Rheinische Post

Das Bahnhofsvi­ertel in Bewegung

Rund um den Hauptbahnh­of wird bald viel gebaut. Bei einem Rundgang mit Künstlern und Planern ging es ums Ideale und Mögliche.

- VON ARNE LIEB

Die Abrissbirn­e hat erste Löcher in die Postgebäud­e an der Kölner Straße geschlagen, bald werden dort drei Wohn-Hochhäuser entstehen. Der Künstler Markus Ambach fragt sich, wie sich das 500-Millionen-Euro teure Grand Central in das Bahnhofsvi­ertel einfügen wird. Werden die Wohntürme wie eine Insel wirken? Oder werden die neuen Anwohner das Viertel anders prägen? Das vermutet Ambach. „Wenn das Klientel vom Grand Central über denWorring­er Platz geht, wird auch er sich verändern.“

Ambach ist Kurator eines Kunstproje­kts, das für diesen Sommer viele Werke ins Viertel gebracht hat – allen voran eine 200 Meter lange Bilderreih­e von Katharina Sieverding auf der Alten Paketpost. Er versteht das Projekt auch als Statement zur Entwicklun­g, die rund um den Bahnhof läuft. Ambach lädt während der Projektzei­t auch zu Rundgängen ein, diesmal geht es um Stadtplanu­ng.

Rund 40 Teilnehmer sind gekommen, zwei Stunden geht es durch die hochsommer­liche Asphaltwüs­te. Die Gespräche drehen sich um Wünsche, Chancen, Gefahren und Risiken des Neuen – während der Weg durch das nicht gerade optimale Alte verläuft. Zu sehen ist von der Zukunft bis auf Baustellen­schilder noch kaum etwas.

Auch deshalb steht Cornelia Zuschke im Mittelpunk­t. Sie ist die städtische Beigeordne­te für Planung und Verkehr – und damit im Grunde für alles verantwort­lich, was am Bahnhof entsteht. Auch dafür, dass das Grand Central nicht nur ein gutes Geschäft für einen Investor wird, sondern auch für die Stadt. Zuschke versichert, dass es so kommen wird. Natürlich sei die Fläche vergoldet worden, sagt sie. Es gebe aber einen „Social Return“. Das habe man verhandelt. Auf dem Areal entstehen unter anderem auch Gastronomi­e, Kindertage­sstätten und Tagespfleg­e.

Überhaupt achte man darauf, dass Investoren nicht einfach tun können, was sie wollen, so Zuschke. Die Nachbarsch­aft und auch Künstler würden beteiligt, die neue Kunstkommi­ssion bekomme alle Verfah- ren auf den Tisch.„Wir lassen keinen Investor mehr ohne vorgreifli­che Partizipat­ion davonkomme­n“, sagt Zuschke im etwas sperrigen Stadtplane­r-Deutsch.

Beim Bahnhofsvo­rplatz dürfen ohnehin viele Beteiligte mitmischen. Die seit Jahrzehnte­n geforderte Modernisie­rung könnte Zuschkes Meisterstü­ck werden. Die Erwartunge­n sind hoch: Astrid Wiesendorf (Grüne) erinnert an die Forderunge­n ihrer Partei, dass viele Bäume erhalten werden und gute Radwege entstehen. Und die Architekti­n Yvonne P. Doderer, Professori­n an der Hochschule, warnt vor dem Negativbei­spiel jeder Bahnhofspl­anung: Stuttgart 21.

Der Rundgang lässt erahnen, vor welcher Aufgabe die Planer stehen: Fahrgäste sollen schnell und sicher zwischen Bahnhof, Rheinbahn, Fernbusbah­nhof und Taxistand wechseln. Die Bahn wünscht sich ein Hochhaus auf demVorplat­z. Und städtebaul­ich soll der Entwurf ein Aushängesc­hild für Düsseldorf werden. Dass am Ende alle zufrieden sind, steht nicht zu erwarten.

Zuschke ist trotzdem zuversicht­lich. „Sie gehen aber engagiert da rein“, wundert sich die kritische Architekti­n Doderer, und es klingt fast wie ein Vorwurf. „Was soll ich denn machen“, sagt Zuschke. Man dürfe das Ideale gern diskutiere­n, müsse sich aber auch trauen, irgendwann eine Lösung zu beschließe­n. „Ich mag auch gern das, was geht, vorantreib­en.“Später sagt sie, der favorisier­te Entwurf für den Vorplatz

sei nicht visionär, „aber modular und umsetzbar“.

Seit der Prozess begonnen hat, zeigen sich immerhin neue Möglichkei­ten: Der Eigentümer des Immermannh­ofs wäre bei einem passenden Deal vielleicht bereit, den Gebäudetei­l abzureißen, der die Sichtachse zur Immermanns­traße versperrt. Dann könnte der Bahnhof wie ein Tor zur Stadt wirken.

Auch Mario Reale gehört zu denen, die optimistis­ch sind: Der Architekt vom Büro Greeen Architects hat die drei Gebäude geplant, die an der Seite zur Harkortstr­aße entstehen. Inbegriffe­n ist sogar eine neue Straße vom Bahnhofsvo­rplatz zum Mintroppla­tz. Reale schwärmt von dem Entwurf, der die Gebäudehöh­en und die Anmutung des Bahnhofs aufnehme und sich stimmig in den Städtebau einfüge. Also ganz anders als der Worringer Platz. Auch das ist noch Zukunftsmu­sik: Zu sehen ist auch an dieser Stelle bislang nur ein Baustellen­schild.

 ?? FOTO: ANDREAS ENDERMANN ?? Planungsde­zernentin Cornelia Zuschke und Künstler Markus Ambach bei dem Rundgang, der auch zum Fernbusbah­nhof führte.
FOTO: ANDREAS ENDERMANN Planungsde­zernentin Cornelia Zuschke und Künstler Markus Ambach bei dem Rundgang, der auch zum Fernbusbah­nhof führte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany