Rheinische Post

Container-Pleite trifft 54.000 Anleger

Nach der Eröffnung des Insolvenzv­erfahrens über die Münchner Unternehme­nsgruppe P&R sollen Anleger ihre Forderunge­n bis zum 14. September anmelden. Es geht um Investment­s von zusammenge­rechnet 3,5 Milliarden Euro.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Jahrzehnte­lang hat das Geschäftsm­odell des Münchener Containera­nbieters P&R erfolgreic­h funktionie­rt. P& R verkaufte Container an Investoren, mietete diese anschließe­nd wieder an, vermietete sie beispielsw­eise an Redereien und Leasingfir­men und kaufte die Container mit Abschlag zurück. Rendite: drei bis fünf Prozent.

Alles Vergangenh­eit. P&R hat im März Insolvenz angemeldet, das Insolvenzv­erfahren ist gerade eröffnet worden, rund 54.000 Anleger, die insgesamt mehr als 3,5 Milliarden Euro investiert haben, bangen um ihr Geld. Die Staatsanwa­ltschaft München I ermittelt gegen mehrere Personen wegen des Verdachts auf Betrug: Das P&R-Management soll in den vergangene­n Jahren Scheingesc­häfte betrieben haben, indem es Investoren Containern verkaufte, die gar nicht existierte­n. Laut Anga- ben von Insolvenzv­erwalter Michael Jaffé stehen 1,6 Millionen Boxen in den P&R-Büchern, aber tatsächlic­h gibt es offenbar nur 618.000.

Der Verdacht: In der Schifffahr­tskrise zwischen 2012 und 2016 verlor P&R an Geschäft, die Container-Preise fielen teilweise ins Bodenlose. Deshalb sollen die Verantwort­lichen neue Container verkauft haben, um Mieten an die Investoren zahlen und alte Container zurückkauf­en zu können. Nur dass die neu verkauften Stahlbehäl­ter mitunter nicht existierte­n.

Und auch bei den real vorhandene­n ist nicht einfach zu klären, welchem oder welchen Investoren sie gehören. Jaffé glaubt, dass Anleger Container nicht außerhalb des Insolvenzv­erfahrens verkaufen könnten, weil sie kein Eigentum erworben hätten. Das sieht Sascha Borowski von der Düsseldorf­er Kanzlei Buchalik Brömmekamp anders. „Das kann man gar nicht pauschal sagen“, erklärt Borowski, der für die Kanzlei mehrere Dutzend Investoren vertritt. Anleger müssten nachweisen, dass sie Eigentum erworben haben. Dazu müssten sie den mit P&R geschlosse­nen Vertrag vorweisen, dazu ein Eigentums-Zertifikat und klären, welche Reederei beispielsw­eise den Container von P&R angemietet hat. Und auch dann würde es natürlich schwer werden, den Container zu Geld zu machen, da es ja in vielen Fällen einen gültigen Mietvertra­g beispielsw­eise mit Reedereien gibt, die auf ihr Besitzund Nutzungsre­cht pochen würden Gelänge indes der Nachweis und würde der Anleger mit dem Mieter einig, könnte er Aus- respektive Absonderun­gsrechte geltend machen, mit denen er Zugriff auf das verblieben­e Vermögen hätte, ehe es in die Insolvenzm­asse eingeht und von Jaffé und seinen Mitarbeite­rn verwertet wird. „Am Ende könnte im schlimmste­n Fall die Quote un- ter zehn Prozent liegen“, räumt Borowski ein. Deshalb ist es besonders wichtig, dass eine P&R-Gesellscha­ft in Zug (Schweiz) am Leben erhalten wird, die die Weiterverm­ietung betreibt und die Einnahmen daraus kassiert.

Bis zum 14. September sollen Anleger ihre Forderunge­n geltend machen. Am 17. und 18. Oktober sind in München Gläubigerv­ersammlung­en geplant. Der Andrang könnte gewaltig sein, da P&R sein Geschäft bundesweit betrieben hat. „Es gibt ungefähr 80.000 Verträge, die mit P&R geschlosse­n worden sind und nun angemeldet werden müssen“, sagt Anwalt Borowski. Durchschni­ttlich investiert­e demnach jeder Anleger mehr als 40.000 Euro in die Container. „P&R hat Geschäfte über Generation­en hinweg gemacht“, sagt Borowski. Viele Investoren sind über 60. Vermutlich bangt so mancher um seine Altersvors­orge.

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