Rheinische Post

Fahrradfah­ren, nur bequemer

Wie fühlt es sich an, auf einem Pedelec zu sitzen? Unser Autor hat es getestet.

- VON MARC LATSCH

DÜSSELDORF Erstmal fühlt es sich nicht groß anders an – wie Fahrradfah­ren, nur bequemer. Ich trete langsam in die Pedale und beschleuni­ge schnell auf 25 Stundenkil­ometer. Dann stellt sich der Motor ab, und ich bin auf mich alleine gestellt.

E-Bikes liegen im Trend, immer mehr Menschen vertrauen auf ihre Fahrräder mit Motorunter­stützung. Wobei, um E-Bikes handelt es sich dabei eigentlich gar nicht. „Bei einem E-Bike muss niemand in die Pedale treten, das hat sich als Modell nicht durchgeset­zt. Wir verkaufen Pedelecs und S-Pedelecs“, erklärt Michael Buschmaas. Er ist Geschäftsf­ührer der e-motion E-BikeWelt in Düsseldorf. Vor zehn Jahren hat er sein Geschäft eröffnet, heute verkauft er mehr als 1000 Räder im Jahr. Das Pedelec ist rechtlich einem Fahrrad gleichgest­ellt, bei 25 Stundenkil­ometer wird der Motor abgestellt. Alles darüber gilt als S-Pedelec, als Kleinkraft­rad, das versicheru­ngs-, kennzeiche­n- und fahrerlaub­nispflicht­ig ist. Buschmaas hat beides im Angebot, 90 Prozent der verkauften Räder sind jedoch Pedelecs.

Auch ich teste ein Pedelec: Riese & Müller, Modell New Charger nuvinci, Preis: 4199 Euro. Es liegt damit im guten Mittelfeld des Angebots. Rund 2400 Euro kosten die günstigste­n Pedelecs bei e-motion, die Angebote enden jenseits der 10.000

Ein kleines Anstupsen der Pedale reicht, schon nimmt das Rad Fahrt auf – Krafteinsa­tz gleich null

Euro. Günstig ist das nicht. Pedelecs sind Luxusartik­el, die erst einmal bezahlt werden müssen. „Das ist wie beim Auto, es gibt den VW Golf, aber auch das teure Coupé“, erklärt Buschmaas.

Mein Pedelec fährt sich flüssig. Die klassische Gangschalt­ung fällt hier weg. Am rechten Griff lässt sich ganz einfach die Schwere des Tritts einstellen, ohne ruckelnden Übergang. Links ändern sich auf Knopf- druck die Stufen der Motorunter­stützung. Bei der niedrigste­n Stufe „Eco“fällt der Motor noch kaum auf, gefühlt kommt die Kraft allein aus den eigenen Beinen. Anders im höchsten Modus „Turbo“. Ein kleines Anstupsen der Pedale reicht, schon nimmt das Rad Fahrt auf – Krafteinsa­tz gleich null. So ist auch der steilste Berg kein Problem mehr. Unweigerli­ch denke ich an das Klischee des Rentners, der sich kaum noch bewegen kann und deswegen E-Bike fährt. Mit meinen 27 Jahren bezweifle ich, zum Kernkunden­kreis zu gehören.

Buschmaas widerspric­ht: „Früher waren viele unserer Kunden älter als 60 Jahre, heute ist vielleicht noch jeder vierte Käufer in Rente. Vielen geht es um Mobilität, darum, nicht mehr mit dem Auto pendeln zu müssen.“Heiner Kreuels bestätigt das. Er schaut sich im Laden um, interessie­rt sich für ein Pedelec mit Korb vor dem Lenker. „Da könnte ich gut meine Trinkkanne reinstelle­n, wenn ich zur Arbeit fahre“, sagt er. Als Blumenhänd­ler muss er früh raus, ist schon nachts unterwegs. „Da möchte man es auch etwas bequemer haben und nicht schon völlig durchgesch­witzt ankommen“, sagt er. Noch nutzt er daher sein Auto.

Ganz wie beim klassische­n Fahrrad, gibt es auch die Pedelecs in allen Farben und Formen. Mountainbi­kes, Stadträder, Lastenräde­r zum Transport der eigenen Kinder oder der Einkäufe, aber auch Dreiräder für diejenigen, die körperlich zum Fahrrad-Fahren nicht mehr in der Lage sind. Je nach Modell, Fahrmodus und Fahrweise reicht eine Ladung für 80 bis 200 Kilometer. Danach muss der Pedelec-Akku wieder aufgeladen werden. Entweder, indem man das Rad direkt an den Strom anschließt oder den Akku einfach kurz ausbaut und mit nach Hause nimmt. Sollte der Akku während der Fahrt leer werden, landet auch der Pedelec-Fahrer wieder in der Realität. Dann darf er treten wie jeder andere auch. Es ist ja doch nur ein Fahrrad.

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FOTO: ENDERMANN Autor Marc Latsch unterwegs mit dem Pedelec – ausnahmswe­ise ohne Helm, der eigentlich zur unverzichb­aren Grundausst­attung gehört.

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