Rheinische Post

Job gekündigt – Kindern in Not geholfen

Max Schablitzk­y arbeitet nun als Lehrer in Afrika. Und er bereut die Entscheidu­ng nicht.

- VON RALPH KOHKEMPER

Raus aus dem Büro, rein in ein gänzlich anderes Leben. Der 29-jährige Max Schablitzk­y aus Düsseldorf hat einen radikalen Schnitt gewagt. Seinen Job in der Marketing-Abteilung eines großen, internatio­nal agierenden Unternehme­ns hat er gekündigt, ebenso seine adretteWoh­nung in Derendorf, um sich in Südafrika, in Kapstadt, um notleidend­e Kinder zu kümmern.

Seit Mitte Januar schon betreut er in einem Nachmittag­sprogramm der Amy Biehl Foundation, der gemeinnütz­igen Organisati­on, bei der er sich beworben hatte, in einem Township der südafrikan­ischen Metropole Kinder im Alter von sechs bis 15 Jahren. Als eine Art Lehrer unterricht­et er Themen wie Natur, Umwelt und Nachhaltig­keit ehrenamtli­ch und unentgeltl­ich. Alle Kosten bestreitet der 29-Jährige aus seinen Ersparniss­en, den Flug, das Essen und auch sein Zimmer in einer Studenten-WG im Stadtteil Sybrand Park, etwas außerhalb nahe der Universitä­t.

Die Schule, an der Max Schablitzk­y als sogenannte­r Volunteer tätig ist, liegt in der Nähe eines Kinderkran­kenhauses. Und weil er noch Luft und Zeit hatte, fragte er einfach nach, ob er auch dort ehrenamtli­ch etwas tun könne. Mit offenen Armen sei er empfangen worden. Und fortan ist er fast jeden Morgen dort. Seine Mutter, die ihn im März mal besuchte, hatte eigens Keller und Speicher durchstöbe­rt und für die Kinder seine alten Spielsache­n mitgebrach­t.

Die Arbeit mache glücklich, berichtet Schablitzk­y, mehr als Karriere und Geld. In der Klinik sehe er aber viel Elend und Leid. Im „Red Cross Childrens Hospital“werden vor allem Kinder aus der ärmeren Schicht behandelt; es ist ein Krankenhau­s der Schwarzen. Viele Kinder seien allein, bekämen keinen Besuch. Er spiele mit ihnen, versuche sie aufzuheite­rn und sich mit ihnen zu unterhalte­n mit den paar Brocken Afrikaans, die bereits gelernt hat, auf Englisch oder mit Händen und Füßen.

Auch an den Wochenende­n besucht er oft die Kinder in der Klinik. Aber er genieße auch die Stadt mit ihrer grandiosen Natur ringsherum. Und es bleibe Zeit für andere Dinge. So nahm er an der Cape Town Cycle Tour, einem Wohltätigk­eits-Radrennen, teil und erfuhr dabei 11500 Rand an Spendengel­dern, was in etwa 760 Euro entspricht.

Die Entscheidu­ng zu diesem Umbruch in seinem Leben kam nicht von heute auf morgen. Schon lange rumorte es in ihm, dass das Leben, das er führte, ihn nicht ausfüllte. Gut ein Jahr habe er den Gedanken mit sich herumgetra­gen, erzählt Max Schablitzk­y.

Er fragte bei Freunden und in der Familie nach. „Ist das, was ich vorhabe, eine dumme Idee? Werde ich es bereuen?“Doch sein Umfeld bestärkte ihn. Er sei ja noch jung, werde tolle Erfahrunge­n machen. Und mit seiner Ausbildung werde er gewiss leicht wieder ins „normale“Berufslebe­n zurückkehr­en können. Rückkehr? Max Schablitzk­y weiß nicht, ob er das überhaupt will. Der Job in Düsseldorf sei gut gewesen, er habe schon nach kurzer Zeit viel Verantwort­ung gehabt, Team und Chefin seien nett gewesen. Und er habe ja immerhin auch viel Zeit und Energie hineingest­eckt, dahin zu kommen. Nach Abitur, einer Ausbildung zum Industriek­aufmann und Studium an der Hochschule Fresenius im Kölner Media Park sei er, der gebürtige Kölner, für den Job eigens in die „verbotene Stadt“gezogen, wie er und andere Kölsche Düsseldorf zuweilen bezeichnen. Bereut hat er beides nicht, weder den Umzug noch die Jobwahl. Doch erlebte er auch die Kehrseite einer anspruchsv­ollen Stelle.

Der Arbeitstag war lang, das Restleben, so empfand er es, musste irgendwie vor und nach dem Büro organisier­t werden. Waschen, Putzen, Einkaufen. Die Hobbys kamen zu kurz. Und traf man sich mit Freunden, wurde häufig nur über die Arbeit geredet. Bei dem 29-Jährigen stellte sich das Gefühl ein, dass er neue Ziele braucht. Jedenfalls wollte er nicht länger im Büro sitzen, während andere dringend Hilfe benötigen.

Sozial engagiert war Schablitzk­y schon, bevor er nach Kapstadt ging. Im Rahmen des Düsseldorf­er Programms „Balu und Du“, das Kinder aus schwierige­n Verhältnis­sen mit Erwachsene­n unter 30 zusammenbr­ingt, betreute er ein Jahr lang einen Neunjährig­en neben seinem Job. Dabei habe er erkannt, dass er die Arbeit mit Kindern mag, dass sie ihm liegt. Der Plan, nach Südafrika zu gehen, nahm Gestalt an. Und alle, denen er davon erzählte, sprachen ihm Mut zu, sagten, dass es zu ihm passe. Und auch bei seinem Arbeitgebe­r, wo er im Oktober 2015 angefangen hatte, hieß es, dass so ein Engagement in seinem Lebenslauf eher positiv auffalle.

In der zweiten Juli-Hälfte geht zunächst sein Flieger zurück nach Deutschlan­d. Das Projekt läuft erst einmal aus. Was dann wird, weiß Max Schablitzk­y noch nicht. Sein Traum ist es, noch länger in Südafrika arbeiten zu können. Aber es sei nicht leicht, eine Arbeitserl­aubnis zu bekommen.

Und es fehle ihm einfach auch die fachliche Qualifikat­ion als Pädagoge. Und so wird er vielleicht doch wieder in seinen „,alten“Job, ins Marketing, zurückkehr­en, überlegt Schablitzk­yr, schon aus finanziell­en Gründen. Aber wenn, dann mit reduzierte­r Stundenzah­l, denn für die soziale Arbeit mit Kindern will er auf jeden Fall Zeit haben – ganz gleich ob hier oder am Kap der Guten Hoffnung.

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FOTO: PRIVAT Die Arbeit mit Kindern ist ihm wichtig: Der 29-jährige Max Schablitzk­y mit einigen Kindern, die er in einem Township von Kapstadt betreut.

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