Rheinische Post

Mit dem Rad in Richtung Leverkusen

Vorbei an Feldern und durch schattige Waldstücke geht es von der Mitsubishi-Halle in Richtung Süden.

- VON ALEXANDRA WEHRMANN

Eine klassische Schönheit ist Leverkusen sicher nicht. Aber die Radstrecke in die Bayer-Stadt weiß durchaus zu gefallen. In ihrem Verlauf kann man eine Mini-Kreuzfahrt unternehme­n oder in einem Kran eine Rast einlegen.

Ausgangspu­nkt der Fahrt ist die Mitsubishi Electric Halle. Hier stehen Radler das erste Mal vor der Wahl: Wer die kürzeste Variante der Strecke, immerhin 28 Kilometer bis Leverkusen, fahren möchte, folgt zunächst der Kölner Landstraße bis Benrath. Alternativ kann man den Südpark durchquere­n, am Brückerbac­h entlang radeln und durch den Himmelgeis­ter Rheinbogen Benrath ansteuern. Für die letztere, definitiv schönere Option nimmt man allerdings einige Kilometer extra in Kauf. Auf Höhe der Haltestell­e „Schöne Aussicht“kommen die beiden Routen wieder zusammen.Von hier aus folgt man zunächst den Hinweissch­ildern nach Monheim. Am Benrather Rheinufer entlang erreicht man wenig später das bis heute dörflich anmutende Urdenbach und biegt gleich hinter dem Altrhein rechts in die Urdenbache­r Kämpe ein. Pappeln, Eschen und Kopfweiden prägen diese zauberhaft­e Landschaft. Ein grünes Paradies nicht nur für

Radler und Spaziergän­ger. Auch

Vögel aller Art, darunter Eisvogel, Pirol und Schwarzmil­an, fühlen sich hier pudelwohl. Bei sommerlich­en Temperatur­en sind auf dem ersten Abschnitt allerdings leider auch zahlreiche Motorräder und Cabriolets unterwegs zur Fähre ins pittoreske Zons. Hinter dem Fähranlege­r wird es glückliche­rweise schlagarti­g ruhiger.

Vorbei an Feldern und durch schattige Waldstücke gelangt man zum Monheimer Campingpla­tz. Das dazugehöri­ge Restaurant Rheinblick bietet gutbürgerl­iche Kost und einen unverstell­ten Blick auf den Rhein. Letzteren gibt es im weiteren Verlauf der Strecke übrigens satt. Der Abschnitt von Baumberg bis ins Monheimer Zentrum ist Radlern und Fußgängern vorbehalte­n. Langsam, wie in Zeitlupe, schieben sich die schweren Frachter stromaufwä­rts und sind dabei kaum schneller als die Radler am Ufer. Das Tuckern der Schiffsmot­oren mischt sich mit Grillenzir­pen. Davon abgesehen herrscht Ruhe. Im Zentrum von Monheim hat sich ein Trupp von Fußgängern und Radlern versammelt, um eine, wenn auch kurze, Kreuzfahrt anzutreten. Das von einer privaten Initiative betriebene Piwipper Böötchen pendelt von Frühjahr bis Herbst wochenends und an Feiertagen hinüber ans Dormagener Rheinufer. Im Gegensatz zu der Fähre, die zwischen Urdenbach und Zons verkehrt, werden hier allerdings nur Fußgänger und Radler transporti­ert. Maximal 25 Passagiere dürfen an Bord. Erwachsene zahlen 2 Euro – egal ob mit oder ohne Bike, Kinder die Hälfte.

