Rheinische Post

Vorbild Venlo: So könnte das Technische Rathaus aussehen

Das Rathaus der niederländ­ischen Stadt wird als Ökosystem nahezu energieneu­tral betrieben. Düsseldorf­er Politiker haben es jetzt besichtigt.

- VON ROBIN HETZEL

„Von der Wiege zur Wiege“– so könnte bald das architekto­nische Prinzip des neuen Technische­n Rathauses lauten. Weil sich eine Sanierung des maroden Gebäudes an der Brinckmann­straße nicht rentiert, laufen in der Verwaltung Vorbereitu­ngen für einen Neubau. In den Fokus ist das ökoeffekti­ve Kreislaufp­rinzip „Cradle to Cradle“gelangt. Der Prototyp des neuen Technische­n Rathauses könnte im niederländ­ischen Venlo stehen, wo die dortige Verwaltung vor zwei Jahren ihr neues Rathaus bezogen hat, dass als eigenes Ökosystem nahezu energieneu­tral betrieben wird. Wir haben das Venloer Vorbild unter die Lupe genommen.

Was zeichnet das Rathaus in Venlo aus? Das Venloer Rathaus folgt dem architekto­nischen Prinzip „Cradle to Cradle“und stellt ein eigenes Ökosystem dar, das nahezu energieneu­tral betrieben wird. Projektman­ager Bas van de Westerlo erklärt: „Das Rathaus ist ein zirkulärer Bau, bei dem alle Materialie­n und Einrichtun­gen später weiterverw­endet werden.“Auffälligs­tes Merkmal ist die bepflanzte Fassade, die als natürliche Filteranla­ge die Luft reinigt, während auf der anderen Gebäudesei­te mehr als 1000 Quadratmet­er Solarzelle­n Energie liefern.

Besonders ist auch die spürbar kühle Luft, die sich über neun Stockwerke verteilt. „In normalen Bürogebäud­en ist die Luftqualit­ät bis zu achtmal schlechter als außerhalb des Gebäudes. Hier ist es umgekehrt“, erläutert van de Westerlo. Verantwort­lich für die frische Luft ist eine Glaskuppel im neunten Stock. Durch schmale Spalte in den Glaswänden gelangt in die Kuppel Luft, die durch die Pflanzenwä­nde innerhalb des Gebäudes gereinigt und verteilt wird.

Wie lässt es sich im Venloer Rathaus arbeiten? Einen eigenen Arbeitspla­tz gibt es im Venloer Rathaus für die 1000 Angestellt­en nicht, dafür bequeme Bürostühle, verstellba­re Schreibtis­che und einen Ausblick über die Stadt. Jeden Morgen suchen sich die Angestellt­en einen Arbeitspla­tz aus, „Für das flexible Arbeiten stehen Gruppenarb­eitsplätze, Einzelräum­e und Sitzecken zur Auswahl. Jeder Platz hat einen PC und ein Telefon“, sagt van de Westerlo. Auffällig sind die vielen Pflanzenwä­nde und Sitzecken, die auf allen Etagen verteilt sind. Daneben gibt es für die Mitarbeite­r ein Restaurant, Dachterras­sen und Konferenzr­äume.

Wie rentiert sich das Konzept? Rund 53 Millionen Euro hat der Neubau des Rathauses gekostet. 3,4 Millionen Euro sind speziell für den

zirkulären Bau investiert worden. Weitere zwei Millionen in die Einrichtun­g. Dennoch lohne sich das Prinzip seit dem ersten Jahr. „Wir haben bereits im ersten Jahr ein Plus von 90.000 Euro erwirtscha­ftet dadurch, dass Energie gespart wird“, so der Projektman­ager. In 40 Jahren Nutzung des Gebäudes sei eine Ersparnis von 16,9 Millionen Euro gegenüber konvention­ell gebauten Gebäuden kalkuliert.

Wie kommt das Konzept bei den Angestellt­en und der Bevölkerun­g an? „Wir kooperiere­n mit zwei Universitä­ten, die die Zufriedenh­eit der Angestellt­en erfassen“, sagt van der Westerlo. „Natürlich gibt es Leute, die ihre Familienfo­tos am alltäglich­en Arbeitspla­tz vermissen“, gibt der Planer zu. Doch im Vergleich zu den Angestellt­en im konvention­ell gebauten Rathaus seien diejenigen im ökoeffekti­ven deutlich zufriedene­r mit ihrem Job. Auch die Krankheits­tage hätten sich reduziert. Bei der Bevölkerun­g habe nach der Eröffnung im Oktober 2016 die Kritik vorgeherrs­cht, mit dem neuen Prunkbau seien massiv Steuergeld­er verschwend­et worden. „Nachdem wir 25.000 Besuchern das Konzept erklärt haben, hat sich die Akzeptanz verbessert“, sagt van de Westerlo.

Wie ist der aktuelle Stand in Düsseldorf? Sowohl eine Delegation um OB Thomas Geisel als auch die Ratsfrakti­on der Grünen haben das Venloer Rathaus besichtigt und sich begeistert gezeigt. „Das Venloer Rathaus ist ein echter Innovation­streiber, der zeigt, dass Ökologie und Ökonomie Hand in Hand gehen können, wenn man langfristi­g denkt“, sagt Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Stephan Soll (Die Grünen). Für Düsseldorf müsse man dann eine eigene Prioritäte­nliste erstellen, die auf die Stadt zugeschnit­ten sei. Doch bis es soweit ist, werden noch einige Jahre vergehen. Bei der Stadtverwa­ltung laufen noch Überlegung­en über einen geeigneten Standort. Sowohl der Südring an der Völklinger Straße als auch ein Areal an der Moskauer Straße sind im Gespräch.

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FOTO: TON DESAR Pflanzenwä­nde innerhalb des Gebäudes sorgen dafür, dass die Luft gereinigt und verteilt wird.
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Die grüne Fassade des neunstöcki­gen Gebäudes ist im Stadtbild weithin sichtbar.
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53 Millionen Euro hat der Neubau des Rathauses gekostet – dazu gehört natürlich auch ein Restaurant.

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