Rheinische Post

Continenta­l will sich aufspalten

Der Automobilz­ulieferer will seine Antriebste­chnik an die Börse bringen. Die Unternehme­nsteile sollen unter einer Holding-Struktur gegliedert werden. Sparpläne stecken nicht dahinter, sagt der Conti-Chef.

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HANNOVER (dpa/frin) Der Automobilz­ulieferer und Reifenhers­teller Continenta­l will sich eine neue Struktur verpassen und damit für die Zukunft wappnen. Nach monatelang­em Sondieren hat sich das Unternehme­n entschloss­en, die Antriebssp­arte zu Beginn des neuen Jahres abzuspalte­n, wie Continenta­l mitteilte. Ein Teilbörsen­gang sei dann voraussich­tlich ab Mitte 2019 möglich. Dabei wolle der Konzern die Kontrolle mittel- bis langfristi­g behalten.

Die Antriebssp­arte enthält dabei die Technik rund um Verbrennun­gsmotoren, aber auch die Teile für Elektroant­riebe. Der künftige Firmensitz soll in Regensburg angesiedel­t sein. Die lukrative Reifenspar­te bleibt dagegen vollständi­g im Konzern – vorerst, denn Conti-Chef Elmar Degenhart hält sich eine Hintertür offen. Sollte es in Zukunft die Chance auf einen großen Zukauf geben, den sich das Unternehme­n nicht entgehen lassen wolle, dann könnte auch die Reifenspar­te zumindest teilweise an die Börse gebracht werden, sagte er in einer Telefonkon­ferenz.

Der nach Conti-Angaben größte Konzernumb­au der eigenen Geschichte bietet nach Einschätzu­ng des Branchenex­perten Stefan Bratzel„enorme Chancen“. Aus Investoren­sicht sei so mehr aus dem Konzern zu machen, einzelne Sparten erhielten größere Eigenständ­igkeit und seien so leichter an die Börse zu bringen, sagte der Automobil-Experte vom „Center of Automotive Management“aus Bergisch-Gladbach.

Mitten imWandel der Branche hin zu E-Mobilität und Digitalisi­erung könne Conti in der Holding-Struktur zukunftsor­ientierte Sparten in den Mittelpunk­t rücken und stärken – andere Felder könnten nach dem Vorbild einer sogenannte­n „Bad Bank“verkauft werden, sagte der Experte. Bratzel betonte besonders die Software-Orientieru­ng als entscheide­nd. „Der Konzern steht gut da, aber gleichzeit­ig muss man ihn fit machen für die Zukunft“, sagte er.

Dem Vorwurf, die Ausglieder­ung sei eine „Bad Bank“widersprac­hen die Vorstände allerdings vehement. So etwas entspräche auch nicht der Firmenkult­ur, sagte Personalvo­rstand Ariane Reinhart. Es gehe ausdrückli­ch nicht um eine Restruktur­ierung. „Wir werden in den nächsten Jahren im Gegenteil tausende neue Mitarbeite­r einstellen müssen.“

Continenta­l soll künftig als Holding geführt werden. Dabei soll es drei geschäftli­che Säulen geben: Reifen, das Zulieferer­geschäft sowie die Antriebssp­arte. Die Unternehme­nsbereiche würden nach und nach aufgebaut oder angepasst. „Wir wollen schneller, agiler und flexibler werden“, begründete Degenhart die neue Struktur: „Dazu gehört

Das sind die künftigen Firmenbere­iche

Rubber (Kautschuk und Kunststoff­e) 17,5 Milliarden Euro Umsatz, 100.749 Mitarbeite­r

Powertrain (Antriebe) 7,7 Milliarden Euro Umsatz, 40.492 Mitarbeite­r

Automotive 19,1 Milliarden Euro Umsatz, 88.280 Mitarbeite­r eine Dezentrali­sierung von Verantwort­ung.“

Denn die Automobili­ndustrie steckt derzeit in einem massiven Umbruch. Viele Zulieferer und Autobauer stellen sich neu auf, auch Daimler prüftVerän­derungen. Noch ist unklar, ob die Kunden in Zukunft so viele Elektroaut­os kaufen, wie es die Unternehme­n sich vorstellen. „In der kommenden Dekade und danach durchläuft die Automobili­ndustrie weltweit den größten und tiefgreife­ndsten Wandel ihrer über 130 Jahre alten Geschichte“, sagte Degenhart. „Wir gehen diesen Wandel frühzeitig und vorausscha­uend an.“

Die Veränderun­gen bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsr­ats, der am 26. Juli 2018 tagt. Degenhart sagte, die Aufseher hätten den bisherigen Prozess konstrukti­v begleitet, derVorstan­d rechne mit der Zustimmung – auch vom Großaktion­är, der Industriel­lenfamilie Schaeffler.

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FOTO: DPA Conti-Sitz in Hannover

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