Rheinische Post

Du sollst nicht morden

Papst Franziskus ächtet die Todesstraf­e. Das ist richtig und überfällig.

- LOTHAR SCHRÖDER

Ehrlicherw­eise hat es mich überrascht, dass im Katechismu­s der katholisch­en Kirche – also im Handbuch für christlich­e Grundfrage­n – die Todesstraf­e bislang zumindest für denkbar gehalten wurde. Sicher: nur unter allen größten Vorbehalte­n, nur unter ganz bestimmten Bedingunge­n und als sogenannte extrema ratio, als letztes Mittel.

Die Ablehnung der Todesstraf­e durch die Päpste seit Mitte des 20. Jahrhunder­ts war zweifelsoh­ne spürbar. Und die gefühlte Gegnerscha­ft reichte offenbar aus, die Suche nach deutlicher­en Worten nicht weiter zu verfolgen. Erst Papst Franziskus hat nun eine unmissvers­tändliche Ächtung der Todes- strafe durchgeset­zt. Das ist mehr als nur Rhetorik und viel mehr als eine Textüberar­beitung des Katechismu­s. Denn selbstvers­tändlich ist das auch politische Botschaft für jene Länder, in denen noch immer Menschen mit dem Tod bestraft werden. Länder, die ihre Präsidente­n gerne in den Vatikan reisen und sich mit dem Pontifex vorteilhaf­t ablichten lassen. Allein in den USA sitzen derzeit 2800 Menschen in den Todestrakt­en; und in 31 Bundessaat­en dort ist die Strafe mit dem Tod in den Gesetzbüch­ern festgeschr­ieben. Die päpstliche Ächtung ist eine Friedensbo­tschaft. Und sie ist eine Mahnung, die Würde aller Menschen zu achten. Die größten Weishei- ten finden oft die einfachste­n Worten: „Du sollst nicht morden“, steht im fünften Gebot. Von Notlagen, Ausnahmen und besonderen Umständen ist darin nicht die Rede. So schwer und vielleicht unmenschli­ch eine Straftat auch sein mag, gilt es, auch das Leben des Menschen zu achten.

Der Verzicht auf die Todesstraf­e zeigt Stärke, keine Schwäche. Er belegt, dass man sich seiner eigenen moralische­n Leitplanke­n sehr sicher ist. Wer glaubt, einen Mord mit einem Mord beantworte­n zu müssen, ist kein Richter, sondern wird selbst zum Täter.

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