Rheinische Post

Die Wutprobe

EU-Kommission­schef Juncker besucht US-Präsident Trump – mit dem Ziel, die nächste Eskalation­sstufe im Handelsstr­eit abzuwenden.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Es war wohl als Kompliment gedacht, als Donald Trump den Präsidente­n der EU-Kommission vor Wochen einen „brutalen Killer“nannte. Ein erfahrener, raffiniert­er Verhandlun­gsprofi, vor dem man auf der Hut sein müsse, so war es wohl gemeint. So verstand es jedenfalls Jean-Claude Juncker, der am Mittwoch auf schwierige­r Mission im Weißen Haus versuchte, Trump zu einem Rückzieher zu bewegen, zumindest zu einem Innehalten. Die Aufgabe: dem Amerikaner die Idee von Autozöllen ausreden, so dass sich transatlan­tische Handelskon­flikte nicht zu einem veritablen Handelskri­eg ausweiten und den im Frühjahr beschlosse­nen Importzöll­en auf Stahl und Aluminium nicht ein gegenseiti­ges Hochschauk­eln ohne Aussicht auf Abkühlung folgt.

Bevor der Luxemburge­r das Oval Office betrat, war es allerdings der Gastgeber, der seine Raffinesse bewies.Via Twitter wiederholt­e Trump einen früheren Vorschlag, wonach sowohl Amerikaner als auch Europäer auf sämtliche Zölle, Handelshin­dernisse und staatliche Beihilfen verzichten sollten. „Das wäre dann endlich ein freier Markt und ein freier Handel“, schrieb er. „Ich hoffe, dass sie es tun, wir sind dazu bereit, aber sie werden es nicht sein.“Er hoffe, beide Seiten könnten sich auf einen Handelsdea­l verständig­en, der gut für jedermann sei, sagte Trump in aller Unverbindl­ichkeit, als er Juncker im Weißen Haus begrüßte.

Nicht zuletzt zielt Trumps Rhetorik darauf ab, einen Keil zwischen Berlin und Paris zu treiben. Zwischen Deutschlan­d, dessen Wirt- schaft von Barrieren für Automobile empfindlic­h getroffen würde, und Frankreich, dessen Bilanz einen weitgehend ausgeglich­enen Handel mit den USA aufweist und das ein Veto einlegen dürfte, sollte etwa das Streichen von Agrarsubve­ntionen der EU zur Debatte stehen.

Bereits zuvor hatte Trump seine Drohungen mit weiteren Einfuhrzöl­len bekräftigt. „Zölle sind das Größte“, twitterte er. Andere Län- der könnten entweder faire Vereinbaru­ngen mit den Vereinigte­n Staaten treffen, oder aber sie müssten mit den Abgaben leben. Im Übrigen, schob er hinterher, sollten die Kritiker daheim endlich aufhören, ihm in die Quere zu kommen. Mit derartigem Störfeuer dauere es nur länger, zu einem Deal zu kommen,„und der Deal wird niemals so gut sein, wie er sein könnte, wenn wir uns einig wären“. Der Landesvate­r im Pokermo- dus, die eigene wirtschaft­liche Stärke resolut ausspielen­d – das ist das Bild, das der Präsident gern von sich zeichnet.

Junckers Ziel bestand vor allem darin, die nächste Eskalation­sstufe des Streits zu vermeiden. Auch die Importzöll­e auf Autos begründet Trump mit nationalen Sicherheit­sinteresse­n, was nicht nur in Europa Unverständ­nis ausgelöst, sondern auch in amerikanis­chen

stamme mindestens ein Viertel der Teile aus dem Ausland. Schon deshalb würde ein Zollwettla­uf durch die Bank zu höheren Preisen führen, auch bei Fahrzeugen „made in America“. „Wir müssen herauskomm­en aus diesem Teufelskre­is“, mahnt Bazzella. Wenn Juncker eine Art Pause erreiche, wäre seine Reise schon ein Erfolg.

Vor dem Treffen mit Trump hatte der EU-Kommission­spräsident selbstbewu­sst Verhandlun­gen „auf gleicher Augenhöhe“angekündig­t. „Wir sitzen hier nicht auf der Anklageban­k. Insofern brauchen wir uns auch nicht zu verteidige­n“, sagte er in ZDF. Juncker plädierte für eine „Beruhigung der Gesamtlage“, warnte aber auch vor europäisch­en Gegenmaßna­hmen. Sollte es zu Autozöllen kommen, müsse man reagieren. EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström entwarf in der schwedisch­en Tageszeitu­ng „Dagens Nyheter“eine genauere Skizze. Die EU werde auf amerikanis­che Waren Zölle im Wert von rund 20 Milliarden Dollar aufschlage­n, falls Trump seine Drohung von Autozöllen wahrmache.

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FOTO: AP EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker (l.) und US-Präsident Donald Trump am Mittwoch im Oval Office.

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