„Ein Ei weniger“
Wer möchte nicht einmal dem Narrenschiff Deutschland den Rücken kehren!?
Zu Beginn der Ferien präsentierte eine Zeitschrift ein bayerisches Berg- und SeenPanorama. Der Schriftzug dazu: 50 Traumziele in Deutschland. Ich erinnerte mich an den Wahlkampfspruch, mit dem 2017 die Kanzlerin-Partei stark parfümierte Lockstoffe übers Land sprühte wie der Bauer die Düngemittel: „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben.“Die Ernte fiel mäßig aus, aber sie nährte die politische Landfrau aus Berlin, weil die anderen ihre Felder noch schlechter bestellt hatten.
Ich frage mich, ob nicht viele Landsleute in den vergangenen Tagen stärker denn je das Bedürfnis verspürten, ihrer Heimat für eine Urlaubs-Weile den Rücken zu kehren, um einmal verschont zu bleiben vom Treiben auf dem alten Tanker D, der oft einem Narrenschiff gleicht, in dem Unwichtiges wichtig genommen wird, in dem verzerrt, zugleich verunglimpft und hochmoralisch belehrt wird.
Ein in England lebender Fußballsöldner erklärt „seinen Rückritt“und erhält die Ehre besonderer Anteilnahme, weil er seinem sinkenden Kahn mit der aktuellen Lieblings-Beflaggung „Rassismus“eine letzte Aufmerksamkeit verschaffen wollte. Wie lakonisch reagierte einst der knorrige Herbert Wehner, als ein Wichtigtuer in letzter Minute ein Arbeitsfrühstück absagte: „Ein Ei weniger.“
Zur Narretei politisch interessierter Kreise gehört, das Klassenprimus-Land Bayern samt CSU als Hort illiberaler Finsternis zu karikieren. Das kennen wir aus der Schulzeit: Der Klassenprimus ist selten beliebt, aber jeder möchte bei ihm abschreiben. Wem das misslingt, der muss tricksen, notfalls mit der Anti-Faschismus-Keule wahlkämpfen, nach dem Motto: Wäre doch gelacht, wenn ich den Primus bei der nächsten Klassenarbeit, sprich Wahl, nicht in die Nähe meines Niveaus drücken kann.
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