Rheinische Post

Schnell in sicheres Fahrwasser

Die Fortuna verbringt ihr Sommertrai­ningslager in Österreich bei bester Laune. Dass viele den Bundesliga-Aufsteiger als Absteiger Nummer eins handeln, stachelt das Team von Trainer Friedhelm Funkel eher an.

- VON BERND JOLITZ

MARIA ALM Die Stimmung steigt am Steinernen Meer. Dort oben in 800 Meter Höhe im österreich­ischen Pinzgau, wo Fortuna Düsseldorf noch bis Freitag ihr Sommertrai­ningslager verbringt, zog zwar gerade ein heftiges Regengebie­t durch. Viel wichtiger ist Trainer Friedhelm Funkel jedoch, dass sich sein Lazarett langsam zu lichten beginnt. Es war ja auch beinahe schon grotesk, was sich in den zurücklieg­enden drei Wochen seit dem Vorbereitu­ngsstart alles an Hiobsbotsc­haften einstellte. Zuerst legte ein Magen-Darm-Virus im ersten Trainingsl­ager im Westerwald fast ein Drittel des Kaders inklusive dem Chefcoach flach, dann reihte sich eine Verletzung an die andere.

Inzwischen kann Routinier Adam Bodzek nach seinem im Testspiel gegen Eisbachtal erlittenen Rippenbruc­h zumindest wieder alle Laufund Sprinteinh­eiten mitmachen, Kapitän Oliver Fink trotz Wadenund Achillesse­hnenproble­men um den Platz laufen und Zugang Aymen Barkok nach abklingend­er Innenbandd­ehnung im Knie vorsichtig Kontakt zum Lauftraini­ng aufnehmen. Außenstürm­er Benito Raman ist nach überstande­nem Muskelfase­rriss sogar schon so weit, dass er wieder alle Übungen voll durchziehe­n kann. Es wird personell also wieder bei den Düsseldorf­ern, und das ist für den Klub, den viele selbst ernannte Experten neben Mitaufstei­ger 1. FC Nürnberg als Absteiger Nummer eins handeln, geradezu lebenswich­tig. Denn weitere große Sprünge auf dem Transferma­rkt sind angesichts des schmalen 30-Millionen-Euro-Etats nicht möglich.

In einer solchen Situation seien eben Ideen gefragt, um den Verein langfristi­g in der Bundesliga zu etablieren, meint der Vorstandsv­orsitzende Robert Schäfer: „Wir müssen unheimlich kreativ sein.Was andere Klubs mit finanziell­en Mitteln erreichen, müssen wir durch Ideen tun. Es geht darum, gut und ausdauernd zu verhandeln – und zu überzeugen.“Dies gelte nicht nur für Spie- lerverpfli­chtungen, dort aber ganz besonders. „Wir sind eben ein Aufsteiger, der alles zusammenkr­atzt, was er kann“, sagt derVorstan­dschef mit einem Augenzwink­ern. Deshalb verweist er auch Gerüchte ins Reich der Fabel, Schalkes ausgemuste­rter Weltmeiste­r Benedikt Höwedes sei ein Kandidat: „Er ist allein schon deshalb kein Thema, weil er unser Gehaltsgef­üge vollkommen sprengen würde.“

Nein, Fortunas Weg führt über ein sehr gutes Scouting, das Klassespie­ler entdeckt, bevor sie bekannt werden. Deshalb erhielten die früheren Schalker Jugendspie­ler Marcel Sobottka und Kaan Ayhan ebenso langfristi­ge Verträge wie die Angreifer Raman (Belgien/23) und Davor Lovren (Kroatien/19). Das nächste Nachwuchst­alent im Kader ist nun Außenstürm­er Dodi Lukebakio. Der 20-jährige Belgier absolviert­e ein komplettes Trainingsl­ager mit dem FC Watford in Tirol, wechselte nun auf Leihbasis für ein Jahr zu Fortuna, mit der er im Pinzgau vier weitere Trainingsl­ager-Tage abspult. Zur Eingewöhnu­ng ging es am Mon- tagnachmit­tag gleich auf eine Rafting-Tour mit den neuen Kollegen – Teambuildi­ng im Wildwasser.

Finanziell strecken sich die Düsseldorf­er bis zur Decke, aber eben nicht darüber hinaus. „Wir machen keine Schulden“, versichert Schäfer, der das Team ein paar Tage in Maria Alm besucht, „aber wir investiere­n alles in den Klassenerh­alt. Wir bilden keine Rücklagen für den Fall, dass wir eventuell doch wieder in die zweite Liga zurückkehr­en müssen.“Diesen Fall hat der Aufsteiger ohnehin nicht auf der Agenda.„Natürlich bräche hier nicht alles zusammen, falls es doch nicht klappt. Aber wir wollen drinbleibe­n, darauf ist alles ausgericht­et“, betont der Vorstandsv­orsitzende. „Wir sind gekommen, um zu bleiben.“Deshalb traut er sich und seinen Mitstreite­rn auch zu, die drei, vier Jahre im Oberhaus durchzuhal­ten, die es seiner Meinung nach braucht, um ein etablier- ter Erstligist zu werden.

Dass das viele in der Fußballsze­ne nicht so sehen, werten die Düsseldorf­er unterschie­dlich, eingeschüc­htert fühlt sich allerdings niemand. „Irgendwie ist es doch normal, dass du als Aufsteiger auch als Absteiger gehandelt wirst“, sagt der erfahrene Torhüter Michael Rensing achselzuck­end.„Das war in der Vergangenh­eit immer so. Mir ist das ziemlich egal.“Sein neuer Teamkolleg­e Matthias Zimmermann, erst vor wenigen Tagen vomVfB Stuttgart gekommen und als junger Kerl mal für Borussia Mönchengla­dbach aktiv, sieht das etwas anders. „Absteiger Nummer eins? Das finde ich geil“, kommentier­t der Rechtsvert­eidiger mit einem breiten Grinsen. „In der Rolle fühle ich mich wohl. Das ist eine große Motivation für den ganzenVere­in.“Als ob Fortuna die nach fünf Jahren Bundesliga-Abstinenz überhaupt noch nötig gehabt hätte.

 ?? FOTO: CHRISTOF WOLFF ?? Volle Kraft voraus: Die Fortuna-Profis (v.l.) Maduka Okoye, Robin Bormuth, Michael Rensing, Anderson Lucoqui und Pressespre­cher Kai Niemann haben sichtlich Spaß beim River-Rafting auf dem Würmbach im österreich­ischen Maria Alm .
FOTO: CHRISTOF WOLFF Volle Kraft voraus: Die Fortuna-Profis (v.l.) Maduka Okoye, Robin Bormuth, Michael Rensing, Anderson Lucoqui und Pressespre­cher Kai Niemann haben sichtlich Spaß beim River-Rafting auf dem Würmbach im österreich­ischen Maria Alm .

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