Den Himmel gerne schön bunt
Junge Erwachsene treffen sich in Bars und Restaurants und malen unter Anleitung. ArtNight heißt der Trend. Ein Selbstversuch.
Ich bin zum Malen im Tanzhaus Löwenburg verabredet. Mitbringen brauche ich dafür nichts, nicht einmal künstlerisches Talent. Darauf wurde bei der Anmeldung extra hingewiesen. Und das nehme ich beim Wort.
Bei einer „ArtNight“mache ich mit. Das Konzept dürfte manchen aus der Fernsehserie „Höhle der Löwen“bekannt sein. Dort stellten die Gründer David Neisinger und Aimie-Sarah Henze ihre Idee vor: Menschen treffen in lokalen Bars und Restaurants aufeinander und malen unter Anleitung einer Künstlerin ein Bild. Begonnen hat das Start-up in Berlin, mittlerweile werden die Veranstaltungen in 37 Städten angeboten. Düsseldorf ist eine davon.
An diesem Abend, für den ich mich entschieden habe, wird mit der Künstlerin Zina ein Sonnenuntergang gemalt. Und so sitze ich nun mit 25 anderen Teilnehmern (die Frauen sind eindeutig in der Überzahl) vor weißen Staffeleien. Zina zeigt uns mehrere Techniken, wie wir die Farbe darauf verteilen können. Wir sollen mit dem Himmel beginnen und dabei ruhig mutig sein. „Er kann gelb, grün blau und pink werden, alles ist erlaubt“, sagt Zina.Während ich noch überlege, welche Farben sich wohl gut kombinieren lassen, hat meine Nachbarin schon konkretere Pläne: „Ich möchte mein Bild in Sepia malen, das passt am besten zu meinem Wohnzimmer.“Ich nicke und setze beflügelt von so viel Kreativi- tät zu meinem ersten Pinselstrich an – bald schon färbt sich die weiße Leinwand pink.
Das Konzept der ArtNight scheint einen Nerv zu treffen. Das wurde mir schon klar, als ich mich auf derWebseite umsah. Denn dieVeranstaltungen sind schnell ausgebucht. Zina erklärt sich das Phänomen so: „In Zeiten der Digitalisierung haben wir Hunger nach direktem Kontakt und danach, etwas zu schaffen, das wir in den Händen halten können.“
Ehe ich mich an die Palmen machen kann, muss mein Himmel trocknen. Auch die anderen Teilnehmer legen nun eine kleine Pause ein, stehen von ihren Plätzen auf und kommen mit einemWein in der Hand miteinander ins Gespräch. Ich lerne Christina und Winta kennen, die sich schon bei einer anderen ArtNight getroffen haben, damals aber vergessen haben, ihre Nummern zu tauschen. Das wird nun nachgeholt. „Ich bin neu in der Stadt und wollte mich etwas sozialisieren“, erzählt die 29-jährige Winta und lacht. Da sie gerne malt, sei sie schnell auf die ArtNight gestoßen. Christiane wollte ihr altes Hobby auffrischen.
Andere erzählen, dass sie das Malen als Ausgleich zur Arbeit sehen, so ein Abend sei einmal „etwas anderes“und „völlig ungezwungen“. Tatsächlich hat der Workshop keinen schulischen Charakter: Zina geht zwar von Tisch zu Tisch und gibt Tipps, tadelt aber nicht. „Es gibt kein Falsch“, lautet ihre Devise.
Wir setzen uns wieder vor die Leinwand. Bewundernd werfe ich einen Blick zu meiner Nachbarin. Ihre Sepia-Palmen wirken richtig echt und das, obwohl sie, so beteuert sie, noch nie wirklich gemalt habe. Ihr Bild wird bald über ihrem Sofa hängen und meins, nunja, steht etwas verloren im Flur. Spaß gemacht hat der Abend trotzdem.