1000 pro Monat dürfen kommen
Ab Mittwoch gilt der Familiennachzug für subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge wieder.
BERLIN Diese Liste ist ihre ganze Hoffnung. Sie entscheidet darüber, ob sie in absehbarer Zeit wieder vereint sein werden. Aber die Plätze sind begrenzt – und damit die Chancen vieler Asylsuchender mit eingeschränktem Schutzstatus und ihrer Angehörigen, nach Flucht und teils jahrelanger Trennung in Deutschland zusammenzukommen.
Ab Mittwoch wird der 2016 im Zuge der hohen Zahl neuankommender Flüchtlinge ausgesetzte Familiennachzug wieder ermöglicht. Nach langem Streit einigten sich CDU, CSU und SPD in den Koalitionsverhandlungen darauf, dass 1000 Menschen pro Monat kommen dürfen. 34.000 Angehörige stellten nach Regierungsangaben eine Terminanfrage im Ausland. Wie viele am Ende wirklich nach Deutschland kommen wollen, ist jedoch unklar.
Dabei ist die Zahl 1000 umstritten. Die einen empfinden sie als zu niedrig, andere lehnen sie generell ab. FDP-Chef Christian Lindner hält die Grenze für willkürlich gegriffen. „Warum überhaupt nur 1000, nicht 500 oder 2000?“, fragte Lindner. „Das kann man niemandem erklären.“Die Regelungen kritisiterte er als „völlig unvernünftig“. Warum sollten Flüchtlinge ohne dauerhaften Aufenthaltsstatus in Deutschland noch die Familie nachholen können, fragte Lindner am Montag im Sender n-tv.
Denn sogenannte subsidiär geschützte Personen bekommen in der Regel keinen dauerhaften Aufenthaltstitel. Die Aufenthaltserlaubnis wird für ein Jahr erteilt und kann um zwei Jahre verlängert werden. Nur unter bestimmtenVoraussetzungen kann sie nach fünf Jahren in eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung münden. Nachziehen dürfen Ehepartner und Minderjährige oder die Eltern von Minderjährigen, wenn diese allein nach Deutschland kamen. Zuletzt hatten vor allem Bürgerkriegsflücht- linge aus Syrien und dem Irak subsidiären Schutz erhalten.
Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Gyde Jensen (FDP), ist anderer Auffassung als ihr Parteichef Lindner. „Jeder Mensch hat das Recht auf familiäre Gemeinschaft“, sagte sie unserer Redaktion. „Menschen müssen bei der Integration in unsere Gesellschaft bestmöglich unterstützt werden, Familienzusammenführung ist dazu ein Mittel“, fügte sie hinzu. Die aktuelle Regelung lehnt sie wegen „starrer Obergrenzen“jedoch auch ab.
Umstritten ist zudem, dass von Januar an die Zahlen von Monat zu Monat berechnet werden. Das heißt: Wenn in einem Monat etwa aus bürokratischen Gründen nicht alle 1000 Plätze vergeben werden, „verfallen“die unbesetzten Möglichkeiten. So ist es möglich, dass im gesamten Jahr 2019 weniger als 12.000 Angehörige nachziehen werden. Nur für die Anlaufphase der verbleibenden fünf Monate in diesem Jahr wird die pauschale Zahl von 5000 Plätzen akzeptiert. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), begrüßte diese Lösung für den Anfang. „Ab dem Jahr 2019 ist damit zu rechnen, dass die Kontingente monatlich ausgelastet sein werden“, sagte Kofler.
Doch das Verfahren wirkt bürokratisch: Die Anträge müssen bei den Botschaften in den jeweiligen Ländern gestellt werden. In Amman (Jordanien), Beirut (Libanon) und Erbil (irakische Kurdengebiete) ist es die Internationale Organisation für Migration. Die Auslandsvertretungen leiten die Anträge nach Deutschland weiter, wo sie von den Ausländerbehörden geprüft werden. Die Entscheidung darüber, wer kommen darf und wer nicht, trifft aber das Bundesverwaltungsamt, das der Auslandsvertretung grünes Licht für ein Visum gibt – oder nicht. Dabei wird chronologisch nach Antragsdatum vorgegangen.
„Jeder Mensch hat das Recht auf familiäre Gemeinschaft“Gyde Jensen (FDP) Vorsitzende Menschenrechtsausschuss