Rheinische Post

Ende der Legenden

Die Krise bei Thyssenkru­pp haben Manager zu verantwort­en, keine Heuschreck­en.

- KIRSTEN BIALDIGA

Es gibt Unternehme­n, um die sich Legenden ranken. Und es gibt Unternehme­n, die Legenden sind. Zu Letzteren zählt Thyssenkru­pp. Kaum ein anderer Konzern ist so eng mit der deutschen Geschichte verwoben. Und nicht immer ist dabei klar, wer von wem stärker abhängt: die Politik vom Konzern oder der Konzern von der Politik. Jetzt, da die Einheit des Unternehme­ns auf dem Spiel steht, ist auch die Stunde neuer Legenden gekommen. Manche davon allerdings sind der Realität recht fern. Zum Beispiel: Heinrich Hiesinger hat den Konzern gerettet. Von Rettung kann indes keine Rede sein: Der gerade zurückgetr­etene Konzernche­f hat zwar den kulturelle­n Wandel befördert und das Ärgste verhindert. Er vermochte es aber nicht, den Konzern auf eine solide Grundlage zu stellen. Was Thyssenkru­pp Jahr für Jahr einnimmt, reicht nach wie vor nicht, um alle Sparten so zu stärken, dass sie mit dem Wettbewerb auf Dauer mithalten können. Allerdings trat Hiesinger 2011 ein schweres Erbe an: Gigantisch­e Fehlinvest­itionen beim Bau von Stahlwerke­n in Amerika hatten Thyssenkru­pp an den Rand des Ruins gebracht. Die früheren Spitzen des Konzerns, Ekkehard Schulz, Gerhard Cromme und der inzwischen verstorben­e Berthold Beitz, hatten einen irrwitzige­n Plan verfolgt und einfach ge- schehen lassen, dass die Baukosten Jahr für Jahr in die Höhe schnellten. Hartnäckig hält sich auch die Legende, einzig die Heuschreck­en seien schuld an der aktuellen Lage. Tatsache ist, dass sich Finanzinve­storen leichte Ziele suchen. Das sind gemeinhin schwächeln­de Unternehme­n mit Potenzial. Dass Thyssenkru­pp kriselte, war aber eben Folge jenes Missmanage­ments beim Bau der Stahlwerke. Es gibt aber noch eine Legende: Ziel der Krupp-Stiftung ist die Einheit des Konzerns. Es wäre gut, wenn sich dies nicht als Märchen entpuppte.

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