Skepsis bei Dürrehilfen für Bauern
Bauern klagen über Ernteausfälle, Nutztiere werden notgeschlachtet, die Politik berät über Finanzhilfen. Die Dürre könnte ein Weckruf sein.
BERLIN Die wochenlange Trockenheit und Hitze mit mutmaßlichen Milliarden schäden für die Bauern setzt die Bundesregierung zunehmend unter Handlungsdruck, zu einem neuen Kurs in der Landwirtschaft zu kommen. An diesem Dienstag kommen Vertreter von Bund und Ländern zu einem nichtöffentlichen Treffen in Berlin zusammen, um über die Auswirkungen und mögliche Finanzhilfen zu beraten. Allerdings soll es noch keine Entscheidungen geben, weil erst Ende August eine Bilanz der Ernte gezogen werden könne. Landwirtschaftsminister in Julia Klöckner (CDU) informiert am Mittwoch das Kabinett über den Stand der Krise.
Bauern verbands präsidentJoachi mRukwied hatte bereits inder vorigen Woche unserer Redaktion gesagt, Bund und Länder müssten den Notstand ausrufen und wegen sich abzeichnender Schäden existenzbedrohten Landwirten finanziell helfen. Im Durchschnitt seien Ernteausfälle in Höhe von 20 Prozent zu befürchten – in Regionen vor allem im Norden und Osten des Landes breche die Ernte aber um bis zu 70 Prozent ein. Würde der Notstand ausgerufen, könnten Betriebe, deren Ernteerträge 30 Prozent unter dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre liegen, direkte Liquiditätsunterstützung erhalten. Rukwied stellt sich eine Milliarde Euro an staatlichen Subventionen vor.
NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) äußerte sich zurückhaltend zu möglichen Hilfen für die Landwirte. Sie seien nur in extremen Ausnahmesituationen zu rechtfertigen – wie bei einem Ertragsrückgang um 30 Prozent. „Ob das auf Betriebe in NRW zutrifft, können wir aktuell noch nicht sicher einschätzen“, sagte sie unserer Redaktion. „Leicht anziehende Erzeugerpreise, insbesondere bei Getreide, wirken derzeit schadensmindernd.“Sie fügte aber hinzu, Klimaexperten gingen davon aus, dass solche „Extremwetterlagen in Zukunft häufiger auftreten werden“.
Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft erklärte: „Es ist zu einfach, jetzt vor dem Bund-Länder-Agrartreffen in Berlin staatliche Hilfen einzufordern.“Was den Betrieben schnell helfen könne, seien „faire Erzeugerpreise“für gesunde Lebensmittel. Der Freiburger Umweltexperte Felix Matthes forderte von der Bundesregierung einen dreistufigen Ansatz. „Wir brauchen erstens kurzfristige Nothilfen für Bauern, die existenziell bedroht sind. Zweitens brauchen wir Umstellungshilfen, um die Landwirt- schaft klimafreundlicher zu machen – und drittens brauchen wir langfristige Anpassungsprogramme, mit denen sich die Landwirtschaft auf den Klimawandel einstellen kann.“
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter fordert ein komplettes Umdenken. „Die Dürre muss ein Weckruf sein für einen grundlegenden Kurswechsel in der Agrarpolitik“, sagte Hofreiter mit Blick auf den Bauernverband. „Pauschales Handaufhalten von Lobbyverbänden ist wenig hilfreich, vor allem wenn der fordernde Verband gleichzeitig für ein politisches Weiter-so steht“, sagte Hofreiter mit Blick auf den Bauernverband. „Die Milliardengelder, die in die Landwirtschaft fließen, sollten in Zukunft nur noch an solche Betriebe gehen, die mit der Natur arbeiten, damit auch klimafreundliche und ökologischere Betriebe gezielt unterstützt werden.“Der Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, Martin Weyand, sagte, trotz der Hitzerekorde käme es nicht zu Engpässen bei der Wasserversorgung. „Niemand muss auf eine kühlende Dusche oder ein kühlendes Bad verzichten.“