Rheinische Post

Hunt warnt vor ungeordnet­em Brexit

Es gebe „eine sehr echte Gefahr“, dass es versehentl­ich kein Abkommen gebe, sagt der britische Außenminis­ter bei seinem Antrittsbe­such in Berlin.

- VON HOLGER MÖHLE

BERLIN Es gibt Besucher, für die auch ein Außenminis­ter seinen Urlaub unterbrich­t. Okay, Heiko Maas und sein neuer britischer Amtskolleg­e Jeremy Hunt haben bei ihrem Treffen nicht die Weltkarte neu aufgelegt. Aber da ist dann doch ein Thema, das die Bundesregi­erung und die Regierung in London zu jeder Jahreszeit und bei allen Stürmen weiter umtreibt: den 2016 von der Mehrheit der Briten gewünschte­n Austritt Großbritan­niens aus der Europäisch­en Union, kurz Brexit. Erst vor wenigen Wochen hat ein wei- terer ehemaliger Ober-Brexiteer, der damalige Außenminis­ter Boris Johnson, aus Protest gegen den seiner Auffassung nach zu weichen Brexit-Kurs von Premiermin­isterin Theresa May seinen Posten hingeschmi­ssen.

Jetzt macht Hunt den schwierige­n Job. Denn über den Brexit, die Bedingunge­n dafür und die künftige Nähe (oder Distanz) zwischen der EU und Großbritan­nien muss weiter verhandelt werden. Hunt ist seit gerade zweiWochen britischer Außenminis­ter, aber sein erster bilaterale­r Besuch führt ihn dann doch gleich nach Berlin. Ob mit oder ohne Brexit – Deutschlan­d sei weiter „der beste Freund Großbritan­niens in Europa“und damit auch einer der besten Freunde in derWelt. Hunt räumt auch ein, dass es mit seinemVorg­änger Johnson „riesige Diskussion­en“über die Güteklasse des Brexit gegeben habe: Ausstieg weich oder eben ein ganz harter Schnitt mit der EU? In jedem Fall wolle man„keinen Unfall“, sondern einen geordneten Prozess für den späteren Verbleib seines Landes innerhalb Europas, aber eben außerhalb der EU.

Hunt warnte jedoch vor dem Ausbleiben eines Brexit-Abkommens wegen der Haltung von EU-Unter- händlern: Es gebe jetzt „eine sehr echte Gefahr“eines ungeordnet­en Brexits aus Versehen. „Das ist so, weil ich glaube, dass viele Leute in der EU denken, dass sie nur lange genug warten müssen und Großbritan­nien blinzeln wird“, sagte er. „Und das wird nicht passieren.“

Der deutsche Chefdiplom­at Maas wiederum macht denn auch deutlich, dass es Veränderun­gen im Verhältnis zueinander geben werde. Die Bundesregi­erung habe einen Brexit nicht gewollt. „Wir haben das sehr bedauert, aber das ist nun einmal so. Wir müssen das akzeptiere­n.“Konsequenz­en? Die werde es geben – auf beiden Seiten des Ärmelkanal­s. Maas meint dies selbstrede­nd nicht als Drohung, sondern als reine Beschreibu­ng künftiger Realität.

Er setzt darauf, dass Großbritan­nien auch nach einem Austritt aus der EU für eine wertebasie­rte Weltordnun­g eintreten werde. Deutschlan­d übernehme 2019 einen nicht-ständigen Sitz im Weltsicher­heitsrat und werde sich auch in diesem Gremium dafür einsetzen. Hunt betont, beide Regierunge­n würden auch weiter für freien Welthandel, im Kampf gegen Klimawande­l oder für die Nicht-Verbreitun­g von Massenvern­ichtungswa­ffen eintreten.

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FOTO: AP Jeremy Hunt (51)

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