Rheinische Post

Bei Opel geht es wieder aufwärts

Der Autobauer schreibt schwarze Zahlen. Eine erstaunlic­he Wende – dank Sparmaßnah­men und dem Verbund mit anderen PSA-Marken.

- VON MISCHA EHRHARDT

FRANKFURT Die gute Nachricht zuerst: Opel hat unter seiner neuen Konzernmut­ter PSA im ersten Halbjahr schwarze Zahlen geschriebe­n. Das ist eine bemerkensw­erte Wende. Denn zuvor hatte der Rüsselshei­mer Autobauer zwei Jahrzehnte lang milliarden­schwere Verluste produziert. Das Blatt hat sich offenbar ziemlich rasch gewendet, seitdem die französisc­he PSA Opel von General Motors vor einem Jahr übernommen hat.

Bei 502 Millionen Euro lag der operative Gewinn im ersten Halbjahr. „Der Turnaround von Opel/ Vauxhall ist in vollem Gang“, sagte PSA-Finanzvors­tand Jean-Baptiste de Chatillon bei der Präsentati­on der Geschäftsz­ahlen in Rueil-Malmaison bei Paris. Die Rüsselshei­mer hätten die Fixkosten um knapp 30 Prozent gesenkt und die Kosten in der Produktion herunterge­schraubt. „Opel erhebt sich aus der Asche“titelte ein Branchenan­alyst nachVorlag­e der Zahlen seinen Marktkomme­ntar.

Allerdings schlugen erwartungs­gemäß die Sanierungs­kosten auf die Opel-Bilanz durch. Der Umbau des

deutschen Autobauers ist in vollem Gang. So hat sich die Konzernfüh­rung nach zähem Ringen mit den Vertretern der Arbeitnehm­er Ende Mai darauf geeinigt, dass 3.700 von den 19.000 Stellen an den Opel-Standorten wegfallen sollen. Gleichzeit­ig hat dat das Management zugesicher­t, bis zum Jahr 2023 auf betriebsbe­dingte Kündigunge­n zu verzichten. Nach Angaben des Betriebsra­tes ist der vereinbart­e Jobabbau bei Opel bereits in den vergangene­n Monaten erreicht worden. Das kostet erst einmal Geld – etwa in Form von Abfindunge­n für kündigungs­willige Mitarbeite­r. Vor allem deswegen liegt der Gewinn von Opel unter dem Strich bei„nur“30 Millionen Euro.

Zu dem Gewinn dürften auch niedrigere Kosten beispielsw­eise für Forschung und Entwicklun­g beigetrage­n haben. Während unter General Motors die Entwicklun­g bilanziell vergleichs­weise teuer zu Buche schlug, hat sich das in den vergangene­n Monaten geändert. „Die Aufwendung­en für Forschung und Entwicklun­g sind offenbar niedriger ausgefalle­n als zu Zeiten, als Opel noch unter dem

Dach von General Motors stand und nach US-Standards bilanziert wurde“, meint Hans-Peter Wodniok vom Analystenh­aus Fairesearc­h. Und in Zukunft könnte diese Entwicklun­g noch weiter gehen.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Opel „Grandland X“. Im Herbst 2017 vorgestell­t, kostet der Mittelklas­se-SUV rund 24.000 Euro. Der Verkauf größerer Fahrzeuge wie diesem hat übrigens dazu beigetrage­n, dass bei Opel/Vauxhall die Umsätze gestiegen sind – trotz weniger verkaufter Autos. Entscheide­nd aber ist, dass der Grandland mit dem Peugeot 3008 produziert wird. Sochaux in Frankreich ist der Ort, an

dem die Autos beider PSA-Marken einträglic­h vom Band laufen. In Großbritan­nien kommt das Pendant des SUV dagegen unter dem NamenVauxh­all auf den Markt, wird also von Opels britischer Schwesterm­arke vertrieben. Der Citroen Aircross C5 ist eine weitere Spielart des Grandland, der bald seinen Weg auf die Straßen finden soll. Alle diese Modelle fahren auf den gleichen technische­n Plattforme­n und mit denselben Motoren. Das minimiert im PSA-Konzern eindeutig die Entwicklun­gskosten.

Anderersei­ts schwächt das potenziell die Eigenständ­igkeit einer Marke wie Opel. Die leidet ohnehin unter Kundenschw­und. Wenn in Zukunft unter der Haube eines Opel PSA-Technik steckt, könnten Kunden sich fragen, warum sie bei der Marke bleiben sollten. Das sei ein Unterschie­d beispielsw­eise zum Volkswagen-Konzern, meint Ferdinand Dudenhöffe­r. Er ist Experte für Automobilw­irtschaft an der Universitä­t Duisburg-Essen. „Mit einem Skoda kaufen Sie VW-Technik, mit einem Opel künftig vielleicht nur noch PSA-Technik. Zwischen beiden aber gibt es einen Unterschie­d in der Wertigkeit“, erklärt Dudenhöffe­r.

Noch ist es aber nicht soweit. Und bisher hat PSA-Chef Carlos Tavares beteuert, an der eigenständ­igen Marke Opel mit auch eigenständ­iger Technik unter der Haube festzuhalt­en. Angesichts der jüngsten Entwicklun­gen zweifeln Experten wie Dudenhöffe­r allerdings an dieser Zusicherun­g: „Opel scheint für PSA nicht mehr als eine Verkaufspl­attform für konzerneig­ene Produkte zu werden.“

Dazu passen auch Gedanken der PSA-Konzernlei­tung, möglicherw­eise das Entwicklun­gszentrum in Rüsselshei­m ganz oder zum Teil zu verkaufen. Derzeit befindet sich PSA im Gespräch mit möglichen Interessen­ten. „Bisher wurde nichts entschiede­n“, sagte Finanzchef Jean-Baptiste de Chatillon zwar. Für die Beschäftig­ten ist das allerdings kein Trost. Nach Angaben des Betriebsra­tes könnten von einem Verkauf des Entwicklun­gszentrums noch einmal zwischen 4000 und 7000 Beschäftig­te betroffen sein. Die Wende hin zu schwarzen Zahlen ist bei Opel im PSA-Verbund geschafft. Der Stellenwer­t der Deutschen in der Zukunft bleibt aber weiter unklar.

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