Ende der Legenden
Die Krise bei Thyssenkrupp haben Manager zu verantworten, keine Heuschrecken.
Es gibt Unternehmen, um die sich Legenden ranken. Und es gibt Unternehmen, die Legenden sind. Zu Letzteren zählt Thyssenkrupp. Kaum ein anderer Konzern ist so eng mit der deutschen Geschichte verwoben. Und nicht immer ist dabei klar, wer von wem stärker abhängt: die Politik vom Konzern oder der Konzern von der Politik. Jetzt, da die Einheit des Unternehmens auf dem Spiel steht, ist auch die Stunde neuer Legenden gekommen. Manche davon allerdings sind der Realität recht fern. Zum Beispiel: Heinrich Hiesinger hat den Konzern gerettet. Von Rettung kann indes keine Rede sein: Der gerade zurückgetretene Konzernchef hat zwar den kulturellen Wandel befördert und das Ärgste verhindert. Er vermochte es aber nicht, den Konzern auf eine solide Grundlage zu stellen. Was Thyssenkrupp Jahr für Jahr einnimmt, reicht nach wie vor nicht, um alle Sparten so zu stärken, dass sie mit dem Wettbewerb auf Dauer mithalten können. Allerdings trat Hiesinger 2011 ein schweres Erbe an: Gigantische Fehlinvestitionen beim Bau von Stahlwerken in Amerika hatten Thyssenkrupp an den Rand des Ruins gebracht. Die früheren Spitzen des Konzerns, Ekkehard Schulz, Gerhard Cromme und der inzwischen verstorbene Berthold Beitz, hatten einen irrwitzigen Plan verfolgt und einfach ge- schehen lassen, dass die Baukosten Jahr für Jahr in die Höhe schnellten. Hartnäckig hält sich auch die Legende, einzig die Heuschrecken seien schuld an der aktuellen Lage. Tatsache ist, dass sich Finanzinvestoren leichte Ziele suchen. Das sind gemeinhin schwächelnde Unternehmen mit Potenzial. Dass Thyssenkrupp kriselte, war aber eben Folge jenes Missmanagements beim Bau der Stahlwerke. Es gibt aber noch eine Legende: Ziel der Krupp-Stiftung ist die Einheit des Konzerns. Es wäre gut, wenn sich dies nicht als Märchen entpuppte.
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