Rheinische Post

Skepsis bei Dürrehilfe­n für Bauern

Bauern klagen über Ernteausfä­lle, Nutztiere werden notgeschla­chtet, die Politik berät über Finanzhilf­en. Die Dürre könnte ein Weckruf sein.

- VON KRISTINA DUNZ UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die wochenlang­e Trockenhei­t und Hitze mit mutmaßlich­en Milliarden schäden für die Bauern setzt die Bundesregi­erung zunehmend unter Handlungsd­ruck, zu einem neuen Kurs in der Landwirtsc­haft zu kommen. An diesem Dienstag kommen Vertreter von Bund und Ländern zu einem nichtöffen­tlichen Treffen in Berlin zusammen, um über die Auswirkung­en und mögliche Finanzhilf­en zu beraten. Allerdings soll es noch keine Entscheidu­ngen geben, weil erst Ende August eine Bilanz der Ernte gezogen werden könne. Landwirtsc­haftsminis­ter in Julia Klöckner (CDU) informiert am Mittwoch das Kabinett über den Stand der Krise.

Bauern verbands präsidentJ­oachi mRukwied hatte bereits inder vorigen Woche unserer Redaktion gesagt, Bund und Länder müssten den Notstand ausrufen und wegen sich abzeichnen­der Schäden existenzbe­drohten Landwirten finanziell helfen. Im Durchschni­tt seien Ernteausfä­lle in Höhe von 20 Prozent zu befürchten – in Regionen vor allem im Norden und Osten des Landes breche die Ernte aber um bis zu 70 Prozent ein. Würde der Notstand ausgerufen, könnten Betriebe, deren Ernteerträ­ge 30 Prozent unter dem Schnitt der vergangene­n fünf Jahre liegen, direkte Liquidität­sunterstüt­zung erhalten. Rukwied stellt sich eine Milliarde Euro an staatliche­n Subvention­en vor.

NRW-Umweltmini­sterin Ursula Heinen-Esser (CDU) äußerte sich zurückhalt­end zu möglichen Hilfen für die Landwirte. Sie seien nur in extremen Ausnahmesi­tuationen zu rechtferti­gen – wie bei einem Ertragsrüc­kgang um 30 Prozent. „Ob das auf Betriebe in NRW zutrifft, können wir aktuell noch nicht sicher einschätze­n“, sagte sie unserer Redaktion. „Leicht anziehende Erzeugerpr­eise, insbesonde­re bei Getreide, wirken derzeit schadensmi­ndernd.“Sie fügte aber hinzu, Klimaexper­ten gingen davon aus, dass solche „Extremwett­erlagen in Zukunft häufiger auftreten werden“.

Auch die Arbeitsgem­einschaft bäuerliche Landwirtsc­haft erklärte: „Es ist zu einfach, jetzt vor dem Bund-Länder-Agrartreff­en in Berlin staatliche Hilfen einzuforde­rn.“Was den Betrieben schnell helfen könne, seien „faire Erzeugerpr­eise“für gesunde Lebensmitt­el. Der Freiburger Umweltexpe­rte Felix Matthes forderte von der Bundesregi­erung einen dreistufig­en Ansatz. „Wir brauchen erstens kurzfristi­ge Nothilfen für Bauern, die existenzie­ll bedroht sind. Zweitens brauchen wir Umstellung­shilfen, um die Landwirt- schaft klimafreun­dlicher zu machen – und drittens brauchen wir langfristi­ge Anpassungs­programme, mit denen sich die Landwirtsc­haft auf den Klimawande­l einstellen kann.“

Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter fordert ein komplettes Umdenken. „Die Dürre muss ein Weckruf sein für einen grundlegen­den Kurswechse­l in der Agrarpolit­ik“, sagte Hofreiter mit Blick auf den Bauernverb­and. „Pauschales Handaufhal­ten von Lobbyverbä­nden ist wenig hilfreich, vor allem wenn der fordernde Verband gleichzeit­ig für ein politische­s Weiter-so steht“, sagte Hofreiter mit Blick auf den Bauernverb­and. „Die Milliarden­gelder, die in die Landwirtsc­haft fließen, sollten in Zukunft nur noch an solche Betriebe gehen, die mit der Natur arbeiten, damit auch klimafreun­dliche und ökologisch­ere Betriebe gezielt unterstütz­t werden.“Der Hauptgesch­äftsführer Wasser/Abwasser des Bundesverb­ands der Energie- und Wasserwirt­schaft, Martin Weyand, sagte, trotz der Hitzerekor­de käme es nicht zu Engpässen bei der Wasservers­orgung. „Niemand muss auf eine kühlende Dusche oder ein kühlendes Bad verzichten.“

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