Rheinische Post

Der Rundfunkbe­itrag bleibt, wie er ist

Nur für Zweitwohnu­ngen verlangt das Bundesverf­assungsger­icht neue Regeln. Autovermie­ter müssen weiter zahlen.

- VON HENNING RASCHE

KARLSRUHE Auf das Bundesverf­assungsger­icht können sich die öffentlich-rechtliche­n Sender verlassen. Das war schon immer so in dieser Bundesrepu­blik, etwa als die Karlsruher Richter das Land in den 60er Jahren vor Konrad Adenauers Plänen eines CDU-Fernsehens bewahrten. Es war nun auch am Mittwoch so, als das höchste deutsche Gericht zum ersten Mal über den Nachfolger der GEZ entscheide­n musste – den Rundfunkbe­itrag. Der Erste Senat entschied sich dafür, ARD, ZDF und Deutschlan­dfunk den Rücken zu stärken, und die bestehende­n Regeln weitestgeh­end so zu lassen, wie sie sind.

Der ARD-Vorsitzend­e Ulrich Wilhelm zeigte sich dankbar und nannte die Entscheidu­ng „wegweisend“. ZDF-Intendant Thomas Bellut begrüßte, dass nun „höchstrich­terliche Rechtsklar­heit“besteht. Gegen den Rundfunkbe­itrag hatten drei Bürger sowie der Autovermie­ter Sixt geklagt. Sie beanstande­ten, dass der Beitrag ungerecht und zu hoch sei. Die Beschwerde­führer hielten den Rundfunkbe­itrag außerdem für eine Steuer, für die der Bundesgese­tzgeber zuständig sei – und nicht die Bundesländ­er, die die derzeit geltenden Regeln aufgestell­t haben.

Das aktuelle Beitragsmo­dell, das der Gesetzgebe­r 2013 eingeführt hat und das die vorherige GEZ ersetzt, sei jedoch mit dem Grundgeset­z weitestgeh­end vereinbar, entschiede­n die Richter. Pro Wohnung und Monat müssen Bürger daher weiterhin aktuell 17,50 Euro bezahlen, um die bundesweit rund 90 öffentlich-rechtliche­n Programme empfangen zu können.

Das gilt unabhängig davon, wie viele Personen in einem Haushalt leben, und ob diese erwerbstät­ig sind. Alleinerzi­ehende mit Kindern zahlen genauso viel wie Paare mit doppeltem Einkommen ohne Kinder. Gerade diesen Umstand hatten die Richter in der mündlichen Verhandlun­g im Mai noch scharf kritisiert. Nun ließen sie diesen Punkt unberührt. Darin liege zwar eine Ungleichbe­handlung, die aber gerechtfer­tigt sei. Dass der Beitrag an die Wohnung und nicht an Personen geknüpft sei, stütze sich darauf, dass „der private Haushalt in der Vielfalt der modernen Lebensform­en häufig Gemeinscha­ften abbildet, die auf ein Zusammenle­ben angelegt sind, und dass die an dieser Gemeinscha­ft Beteiligte­n typischerw­eise das Rundfunkan­gebot in der gemeinsame­nWohnung nutzen“. Diese Gemeinscha­ften schütze das Grundgeset­z besonders. In mehr als 40 Prozent der Haushalte in Deutschlan­d lebt allerdings nur eine Person.

Entlastet werden durch das Urteil indes Inhaber von Zweitwohnu­ngen. Sie müssen künftig nur noch einmal den Beitrag entrichten. „Zweitwohnu­ngsinhaber würden für den gleichen Vorteil mehrfach herangezog­en“, sagte der Vizepräsid­ent des Gerichts, Ferdinand Kirchhof, bei der Urteilsbeg­ründung. Der Gesetzgebe­r muss deswegen bis Ende Juni 2020 die Doppelbela­stung beenden. Um den Verwaltung­saufwand zu minimieren, könnte dafür ein Antrag des Wohnungsin­habers notwendig werden.

Auch der beliebten These, es handele sich bei dem Rundfunkbe­itrag um eine versteckte – und damit unzulässig­e – Steuer, erteilte der Erste Senat eine Absage. Der Beitrag knüpfe an einen individuel­len Vorteil an, nämlich ARD, ZDF und den Deutschlan­dfunk potenziell nutzen zu können. Daher handele es sich rechtmäßig um einen Beitrag, den die Länder in den Rundfunkst­aatsverträ­gen beschließe­n können. Nur derjenige, der nachweisli­ch und tatsächlic­h überhaupt keine Programme empfangen kann, darf befreit werden.

Bei dem Rundfunkbe­itrag handelt es sich um die größte Einnahmequ­elle der öffentlich-rechtliche­n Sender. Im vergangene­n Jahr nahmen sie darüber insgesamt knapp 8 Millionen Euro ein. Der ARD-Vorsitzend­e Ulrich Wilhelm fordert eine Erhöhung des Beitrags ab 2021.

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FOTO: DPA Thomas Bellut (l.), Intendant des ZDF, und Ulrich Wilhelm, ARD-Vorsitzend­er, am Mittwoch im Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe. Sie sind mit dem Urteil zum Rundfunkbe­itrag zufrieden.

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