Ex-Häftling beleidigt Vollzugsbeamte
Nachdem er angeblich unschuldig inhaftiert war, erhob der 55-Jährige schwere Vorwürfe gegen die JVA – und landete vor Gericht.
134 Tage saß ein Solinger in Auslieferungshaft in der JVA Düsseldorf. Zu Unrecht, wie er sagt. Nachdem seine Unschuld festgestellt und er entlassen worden sei, wäre seine Firma pleite und seine Frau so schwer erkrankt gewesen, dass sie mittlerweile verstorben sei. Abgeschlossen hat der 55-ährige bislang dennoch nicht mit seinem Gefängnisaufenthalt, der ihn traumatisiert habe und ihm bis heute Albträume bereite.J
Das sagte er gestern im Gericht in Wuppertal, wo er vor der Beru- fungskammer hoffte, eine Verurteilung wegen Beleidigung aus derWelt schaffen zu können. Zu der war es durch einen Brief gekommen, den der 55-Jährige zunächst an die Leiterin der Düsseldorfer JVA geschrieben hatte. Dort nämlich sei er körperlich misshandelt, von Vollzugsbeamten drangsaliert und bedroht worden. Von Mitinsassen will er gehört haben, dass 2016 ein Häftling ins Koma geprügelt wurde, der später im Krankenhaus verstorben sei. Und schon davor seien zwei Gefangene durch gewalttätige Übergriffe von Justizbeamten gestorben. Zwar habe sich später herausgestellt, dass eines dieser angeblichen Todesopfer nur einen Kieferbruch davongetragen habe. „Das macht die Sache für mich aber nicht besser“, sagte der Angeklagte vor Gericht.
Als er auf seinen Brief an die JVA-Chefin keine Antwort erhielt, hatte der Solinger ein zweites Mal geschrieben und sich mit Kopie ans Justizministerium über „prügelnde Wärter“und „rassistische und narzistische Justizbeamte“beklagt. Er schrieb von unhaltbaren Zuständen und bat darum, seiner Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen be- stimmtenVollzugsbeamten nachzugehen. „Ich kann als Mensch nicht einfach wegsehen und verstummen“, hatte der Angeklagte mitgeteilt. Zugleich tauschte er sich brieflich mit einem ehemaligen Mitgefangenen über angebliche Übergriffe in der JVA aus.
Die Antwort folgte dann einige Wochen später in Form eine Anzeige wegen Beleidigung und übler Nachrede von der Polizei in Mettmann. Die JVA-Leiterin erklärte dazu, der Angeklagte habe seit Monaten immer wieder Anträge eingereicht und Behauptungen aufgestellt, die un- haltbar gewesen seien. Weder habe es die beklagten Missstände gegeben, noch sei jemand ins Koma geprügelt worden oder gar durch Gewalt gestorben. Im Gegenteil: Der Angeklagte stifte die Mitgefangenen dazu an, ihr als Anstaltsleiterin auf die Füße zu treten.
Beim Amtsgericht Solingen war der 55-Jährige daraufhin wegen übler Nachrede und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 1950 Euro verurteilt worden. Dagegen hatte der Mann Berufung eingelegt, über die nun das Wuppertaler Landgericht verhandeln musste – und das Ur- teil im gestrigen Verfahren kassierte. Um Inhaltliches ging es allerdings bei dieser Entscheidung nicht. Der Berufungsrichterin war aber aufgefallen, dass für den entscheidenden der insgesamt fünf Briefe des Angeklagten kein Strafantrag gestellt worden war.
Damit fehlte die Prozessvoraussetzung, und das Verfahren wurde eingestellt. Der Solinger beteuerte in seinem letzten Wort seine guten Absichten: „Ich wollte niemanden beleidigen. Mir geht es nur darum, dass sich für die JVA-Insassen etwas ändert“, sagte er.