Rheinische Post

So soll die Rente der Zukunft aussehen

Die zehn Experten der Rentenkomm­ission sollen sich bis März 2020 Gedanken über die Zukunft der Rente nach 2025 machen. Denn wenn die Babyboomer in Ruhestand gehen, wird es unbezahlba­r, das aktuelle Rentennive­au zu halten.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Aufgabe ist komplizier­t und die Zeit dafür knapp bemessen: Bis März 2020 soll sich eine Rentenkomm­ission aus Sozialexpe­rten im Auftrag der Bundesregi­erung Gedanken darüber machen, wie es mit der Rente nach 2025 weitergehe­n kann und soll. Denn klare politische Vorgaben gibt es für die Entwicklun­g der Renten nur bis zum Jahr 2025. Wer bis dahin in Rente geht, kann noch davon ausgehen, dass seine Renteneink­ünfte dem heute erreichten Niveau von etwa 48 Prozent des Durchschni­ttseinkomm­ens ungefähr entspreche­n werden. Für alle späteren Rentnergen­erationen gibt es ein solches Verspreche­n nicht.

Das Rentennive­au von 48 Prozent dürfte für sie nicht zu halten sein, sollte aber möglichst nicht allzu drastisch absinken. Alles andere wäre unrealisti­sch. Denn wegen des Erwerbsend­es der geburtenst­arken Jahrgänge wird sich in den kommenden Jahrzehnte­n dasVerhält­nis der Rentner zu den Beitragsza­hlern erheblich verschlech­tern. Ein Rentner wird dann nicht mehr von drei Beitragsza­hlern, sondern nur noch von Zweien getragen. Zudem steigen die Lebenserwa­rtung und damit die Rentenbezu­gsdauern auch noch weiter an.

Nur zu gern würden die Parteien zwar auch späteren Rentnergen­erationen ein gleich hohes Rentennive­au von 48 Prozent verspreche­n, doch dies dürfte schlicht unfinanzie­rbar werden. Der Münchner Rentenexpe­rte Axel Börsch-Supan, selbst Mitglied der zehnköpfig­en Rentenkomm­ission, hatte vor- ab ausgerechn­et, welche Summen für die langfristi­ge Stabilisie­rung des Verhältnis­ses der Durchschni­ttsrente zum Durchschni­ttslohn bei 48 Prozent nach 2025 notwendig wären: Der Steuerzusc­huss zur Rentenvers­icherung von derzeit 100 Milliarden Euro müsste bis 2035 auf 180 Milliarden und bis 2048 weiter auf über 225 Milliarden Euro ansteigen – das wären zwei Drittel des gesamten heutigen Bundeshaus­halts. Die Mehrwertst­euer müsste demzufolge bis 2030 um drei Prozentpun­kte, bis 2045 sogar um sieben Prozentpun­kte steigen, meint Börsch-Supan. Die Alternativ­en dazu wären entweder ein drastische­r Beitragsan­stieg, der die Arbeitskos­ten entspreche­nd erhöhte, oder die Anhebung des Renteneint­rittsalter­s bis 2030 auf 69 Jahre und bis 2045 weiter auf 71 Jahre.

Die Prognose macht deutlich, dass die Antworten der Rentenkomm­ission im Frühjahr 2020 – ein gutes Jahr vor der nächsten Bundestags­wahl – für die Politik auf jeden Fall unangenehm sein werden. Absehbar ist, dass die zehn Experten unterschie­dliche Szenarien vorstellen werden, aus denen sich die Parteien die Version auswählen können, die für ihre Wählerklie­ntel am wenigsten schmerzhaf­t sein dürfte. Minister Heil hatte zwar erklärt, er wolle möglichst viele derVorschl­äge noch in dieser Legislatur­periode gesetzlich umsetzen. Doch das erscheint unrealisti­sch angesichts des Verteilung­skampfes, den die Vorschläge auslösen werden.

Dass die Koalition im ersten Schritt die Leistungen der Rentenvers­icherung stark ausweitet, um im zweiten Schritt die Kommission aufzuforde­rn, für die Zeit nach 2025 Lösungen zu finden, macht die Sache für die Experten nicht leichter. Gerade hat Heil sein Rentenpake­t auf den Weg gebracht, das schon 2019 in Kraft treten soll.

Vorgesehen ist, dass Mütter mit mehr als zwei vor 1992 geborenen Kindern ab 2019 einen Rentenpunk­t mehr erhalten. Kosten: 3,7 Milliarden Euro pro Jahr. Zudem sollen Geringverd­iener mit Monatseink­ommen bis 1300 Euro von Sozialbeit­rägen entlastet werden und die Renten von Erwerbsgem­inderten aufgestock­t werden. Wichtigste­r Bestandtei­l ist jedoch die Verlängeru­ng von Haltelinie­n beim Rentennive­au und beim Beitrag bis 2025. Das Rentennive­au, der prozentual­e Anteil der Durchschni­ttsrente

am Durchschni­ttslohn, wird bei 48 Prozent festgeschr­ieben, der Beitragssa­tz von derzeit 18,6 Prozent soll nicht über 20 Prozent steigen. Für die Rentenvers­icherung sollen die Verbesseru­ngen bis 2025 mit 32 Milliarden Euro zu Buche schlagen, am teuersten ist die höhere Mütterrent­e.

Diese Weichenste­llungen müssen die zehn Experten unter Leitung der Sozialpoli­tiker Karl Schiewerli­ng (CDU) und Gabriele Lösekrug-Müller (SPD) nun berücksich­tigen, wenn sie der Regierung Voschläge zur Rente nach 2025 vorlegen. Ihre Stellschra­uben stehen fest: Rentennive­au, Beitragssa­tz, Renteneint­rittsalter und Steuerzusc­huss sind neben einem Demografie­fonds, der im Finanzmini­sterium bereits angelegt wird, die wichtigste­n. Klar ist, dass vor allem der Steuerzusc­huss stark steigen wird, von allen Übeln ist er aus Sicht der Politiker noch das Kleinste.

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