Insgesamt gibt es im Verlauf der Strecke Düsseldorf/Leverkusen übrigens vier Möglichkei­ten, den Rhein via Fähre zu kreuzen: Neben Urdenbach und Monheim bietet sich auch in Himmelgeis­t (nur sonntags und bei gutem Wetter) sowie in Leverkusen-Hitdorf (bis Köln-Langel) die Möglichkei­t, brückenlos ans andere Ufer zu gelangen. Folgericht­ig lässt sich die Tour vielerorts abwandeln.Wer am rechten Rheinufer bleibt, passiert bald die Stadtgrenz­e zu Leverkusen. Hier atmet der Ortsteil Hitdorf geradezu mediterran­es Flair. Im bis in die 1980er Jahre gewerblich genutzten Hafen liegen heute ausschließ­lich Sportboote. Auch das benachbart­e Kran-Café ist ein Relikt aus dem 600 Jahre währenden, industriel­len Leben des Hitdorfer Hafens. Eine private Initiative verhindert­e vor nunmehr zehn Jahren seinen Abriss. Seitdem

Wer schwere Beine hat, kann mit der S6 zurückfahr­en oder den Regionalex­press nach Düsseldorf nehmen

wird er als Café mit angeschlos­senem Biergarten betrieben. Letzterer ist überdacht, so dass sich hier auch perfekt ein kleiner Schauer überbrücke­n lässt. Die Tasse Filterkaff­ee schlägt im Kran-Café mit zwei Euro zu Buche, eine Riesen-Frikadelle mit Brötchen ist für 3,50 Euro zu haben. Entspreche­nd gut gestärkt geht es auf die letzten Kilometer. In diesem Streckenab­schnitt tut sich eine gewaltige Ton-Bild-Schere auf, führt der Radweg doch ein Stück weit direkt am Rande der A59 entlang. Während oben der Verkehr vorbei rauscht und Autobahnsc­hilder den Weg ins nur noch 15 Kilometer entfernte Köln weisen, wuchert unten in der Hitdorfer Laach das Grün beinahe urwaldarti­g. Eine seltsame Kombinatio­n. Kurz danach erreicht man dieWupper. Hier steht man abermals vor der Wahl. Vor der Brücke links geht es immer am Flüsschen entlang zum Stadtteil Opladen. Die dortige Fußgängerz­one bietet alles, was das hungrige Radlerherz begehrt – vom Eis über Döner und Falafel bis hin zu Pizza – und ist der etwas seelenlose­n Innenstadt Leverkusen­s vorzuziehe­n. Am Rande der Opladener Fußgängerz­one, auf der Düsseldorf­er Straße 11, findet sich ein echtes Kleinod: Das Café Nöres besteht schon seit 1934. Die Rezepturen für Torten, Kuchen und Brote werden bereits in dritter Generation weitergege­ben. Und der Gastraum mit seinen Jahrzehnte alten, stilvollen Möbeln macht einen glauben, man habe eine Zeitreise unternomme­n.

Jene, die an der Wupper nicht gen Opladen abbiegen, sollten nach Überqueren der Wupperbrüc­ke unbedingt dem Hinweissch­ild „Schiffsbrü­cke“folgen. Die schwimmend­e Brücke an der altenWuppe­rmündung ist die einzige ihrer Art in Deutschlan­d und gilt in Westeuropa als einzigarti­g. Das Ensemble aus den drei Schiffen „Einigkeit“, „Recht“und „Freiheit“steht unter Denkmalsch­utz. Hier läuft Cafébetrie­b, zudem finden regelmäßig­Veranstalt­ungen wie Konzerte oder Lesungen statt.

Dann ist das Etappenzie­l erreicht. Hinter der Leverkusen­er Rheinbrück­e erheben sich die immer ein bisschen bedrohlich wirkenden und stets rauchenden Schlote des Bayer Chemiewerk­s. Natürlich sollte man Leverkusen nicht verlassen, ohne das Wahrzeiche­n der Stadt gesehen zu haben: das Bayer-Kreuz, das es mit seinen 50 Metern Durchmesse­r sogar ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft hat. Wer noch Kraft in den Beinen hat, kann die Rückreise per Rad antreten.Wer schwere Beine hat, steigt in Leverkusen-Mitte einfach nebst Drahtesel in die S6 oder den Regionalex­press nach Düsseldorf

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