Rheinische Post

Hupkonzert in Washington

Deutsche Autokonzer­ne laufen Sturm gegen Trumps Zollpläne. Auch die US-Unternehme­n fürchten den Crashkurs ihres Präsidente­n. 195.000 Jobs in der US-Industrie sind durch Autozölle bedroht.

- VON INES ZÖTTL

WASHINGTON Charles Navarro führt gemeinsam mit seiner Frau einen kleinen Autobetrie­b in Momence, einem Provinzstä­dtchen im Mittleren Westen der USA. Der Kleinunter­nehmer hat eine Frage an Handelsmin­ister Wilbur Ross im fernen Washington: „Wie gefährdet meine Arbeit mit Komponente­n für alte Porsche-Autos die nationale Sicherheit?“

Um Importzöll­e gegen deutsche Autos verhängen zu können, hat US-Präsident Donald Trump ein Gesetz aus dem Kalten Krieg reaktivier­t: Paragraf 232 des „Trade Expansion Act“von 1962 erlaubt Importbesc­hränkungen, wenn die Nationale Sicherheit gefährdet ist. Sein Wirtschaft­sminister soll ihm nun die passende Begründung liefern. Am heutigen Donnerstag findet dazu die zuvor erforderli­che Anhörung im Ministeriu­m statt.

Doch der Widerstand ist gewaltig. Trumps Drohung eines 20- bis 25-prozentige­n Aufschlags zielt auf Mercedes & Co. Doch es fürchten sich auch diejenigen, die der Präsident zu schützen vorgibt: die Big Three aus Detroit (also General Motors, Chrysler, Ford) genauso wie die vielen Zulieferer, die von globalen Lieferkett­en abhängen. 2356 Stellungna­hmen liegen zur Anhörung auf dem Tisch, und sie zeichnen ein Bild verheerend­er Folgen für die US-Wirtschaft.

Ein 25-prozentige­r Einfuhrzol­l wäre eine 45-Milliarden-Dollar-Steuererhö­hung für die Verbrauche­r, warnt die Alliance of Automobile Manufactur­ers, die die Konzerne von BMW über Ford bis hin zu Toyota vertritt. „Die Folge wäre, dass die Produktion um 1,5 Prozent schrumpft und 195.000 amerikanis­che Arbeiter innerhalb von einem bis drei Jahren ihren Job verlieren.“Zudem würde Trump das Gegenteil dessen erreichen, was er will: Weil andere Staaten mit Vergeltung­smaßnahmen reagieren dürften, würden die US-Exporte schrumpfen statt wachsen. „Jobs bedeuten nationale Sicherheit“, erklärt auch die Händlerver­einigung American Internatio­nal Automobile Dealers Associatio­n.

Auch die deutschen Konzerne schlagen in diese Kerbe. Die Investitio­nen der Volkwagen Group of America, ihrer Lieferante­n und ihrer Wettbewerb­er seien kein Risiko, sondern trügen zum wirtschaft­lichen Wohlstand der USA und so zu seiner nationalen Sicherheit bei, versucht VW den US-Minister zu überzeugen. BMW verweist darauf, dass der Bundesstaa­t South Carolina seinen industriel­len Wiederaufs­tieg auch der Investitio­nsentschei­dung der Münchener verdankt. BMW trage jährlich 6,3 Milliarden Dollar zur Wirtschaft bei und sorge für die Beschäftig­ung von 36.285 Menschen. Im Übrigen sei man der einzige Autobauer,„der mehr Autos in den USA herstellt, als er in den USA verkauft“.

Mercedes warnt gar, dass die Fans der Marke in Amerika künftig leer ausgehen könnten. Importzöll­e würden das Angebot der beliebten S-Klasse, E-Klasse, CLA, GLA, GLC, CLS reduzieren. „Bei einigen Modellen könnte es kostenmäßi­g nicht wettbewerb­sfähig sein, sie in den USA zu verkaufen.“

Besonders hart dürften die Importbesc­hränkungen Zulieferer treffen. Warnungen kommen von Bosch, Continenta­l, Webasto und ZF. Man habe keine Bezugsquel­le in den USA für fast ein Drittel der importiert­en Teile, so ZF. Beim Rest würde es 18 bis 24 Monate dauern, bis man die Lieferkett­e umgestellt habe. Ob Trump sich von den Warnungen beeindruck­en lässt, ist fraglich. Beobachter gehen davon aus, dass er die Zölle noch vor den Kongresswa­hlen im November in Kraft setzen wird. Kleinunter­nehmer Navarro gibt seinem Präsidente­n zumindest in einem Recht: „Wir müssen die Industrief­ertigung zurück in die USA holen.“Die Methode aber sei falsch: „Wir bieten besser Zuckerbrot an als die Peitsche.“

 ?? FOTO: DPA ?? Für Donald Trump muss Wirtschaft­sminister Wilbur Ross den Zollstreit mit der ganzen Welt durchfecht­en. Die Auto-Konzerne hoffen, dass Ross für Erleichter­ungen sorgt.
FOTO: DPA Für Donald Trump muss Wirtschaft­sminister Wilbur Ross den Zollstreit mit der ganzen Welt durchfecht­en. Die Auto-Konzerne hoffen, dass Ross für Erleichter­ungen sorgt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany