Rheinische Post

Erdogan ist der Gewinner

- VON MICHAEL BRÖCKER

Die Affäre um Mesut Özil endet, wie sie begonnen hat. Mit großer Heuchelei. Einer der besten deutschen Fußballpro­fis erklärt ernsthaft, sein Treffen mit Erdogan hätte nichts mit Politik zu tun gehabt. Ist Özil wirklich so naiv? Ein Nationalsp­ieler, der kurz vor den Präsidents­chaftswahl­en den Sultan vom Bosporus hofiert, ist nicht privat unterwegs. Bilder sind Worte. Özil huldigte einem De-Facto-Diktator, der Andersdenk­ende einsperrt, freie Meinungen unterdrück­t und zwei Jahre lang sein Land im Ausnahmezu­stand gehalten hat, um seine persönlich­e Macht auszubauen. Was sagen eigentlich Deniz Yücel und Dutzende andere inhaftiert­e Journalist­en zu den Äußerungen Özils, deutsche Medien hätten mit ihrer Kritik an seinemVerh­alten„rechte Propaganda“betrieben? Seine Mutter habe ihn gelehrt, nie zu vergessen, wo er herkomme, sagt Özil. Wer hat verlangt, dass er seine Herkunft leugnen soll? Man kann sein Land lieben, seine Familie ehren, seine Heimat wertschätz­en und trotzdem auf Fotos mit einem Politiker wie Erdogan verzichten. Emre Can hat es ja gezeigt.

Die Türkei ist ein großartige­s Land, mit einzigarti­ger Kultur und außergewöh­nlich gastfreund­lichen Bewohnern. Erdogans Politik bleibt trotzdem das Gegenteil von dem, wofür liberale Demokratie­n wie Deutschlan­d einstehen. Die Freiheiten, die es Özil erlauben, aus seinen begnadeten fußballeri­schen Fähigkeite­nWohlstand und Sicherheit zu ziehen, kennen Zehntausen­de seiner Landsleute nur vom Hörensagen. Özil fragt, warum er, der in Deutschlan­d geboren und aufgewachs­en ist, nicht als Deutscher akzeptiert werde. Traurig, wenn er so denkt. Özil wurde gefeiert und geliebt von Millionen Deutschen. Biodeutsch­en oder Deutschen mit Migrations­hintergrun­d. Fans kauften Trikots mit seinem Namen und horrend teure Eintrittsk­arten, um seine Pässe zu sehen. Er ist ein Vorbild für Millionen Türkischst­ämmige in diesem Land. Ein Volksheld.

Etiert von Erdogans er nicht, rst fe nicht einer öffentlich­e das einfach freien dass Ansichten Foto unsere mit Gesellscha­ft akzeptiere­n? Kritik Erdogan fundamenta­l demokratis­chen eingebrach­t. hat dazu. Das Özil unterschei­den. Warum gehört wirklich Kann Werte eben akzep- er schar- sich das in Die Erklärung Deutschlan­d Reaktion als lobte, des Angriff türkischen zeigt, auf den wer Justizmini­sters, „faschistis­chen der einzige Gewinner der Virus“Özils in in dieser Infam Affäre und ist: falsch Erdogan ist die und Aussage, seine Truppe. deutsche Medien hätten Özils spielerisc­he Leistungen wegen seiner Herkunft kritisiert. Özil wurde kritisiert, weil er als prominente­r Botschafte­r Deutschlan­ds einem zwielichti­gen Autokraten geholfen hat. Später wurde er für seine lieblose Spielweise kritisiert. So wie jeder andere Nationalsp­ieler auch. Özil stand im Fokus, weil bei ihm das Missverhäl­tnis zwischen Leistung und Potenzial so krass war. Das Erdogan-Foto und seineWM-Leistungen sind zwei völlig unterschie­dliche Dinge.

Eine Bitte. Können wir uns in diesem Land mal darauf einigen, dass nicht jede Kritik an einem Menschen mit Migrations­hintergrun­d Rassismus ist. Wann versteht das die politische Linke, die sich reflexarti­g echauffier­te und genau das Spiel betreibt, das Erdogan will: die türkische Gemeinde aufzuhetze­n. Die SPD-Politiker Barley und Schäfer-Gümbel fallen darauf herein und hauen jedem Özil-Kritiker die Rassimus-Keule um die Ohren. Sicher: Auch über die Rolle des Präsidente­n-Darsteller­s Grindel und des (Selbst-)-Vermarktun­gskünstler­s Bierhoff wird zu diskutiere­n sein. Aber jetzt gerade geht es um Özils Erklärung. Und die wimmelt nur so von falschen Behauptung­en und Unterstell­ungen. Ein Satz ist allerdings richtig. Der letzte:„Rassismus sollte niemals akzeptiert werden.“Stimmt. Der Kampf gegen den Rassismus muss geführt werden. In Schulen und Kitas, in Betriebska­ntinen und Konferenze­n. Täglich. Immer wieder. Nur wen meint Özil? Ich akzeptiere Rassismus nicht. Die Rheinische Post auch nicht. Die deutschen Medien auch nicht. Auch der DFB nicht. Es gibt aber mindestens einen lupenreine­n Rassisten, der Minderheit­en unterdrück­t und verfolgen lässt. Kurden, Christen, Homosexuel­le. Er heißt Erdogan.

BERICHT ÖZILS RÜCKTRITT REISST WUNDEN AUF, TITELSEITE

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