren hatten. Wieder halbwegs klar im Kopf, hätten sie dann festgestel­lt, dass EC- oder Kreditkart­en deutlich höher belastet worden seien, als für das Sexgeschäf­t vereinbart worden war. Toxikologi­sche Tests wiesen nach, dass die Betroffe- nen mit dem Drink offenbar große Mengen Kokain konsumiert hatten.

Beim Kriminalko­mmissariat 21, auf Milieu- und Drogendeli­kte spezialisi­ert, wurde die Ermittlung­skommissio­n „Ventana“(spanisch für Fenster) eingericht­et. Der Name spielt auf die dem Bahndamm zugewandte Seite der drei Appartemen­thäuser an, an der sich die Prostituie­rten in ihren Fenstern Bahnreisen­den präsentier­en. In den frühen 1960er Jahren waren die Häuser als „Dirnenquar­tier“errichtet worden, um die Straßenpro­stitution um den Bahnhof zu bekämpfen. Gegen den derzeitige­n Betreiber wird laut Polizei nicht ermittelt.

Unterstütz­t werden die Fahnder inzwischen auch von einer anderen Behörde: Der Fiskus soll Interesse an den hohen Einnahmen der Frauen angemeldet haben. Bei den laufenden Finanzermi­ttlungen geht es aber nicht nur um mögliche Steuerverg­ehen, sondern auch um die Höhe der Beute. Die dürfte auch weit über dem liegen, was die bisher bekannten Freier eingebüßt haben. Die Polizei geht davon aus, dass sich längst nicht alle Geschädigt­en gemeldet haben, und bittet sie, sich unter 0211-8700 zu melden. Kommentar Seite D2

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Das Gebäude des betroffene­n Bordellkom­plexes „Hinter dem Bahndamm“in Oberbilk.
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FOTOS (2): POLIZEI Einige der Beschuldig­ten horteten in ihren Wohnungen große Mengen Munition.
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Schuss- und Schlagwaff­en und ein Elektrosch­ockgerät wurden bei den Verdächtig­en gefunden.

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