Merkel lässt Abtreibungsfrage offen
Die Kanzlerin trifft eine junge Frau mit Downsyndrom aus der Wahlarena wieder.
KÖLN Es ist eine bestimmte Frage, die Natalie Dedreux umtreibt: Warum darf man Babys mit Downsyndrom bis kurz vor der Geburt abtreiben? Die 19-Jährige, die selbst Trisomie 21 hat, durfte diese Frage der Bundeskanzlerin in einer Wahlkampfsendung im vergangenen September stellen. Angela Merkels Antwort damals: Viele Eltern hätten große Angst, ein behindertes Kind zu bekommen. Sie wüssten oft nicht, wie gut sie unterstützt werden könnten.
Am Mittwoch haben sich Merkel und Dedreux in Köln-Kalk wiedergesehen. Im Caritas-Café, in dem die 19-Jährige arbeitet, sprachen sie erneut. Ob auch im Bundeskanzleramt Menschen mit Behinderung beschäftigt seien, fragte Dedreux. Das berichtete Angela Merkel später vor Journalisten. Acht Prozent der Kanzleramtsbeschäftigten hät- ten eine Behinderung, sagte die Bundeskanzlerin. Angestellte mit Downsyndrom gebe es nicht, „aber das kann ja noch werden“.
Die Bundeskanzlerin lobte die Arbeit der Sozialdienst-Mitarbeiter als „wertvoll und wichtig“. „Wir müssen dafür werben, dass Berufe von Menschen mit Menschen bedeutend sind“, sagte Merkel. Es brauche mehr Kitaplätze und mehr Fachkräfte, der Beruf des Erziehers müsse attraktiver werden. „Das hat auch mit der Bezahlung zu tun.“Natalie Dedreux arbeitet selbst seit etwa einem Jahr in dem Café der Caritas und schreibt für das Magazin „Ohrenkuss“, das von Menschen mit Downsyndrom gemacht wird. Dedreux setzt sich öffentlich dafür ein, dass auch bei der Diagnose Downsyndrom kein Spätabbruch der Schwangerschaft möglich ist. „Ich will zeigen, wie cool ich drauf bin“, schreibt sie auf ihrem Blog. „Ihr sollt aufhören, Angst zu haben.“
Mit pränataler Diagnostik können Ärzte herausfinden, ob ein ungeborenes Kind das Downsyndrom hat. Wenn dadurch die körperliche oder seelische Gesundheit der Mutter gefährdet ist, darf diese auch nach der zwölften Schwangerschaftswoche abtreiben. Wie viele Abtreibungen es aufgrund der Diagnose gibt, wird nicht bundesweit erfasst. Angela Merkel ging in ihrem öffentlichen Statement aber nicht mehr auf die Frage zu Spätabtreibungen ein.