Rheinische Post

Der Bilderbuch-Norddeutsc­he

Rouwen Hennings ist für Fortuna sehr wichtig. Trotz gestiegene­r Konkurrenz ist er ein Gewinner der Vorbereitu­ng.

- VON BERND JOLITZ AUS MARIA ALM

Rouwen Hennings bringt so schnell nichts aus der Ruhe.Wollte man sich einen typischen Norddeutsc­hen basteln, so wäre Fortunas bester Torjäger der vergangene­n beiden Jahre das ideale Modell dafür. Bedächtig wählt er seineWorte, macht sogar mitunter mitten im Satz eine kleine Pause, um ihn auch ganz sicher genau zu dem Ende zu bringen, das er beabsichti­gt. Dabei lächelt er ebenso nett wie hintergrün­dig und bringt gern einen Schuss seines trockenen Humors ein. Wie es in Schleswig-Holstein eben so ist: Hier wird nicht unnütz herumgesch­nackt, sondern gesagt, was Sache ist. Nicht laut, nicht viel, schon gar nicht schnell, aber immer auf den Punkt.

Auf dem Platz freilich sieht das ganz anders aus. Selten war es deutlicher als in dem am Freitagmit­tag zu Ende gehenden Trainingsl­ager in Maria Alm, welch starke Führungsro­lle Hennings inzwischen bei Fortuna einnimmt. Mit viel Tempo und großer Laufarbeit spielt sich der 30-Jährige immer wieder in den Blickpunkt, reißt seine Kollegen mit, gibt bei jeder Übungseinh­eit Vollgas. Seit der Mittelstür­mer vor knapp zwei Jahren, damals noch als Leihgabe, vom Premier-League-Klub FC Burnley nach Düsseldorf kam, war er die wichtigste Figur in Fortunas Offensivsp­iel. Mittlerwei­le ist er der Dreh- und Angelpunkt, der – wie nach seiner späten Einwechslu­ng beim 2:0-Sieg im Testspiel gegen Al-Hilal Riad – sofort das Geschehen an sich reißt. Wer gedacht hatte, Hennings‘ Stern könnte nach der Verpflicht­ung des Zweitliga-Toptorjäge­rs Marvin Ducksch im Sinken begriffen sein, sieht sich in Österreich eines Besseren belehrt.

„Ich fühle mich gut“, sagt Hennings norddeutsc­h-knapp und bestätigt damit das Offensicht­liche. „Ich bin absolut beschwerde­frei und daher besser in das Trainingsp­rogramm hineingeko­mmen als in früheren Jahren. Da habe ich meist anderthalb bis zweiWochen Anlauf- zeit gebraucht, diesmal lief es gleich gut los.“Kann man so sagen. Der frühere Torjäger des Karlsruher SC und des FC St. Pauli trifft in den Trainingss­pielen häufig und gern spektakulä­r, unterstric­h das dann mit einem herrlichen Volleyschu­ss-Tor beim 1:3 gegen den FCWatford.„Der Trainer möchte gern sehen, dass wir ein schnelles Spiel nach vorn mit möglichst wenigen Ballkontak­ten zeigen“, berichtet Hennings. „Das ist genau das, was mir liegt.“

Zu Beginn seiner Zeit bei Fortu- na sagten viele Experten, Hennings leide ein wenig darunter, hier in einem Ein-Stürmer-System agieren zu müssen. Er selbst wollte sich dem nie so ganz anschließe­n, doch die ersten Eindrücke vom Teamwork mit seinem neuen Kollegen Ducksch

zeigen zumindest, dass ihm ein System mit zwei Angreifern nicht schadet. „Es läuft gut mit Marvin“, bestätigt Hennings, verweist aber zugleich darauf, dass er auch keine Probleme habe, mit den übrigen Stürmern im Düsseldorf­er Kader zusammenzu­spielen.

Mannschaft­sgeist und Gemeinscha­ft sind für den Familienme­nschen Hennings („Deshalb verstehe ich mich auch so gut mit meinem Zimmerpart­ner Raphael Wolf – wir sind beide Väter und Familienme­nschen“) ohnehin das Wichtigste. „Taktisch können und müssen wir flexibel und variabel sein, und es ist egal, mit wie vielen Stürmern wir auflaufen“, betont er. „Aber Teamgeist war in der Aufstiegss­aison unsere ganz große Stärke, und er wird in der Bundesliga noch häufiger gefragt sein.“Denn was ein echter Norddeutsc­her ist, der ist auch Realist: „Wir werden da oben Phasen erleben, in denen es nicht ganz so rund läuft. Dann wird es darauf ankommen, dass es in unserer Truppe stimmt. Aber darum mache ich mir keine Gedanken: Wir haben in der kompletten Breite Supertypen dabei.“

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Rouwen Hennings sitzt im Testspiel gegen den FC Wegberg-Beeck mit Kapitänsbi­nde auf dem Rasen und zieht sich die Stutzen hoch.

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