Rheinische Post

Wie Köln-Bonn die Airlines anlockte

Viele Jahre lang jubelte der Flughafen der Domstadt über steigende Passagierz­ahlen. Jetzt zeigt sich: Mehr als 100 Millionen Euro Rabatt an Airlines brachten das Wachstum. Die Grünen im Landtag fordern Aufklärung.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

KÖLN Viele Jahre lang galt Michael Garvens als erfolgreic­hster Flughafenm­anager von Nordrhein-Westfalen, Ende 2017 musste der 59-Jährige als Chef des Flughafens Köln-Bonn zurücktret­en. Der Vorwurf: eigenmächt­iges Handeln, fragwürdig­e Geschäfte – jetzt wird Schadeners­atz gefordert.

Aber auch Garvens Wachstumss­trategie rückt ins Zwielicht. Der Airport steigerte zwar in seinen 15 Amtsjahren die Zahl der Fluggäste von 5,5 Millionen Euro auf 12,4 Millionen, doch hohe Subvention­en erkauften das Wachstum: Zwischen 2014 und 2017 verzichtet­e das Unternehme­n auf mehr als 130 Millionen Euro an Gebühren der Airlines für Start- und Landung oder für Abfertigun­g, die ihm per Gebührenor­dnung eigentlich zustanden, doch er verzichtet­e auf das Geld, um Airlines zu mehr Verkehr zu bewegen. Dies berichtete jüngst das„Handelsbla­tt“. Unterlagen, die unserer Redaktion vorliegen, bestätigen das. „Diese Zuschüsse für Airlines zeigen, wie verbissen Köln-Bonn um neue Passagiere warb“, sagt dazu der Hamburger Airline-Experte Gerald Wissel, „wenn dann auch noch gleichzeit­ig die Gewinne schwächeln, ist das auffällig.“

Tatsächlic­h lockte Köln-Bonn insbesonde­re mit Eurowings und Ryanair zwei wichtige Discount-Airlines an, doch viel Geld brachte dies nicht in die Kasse. 2002 lag der Überschuss des Flughafens noch bei 15,9 Millionen Euro, 2015 blieben nur 5,1 Millionen Euro an Reingewinn über, 2016 waren es 6,3 Millionen Euro. Das ist nicht viel bei einem Umsatz von 319 Millionen Euro (für 2017 liegen keine Zahlen vor).

Wie es laufen könnte, zeigt der Flughafen Düsseldorf: Der größte NRW-Airport machte 2017 einen Umsatz von 483 Millionen Euro und fuhr dabei wie im Vorjahr einen Gewinn von rund 60 Millionen Euro ein – zehnmal mehr als KölnBonn. „Die haben so hohe Rabatte wie Köln-Bonn offensicht­lich nicht nötig“, meint Airline-Experte Wissel. Tatsächlic­h verteilt Düsseldorf zwar Zuschüsse für Umsteigerv­erkehr und den Einsatz größerer Jets, doch dies kratzt nicht an der Profitabil­ität. „Wir kaufen uns keinen Verkehr ein“, so ein Sprecher.

Das größte Problem ist, dass die Zuschüsse nach Kriterien vergeben werden, die der Öffentlich­keit nicht bekannt sind. Lufthansa erhielt laut einer unserer Redaktion vorliegend­en Aufstellun­g aus dem Jahr 2016 keinen Rabatt, Tuifly sehr wenig, Air Berlin nicht einmal zehn Prozent, aber Ryanair rund 70 Prozent. Eurowings erhielt für die Langstreck­e sogar einen Zuschuss.

„Ryanair verhandelt mit unseren Flughäfen marktüblic­he Vereinbaru­ngen, die voll und ganz den Wettbewerb­sregeln entspreche­n“, teilte die Airline mit. Eurowings lehnte es genau wie Ryanair ab, Details zu den Rabatten zu nennen:„Wir bitten umVerständ­nis, dass wir zu Eigenart und Höhe etwaiger in Anspruch genommener Förderprog­ramme keine Angaben machen, da es sich dabei umWettbewe­rbs-relevante und vertraulic­he Informatio­nen handelt.“Auch der Flughafen erklärt, die Ver- träge seien vertraulic­h. Der Airport vereinbare aber nur Fördermaßn­ahmen, „wenn marktwirts­chaftliche Analysen und Wirtschaft­lichkeitsb­erechnunge­n zeigen, dass die Zusammenar­beit für das Unternehme­n profitabel ist“. Im Klartext: Es handele sich nicht um von der EU verbotene Dauersubve­ntionen, sondern nur um erlaubte Anlaufhilf­en.

Arndt Klocke, Fraktionsc­hef der Grünen im Landtag, formuliert vorsichtig. „Es gibt Anhaltspun­kte, dass Billigflug­linien jahrelang mit fragwürdig­en Beihilfen an den Flughafen Köln-Bonn gelockt worden sind“, sagt er und fordert Aufklärung: Der neue Flughafenc­hef undVerkehr­sminister Hendrik Wüst müssten ein hohes Interesse haben, zügig Licht ins Dunkel zu bringen.

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Der Flughafen der Domstadt in den Abendstund­en.

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