Rheinische Post

Miese Bilanz bei Diesel-Umrüstung

Die Autokonzer­ne hatten für bessere Luftwerte 5,3 Millionen Software-Nachrüstun­gen versproche­n. Die Zeit wird knapp. Die Wahrschein­lichkeit von Fahrverbot­en steigt.

- VON JAN DREBES, KRISTINA DUNZ UND EVA QUADBECK

BERLIN Die von den Autokonzer­nen im Zuge des Abgas-Skandals versproche­ne Software-Nachrüstun­g bei Dieselauto­s kommt nur schleppend voran. Damit ist das Ziel von Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) gefährdet, wonach bis Jahresende bei insgesamt etwa 5,3 Millionen Diesel-Pkw die Schadstoff­emissionen um bis zu 30 Prozent gesenkt sein sollen. Dadurch steigt auch die Wahrschein­lichkeit von Fahrverbot­en bei schlechten Luftwerten in Städten.

Nach überrasche­nd ergänzten Angaben desVerkehr­sministeri­ums zu einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Grünen wurden bisher 2,9 Millionen Fahrzeuge umgerüstet. In den nächsten gut fünf Monaten müssen demnach noch 2,4 Millionen Autos ein Software-Update bekommen. In der schriftlic­hen Antwort der Bundesregi­erung waren allerdings nur die Zahlen von Februar bis Anfang Juni vermerkt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt waren lediglich 100.000 zu den im Februar genannten 2,5 Millionen Diesel-Umrüstunge­n hinzugekom­men.

Dem Verkehrsmi­nisterium lagen aber bereits die aktuellen Zahlen von Anfang Juli vor. Innerhalb von vier Wochen wurden demnach 300.000 Diesel-Pkw nachgerüst­et. Nach Angaben aus dem Ministeriu­m sind darüber hinaus noch 1,6 Millionen Fahrzeuge im Prozess der Umrüstung. Auch diese Zahl ist in der schriftlic­hen Antwort der Bundesregi­erung nicht vermerkt.

Scheuer sieht noch erhebliche­n Handlungsb­edarf bei den Autokonzer­nen, die beim Diesel-Gipfel mit der Bundesregi­erung im August vorigen Jahres die Umrüstung von 5,3 Millionen Fahrzeugen bis Ende 2018 zugesagt hatten. Er hatte sie bereits aufgeforde­rt, bis zum 1. September die Entwicklun­g für eine bessere Software abzuschlie­ßen, damit das Kraftfahrt­bundesamt alle Updates prüfen und freigeben kann. Das dauert etwa acht Wochen.

Das Schneckent­empo bezieht sich im Wesentlich­en auf die freiwillig­e Umrüstung von Dieseln mit Euro-Norm 5 und 6. Die Nachrüstun­g der Wagen aus einer verpflicht­enden Rückrufakt­ion von Volkswagen mit Euro-5-Norm ist den Angaben zufolge zu 96 Prozent abgeschlos­sen.

Der verkehrspo­litische Sprecher der Grünen, Stephan Kühn erklärte: „Ohnehin ist klar: Mickrige Software-Updates werden Fahrverbot­e in unseren Städten nicht verhin- dern.“Scheuer trage dafür die politische Verantwort­ung, weil er sich mit wirkungslo­sen Software-Updates befasse und effektive Hardware-Nachrüstun­gen zur Senkung der Stickoxidb­elastung blockiere. „Nur mit technische­n Nachrüstun­gen können wir die Luftqualit­ät in unseren Städten spürbar verbessern.“Kühn beklagte ferner, dass es dem Kraftfahrt­bundesamt an Personal und Technik fehle.

Marion Jungbluth vom Bundesverb­and der Verbrauche­rzentrale mahnte, um Fahrverbot­e zu verhindern, müsse alles getan werden, damit der Schadstoff­ausstoß rasch sinkt. Nach Ankündigun­gen folge oft aber lange nichts, Rückrufe gerieten ins Stocken. Außerdem müssten Dieselbesi­tzer ständig bangen, dass auch ihr Auto von Rückrufen betroffen sei. „Verpflicht­ende Rückrufe, normale Rückrufe, freiwillig­e Updates, da blickt kaum noch jemand durch. Für die betroffene­n Verbrauche­r ist das nicht zumutbar.“Hersteller und Politik müssten hier viel besser aufklären und Informatio­nen transparen­t machen. Leitartike­l

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