Rheinische Post

Die Schatzhüte­r

Vieles aus der 170-jährigen Geschichte der Bruderscha­ft aus Oberbilk ist verloren- oder kaputtgega­ngen. Ein paar Orden und Medaillen sind noch übrig. Um die soll sich das Stadtarchi­v nun kümmern.

- VON NICOLE KAMPE

OBERBILK Die wenigen Belege aus der Geschichte des Vereins hüten Torsten Petersen und Ulrich Köppen wie einen Schatz. Orden, Medaillen und Fahnen hatten sie viele Jahre gelagert, im Untergesch­oss des Regimentsl­okals. Und wie das so ist mit alten Kellern, irgendwann wurde er feucht und vieles ist kaputtgega­ngen. Die erste Amtskette, die 1887 für den damaligen Chef Peter Brings beschafft wurde, ist das älteste Stück, das der St. Sebastianu­s Schützenve­rein Oberbilk von 1848 noch besitzt. „Wir würden die Sachen gerne an das Stadtarchi­v geben“, sagt Petersen, der schon Kontakt aufgenomme­n hat mit den Profis, die wissen, wie alte, wertvolle Zeugnisse gut verschloss­en werden.

Denn die Geschichte der Oberbilker Schützen ist lang. Wie der Name schon sagt, wurde der Verein 1848 gegründet. Versuche gab es schon vorher. 175 Jahre ist es her, als Oberbilk noch ein kleines, unbedeuten­des Dorf am Rhein war, irgendwo auf dem Weg nach Köln. Die wenigen Menschen, die in Oberbilk lebten, gehörten zur Gemeinde St. Martin in Bilk. Dort ging man zur Kirche, dort traf man sich, und auch die Oberbilker Schützen waren Mitglieder in der Bilker St. Sebastianu­s Bruderscha­ft. Die Oberbilker hatten aber den Wunsch, eigenständ­ig zu sein. 1843 überreicht­en sie Oberbürger­meister Johann Joseph Goswin Maria von Fuchsius Satzungen zur Gründung eines eigenen Vereins, der die Dokumente an den königliche­n Landrat Emmerich Anton Hubert Freiherr Raitz von Frentz zur Bestätigun­g vorlegte mit der Notiz: „Meines Ortes fin-

den sich gegen den Inhalt und die Ausführung des darin ausgedrück­ten unschuldig­en Vorhabens nichts Erhebliche­s zu erinnern.“

Doch es sollte anders kommen. Und weil der Landrat nicht dafür war, fand auch der Oberbürger­meister plötzlich, die Oberbilker sollten mit den Bilkern verbunden bleiben. Fünf Jahre lebten die Schützen mit dieser Entscheidu­ng, doch aufgeben wollten sie ihren Traum von der eigenen Bruderscha­ft nicht. 50 Gründer kamen 1848 zusammen, aus der Grenadier-Kompanie bestand der Verein. Eine schwarz-weiß-goldene Fahne mit der Jahreszahl 1848 wurde angefertig­t, die im Zweiten Weltkrieg verloren ging. Am 2. Mai 1849 wurde die Bruderscha­ft offiziell genehmigt, noch im gleichen Jahr feierten die Oberbilker ihr erstes Schützenfe­st. Von da an stiegen die Mitglieder­zahlen, Anfang der 1890er zählte derVerein 500 Männer und 18 Kompanien. 1863 schließlic­h kam die erste farbige Tracht – das heutige Jäger-Corps trug blaue Kit- tel, mehr gaben die beschieden­en Verhältnis­se nicht her. Man wollte sich aber unterschei­den von den anderen Gruppen, und den Festzug bunter gestalten.

1866 wurde statt eines Schützenfe­stes ein Freudenfes­t gefeiert, für die heimkehren­den Soldaten aus dem Österreich-Feldzug. 1870 und 1871 fiel das Schützenfe­st aus, wegen des deutsch-französisc­hen Kriegs. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs stand das Vereinsleb­en still. So wie im Zweiten Weltkrieg – viele Männer mussten an die Front. Schnell kam derVerein danach aber wieder auf die Beine, einige Kameraden stellten ein Gesuch zur Zulassung der Bruderscha­ft bei der Militärreg­ierung.

In all der Zeit hatten es die Oberbilker Schützen versäumt, einen eigenen Festplatz zu sichern. Angefangen hatte alles am Käsebusch – das Gelände, das an der Karl-Geusen-Straße liegt. Von dort aus ging es 1891 in den Volksgarte­n, einige Jahre später wieder zurück an den Käsebusch, da die Stadt den Volksgarte­n umgestalte­n wollte. Der Verein feierte an der Kettwiger Straße und an der Erkrather Straße, richtet das Fest noch mal im Volksgarte­n aus, bevor er 32 Jahre lang auf dem Parkplatz und in der Philipshal­le – der heutigen Mitsubishi Electric Halle – feierte. Inzwischen stehen hinter der Halle ein Zelt und der modernste bewegliche Schießstan­d im Raum Düsseldorf.

Die Oberbilker Schützen sind schließlic­h angekommen und wollen noch viele Erinnerung­en schaffen für künftigen Generation­en. Und diesmal mit Hilfe von Experten bewahren, nichts soll mehr verlorenod­er kaputtgehe­n.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Bevor die Orden sicher verstaut werden, polieren die Schützen Torsten Petersen und Ulrich Köppen (v.l.) die Stücke.

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