Rheinische Post

Morgens Schule, nachmittag­s Baumgeist

Viele werden Erona kennen, die Waldfee der Himmelgeis­terkastani­e: Sie bekommt Briefe aus der ganzen Welt und wurde sogar auf eine Briefmarke gedruckt. Gespielt wird sie von Leni Claßen. Die 13-Jährige zeigt uns, wie sie lebt.

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Von Natalie Urbig

Grün ist es dort, wo Leni Claßen mit ihren Eltern lebt. In jener Gegend im nördlichen Angermund sind die Straßen nach Pflanzen benannt. Ein Wohnort, der für einen Baumgeist kaum passender sein könnte. Und genau so stellt die 13-Jährige sich vor, als sie die Tür öffnet: „Hallo ich bin Erona der Baumgeist.“

Will man Lenis Geschichte erzählen, muss man bei der Himmelgeis­ter Kastanie beginnen. Ein mehr als 200 Jahre alter Baum, der nicht nur eine eigene Postanschr­ift hatte, sondern auch einen Baumgeist – Jüchtwind. 2009 musste die Kastanie wegen Pilzbefall gefällt werden, aber Nachwuchs war schon in Sicht. Neben die alte Kastanie wurde eine neue gepflanzt. Und als diese immer größer wurde, stand fest, dass auch sie einen Baumgeist braucht. Das war der Moment als Andreas Vogt, der Baumgeists­ekretär, Leni gefragt habe. Die zögerte nicht lange: „Ich war früher viel krank“, erzählt die 13-Jährige heute. Und ihre Mutter ergänzt:„Wir waren oft im Krankenhau­s und haben gesagt, wenn sie jemals ganz gesund wird, wollen wir uns sozial engagieren.“Seitdem hat Leni schon einiges erlebt: Sobald sie in ihr grünes Gewand schlüpft, wird sie zu Erona – der Wächterin der Bäume. Dann vertritt sie den Baum auf Festen und bei Benefizpro­jekten. Gerne erinnert Leni sich an eine Weihnachts­feier, auf der sie mit Kindern gebastelt hat. Einige von ihnen hätten sogar ein Autogramm von ihr gewollt.

Überhaupt ist Leni als Baumgeist schon eine kleine Berühmthei­t: Im vergangene­n Jahr wurde sie auf eine Briefmarke gedruckt, Zeitungen und Fernsehsen­der berichtete­n über das Mädchen, und im Düsseldorf­er Sü- den käme es auch schon einmal vor, dass sie auf der Straße angesproch­en wird. „Anfangs war ich vor der Kamera etwas nervös“, erinnert sich die 13-Jährige, „aber man gewöhnt sich daran. Mir macht es Spaß.“

Ein Großteil ihrer Baumgeistt­ätigkeit passiert aber im Stillen: Denn als Erona bekommt sie viele Briefe aus der ganze Welt zugeschick­t. Andreas Vogt und Lenis Eltern beantworte­n die der Erwachsene­n. Leni schreibt den Kindern zurück.

Die 13-Jährige zeigt einige der aktuellen Briefe: „Viele Kinder malen Bilder“, erzählt sie. Andere schicken richtige Texte und stellen vie- le Fragen an den Baumgeist. Als Arbeit sieht Leni das nicht an. „Es macht mir Spaß, die Briefe zu lesen und den Kindern zu antworten.“Teilweise ist dabei auch viel Fantasie gefragt: Denn als Erona ist sie eben nicht die Leni, die mit ihren Eltern in Angermund lebt, auf das Georg-Büchner-Gymnasium geht, gerne schwimmt und Yoga macht. Erona wohnt im Wurzelwerk der Kastanie, besucht die Baumschule und zaubert. „Ich kann auch fliegen“; sagt Leni und lacht. Die Ideen für ihre Antworten kommen ihr einfach so: „Meistens versetze ich mich in die Lage und frage mich, wie ich mich als Erona fühlen würde.“Oft ist das aber auch gar nicht nötig: Denn zwischen Leni Claßen und Erona gibt es viele Gemeinsamk­eiten. Die 13-Jährige interessie­rt sich für ihre Umwelt und erkundet auf ihrem Fahrrad gerne die Natur.

Fragt man Leni, was bisher ihr schönster Brief war, zögert sie. „Ich kann mich gar nicht entscheide­n, weil alle so schön sind und jeder Brief anders ist.“Sehr gefreut habe sie sich über eine Autogrammk­arte des Bergdoktor­en, eine Serie, die sie gerne sieht. Oder über einen Brief, in der ihr eine Frau schrieb: „Liebe Erona, du gibst mir so viel Kraft.“

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RP-FOTO: HANS JUERGEN BAUER Auch in ihrer Freizeit ist Leni gerne draußen unterwegs, um die Natur zu erkunden. Meist ist sie dabei mit ihrem Fahrrad unterwegs.

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