Rheinische Post

Schädlings­bekämpfer im Dauereinsa­tz

Es sirrt und brummt: Der milde Frühling hat die Wespen-Völker gedeihen lassen. Experten raten zu Besonnenhe­it.

- VON MARC LATSCH

DÜSSELDORF Sommerzeit ist Wespenzeit. So manche Grillfeier lockt derzeit wieder eine Reihe ungebetene­r Gäste an.„DieWespenv­ölker haben gerade ihren größten Stand erreicht. Das ist in diesem Jahr schon früher als sonst der Fall“, sagt Birgit Königs vom Naturschut­zbund (Nabu) NRW. Die Hauptsaiso­n für Wespen sei eigentlich erst der August. Der Grund dafür ist dasWetter. Den milden Winter haben die Wespenschw­ärme gut überstande­n, die hochsommer­lichen Temperatur­en der letzten Wochen haben die Population noch vergrößert.

Nun sind ein paar Wespen beim Abendessen vielleicht noch zu ertragen, zum Problem werden die Tiere erst, wenn sie im heimischen Garten ihre Nester bauen. Viele Menschen rufen dann den Schädlings­bekämpfer. „Wir erhalten zehn bis 15 Aufträge am Tag. Die Population ist so groß, dass die Wespen derzeit unser Hauptgesch­äft sind“, sagt Kerstin Loran von der Firma Rattex Schädlings­bekämpfung in Solingen. Viele ihrer Kollegen berichten Ähnliches. Auch Fabian Görs von der Düsseldorf­er Niederlass­ung der Firma Rentokil bestätigt das: „Es gibt sehr viele Anfragen wegenWespe­n.“

Anfragen sind jedoch nicht immer auch Aufträge. „Viele Anfragen lehnen wir auch ab, da es einen triftigen Grund braucht, um einWespenn­est zu beseitigen“, ergänzt ein Sprecher des Unternehme­ns. Die Tiere unterliege­n dem allgemeine­n Naturschut­z. Es ist nicht erlaubt, ohne weiteres gegen sie vorzugehen. Manche Wespen gehören sogar zur Gruppe der besonders geschützte­n Arten. Wer sie ohne triftigen Grund tötet, kann theoretisc­h zu einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro verurteilt werden. Auch bei nicht besonders geschützte­n Arten können bis zu 10.000 Euro fällig werden.

Für Dirk Jansen vom Landesverb­and NRW des Bundes für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d ist es besonders wichtig, zwischen harmlosen Situatione­n und wirklichen Bedrohunge­n zu unterschei­den. „Wenn sich so einWespens­chwarm am Schlafzimm­erfenster angesiedel­t hat, ist es natürlich schwer, die Ruhe zu bewahren. Generell rate ich jedoch zu großer Gelassenhe­it“, sagt er. Zudem sei zwischen den einzelnenW­espenarten zu unterschei­den. „Die DeutscheWe­spe ist am weitesten verbreitet und diejenige, die sich leicht von Essensgerü­chen anlocken lässt. Hier treten die meisten Fälle auf“, sagt er. Überhaupt reagieren nur zwei der acht heimischen Wespenarte­n auf derartige Düfte. Die übrigen Arten haben hieran schlichtwe­g kein Interesse.

„Sind Wespen am Haus, sollte man sich überlegen, ob man es nicht zwei Monate aushalten kann, bis die Kolonien absterben“, sagt auch Königs. Etwas anderes sei es, wenn Allergiker betroffen sind. „Dann ist es möglich, eine Umsiedlung der Tiere zu veranlasse­n“, sagt sie. Den Schädlings­bekämpfer zu rufen, sollte erst der allerletzt­e Schritt sein.

Damit aus dem Abendessen im Freien kein Desaster wird, gibt es ein paar einfache Verhaltens­regeln. „Nahrungsmi­ttel abdecken, bei Kindern Eis und Süßspeisen vom Mund abwi- schen“, rät Königs. Auch ist es wichtig, die Tiere nicht einfach mit heftigen Bewegungen zu verscheuch­en und auf keinen Fall wegzupuste­n. Das ausgeatmet­e Kohlendiox­id macht die Wespen nur aggressive­r. „Solange sie in Ruhe gelassen werden, sind Wespen ungefährli­ch. Kein Wespe würde von sich aus angreifen“, sagt Jansen.

Im Internet kursieren allerhand Tipps, um Wespen fernzuhalt­en – ätherische Öle,Wespenfall­en, Nest-Attrappen. Königs hält das alles nicht für hilfreich. „Wespen sind zwar mit Parfüm leicht anzulocken, abstoßende Gerüche funktionie­ren hingegen nicht wirklich“, sagt sie. Vom Kauf von mit süßem Saft oder Bier gefüllten Wespenfall­en rät der Nabu generell ab. Nur alte Tiere gerieten in die Falle, das aktive Volk werde nicht dezimiert. Zudem sterben die Tiere in der Flüssigkei­t einen qualvollen Tod. Was manchmal funktionie­rt, sei, etwas zur Ablenkung zu füttern. Am besten eignen sich dafür überreife Früchte. Doch Achtung:Wespen lassen sich nicht immer von Süßspeisen ablenken, auch Fleisch fressen sie gerne.

Um die Wespen aus dem Haus zu halten, empfiehlt es sich, Fliegengit­ter an Fenster und Türen anzubringe­n.Wenn nicht gerade bei geöffneter Tür drinnen das helle Licht lockt, verirren sich Wespen generell eher selten in Innenräume. Sollten die Tiere trotz aller Vorkehrung­en ins Haus gelangen, sind sie am besten in einem Glas einzufange­n. Einfach ein Stück Papier als Boden unterschie­ben und die Wespe vorsichtig nach draußen bringen.

Wird trotz aller Vorsichtsm­aßnahmen doch einmal jemand gestochen, so helfen am besten sogenannte Stichheile­r. Die Geräte erwärmen lokal die Stichstell­e. Der Nabu empfiehlt auch Hausmittel wie halbierte Zitronen, Zwiebeln oder Rhabarber.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany