„Es sieht düster aus für die Landwirte“
Die Bauern in NRW leiden unter der anhaltenden Dürre. Das Futter für die Tiere wird langsam knapp. Kühe geben weniger Milch, Pflanzen gehen ein. Die angekündigten Gewitter könnten die Lage noch weiter verschärfen.
DÜSSELDORF Wilhelm Neu kommt das Wetter teuer zu stehen. Der Landwirt aus Hamminkeln, der unter anderem Milchkühe hält, leidet unter der anhaltenden Trockenheit. Für seine Tiere benötigt er viel Futter. Doch das gibt es kaum noch. Mais und Gräser wachsen bei der Hitze schlecht oder sind schon eingegangen. Das treibt die Preise in die Höhe. „Die Fütterung wird unwahrscheinlich teuer“, sagt Neu. „Uns geht es dreckig.“
In NRW sind von der Dürre vor allem Landwirte am Niederrhein, im Münsterland und in Ostwestfalen betroffen. Besonders hart treffe es die Milchvieh- und Mutterkuhhalter, sagt der Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV), Bernhard Conzen. Das Gras auf den Weiden sei oft so braun, so dass die Landwirte bereits jetzt auf die ohnehin knappen Futtervorräte für den Winter zurückgreifen müssten, um ihre Tiere zu versorgen. Und beim Mais seien die Kolben sehr schlecht entwickelt.
Ohnehin hätten es die Milchbauern schon schwer genug gehabt in den vergangenen Jahren. Aufgrund der Preisentwicklung beim Milchpreis habe in den vergangen Jahren bereits jeder Dritte Milchviehbetrieb aufgegeben. Wegen der Futterknappheit dürfen Ökobauern in NRW jetzt auch konventionelle Produkte an ihre Tiere verfüttern. Ihr Ökosiegel würden sie laut Umweltministerium dadurch nicht verlieren.
Nicht viel besser sieht es bei der Kartoffel aus. Umfang und Qualität der Ernte seien ernsthaft gefährdet, fürchtet Conzen. Und selbst Zuckerrüben, die eigentlich tiefere Wurzeln ausbilden und damit robuster bei Trockenheit sind, leiden unter Wassermangel. „Dabei bräuchten die Knollen gerade jetzt Wasser, um größer zu werden“, so der RLV-Präsident. Doch der ersehnte Regen wird wohl ausbleiben – jedenfalls in der Form, die die Bauern sich wünschen und benötigen. Denn es drohen zum Teil schwere Gewitter und Hagel. Und genau das können die Landwirte überhaupt nicht gebrau- chen. „Hagel ist ihr größter Feind. So ein Wetter könnte die noch lebenden Pflanzen auch noch kaputt machen“, sagt Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW. „Es sieht für die Landwirte düster aus“, sagt er mit Blick auf die Wetterprognosen der nächsten Tage. „Es muss schon zwei Wochen regnen, damit die knochentrockenen Böden wieder normale Feuchtigkeit erreichen.“
Der Bauernverband fordert bereits Hilfen von einer Milliarde Euro für deutsche Bauern. Für das Geld sind in erster Linie die Bundesländer zuständig. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) will aber zunächst die Erntebilanz abwarten. Viehhaltern, bei denen das Futter knapp wird, soll aber schnell geholfen werden. In Bayern ist man schon einen Schritt weiter. Dort werden Soforthilfen von bis zu 50.000 Euro ausgezahlt. Und in Brandenburg sind den Betroffenen schon fünf Millionen Euro zugesichert worden.
Die NRW-Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser sowie die Präsidenten der Landesbauernver- bände und die Landwirtschaftskammer NRW rufen Landwirte wegen der Trockenheit auf, jetzt Zwischenfrüchte zur Futternutzung anzubauen. „Damit können auch Betriebe mit Ackerbau und Veredelung dazu beitragen, die Notlage ihrer Berufskollegen zu lindern“, heißt es in einem Appell an alle landwirtschaftlichen Betriebe in NRW.
Conzen appellierte an die Verantwortlichen in Regierung undVerwaltung, die Bauern in dieser schwierigen Situation zu unterstützen. „Mit einer möglichst frühzeitigen Auszahlung der Direktzahlungen könnten bevorstehende Liquiditätsengpässe überbrückt werden“, sagt der RLV-Präsident. Am besten würden den Bauern aber angemessene Preise für Lebensmittel helfen. Dabei stünde der Handel in der Pflicht. „Umso mehr gilt es gerade in dieser Situation, auf Preissenkungen wie zuletzt etwa bei Butter zu verzichten “, so Conzen.
Entschieden wehren sich die Landwirte gegen Vorwürfe, sie hätten sich nicht ausreichend an die Herausforderungen des Klimawandels angepasst. Gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband habe man im Januar eine Klimastrategie auf den Weg gebracht, die den Ausstoß an Treibhausgasen aus der Landwirtschaft wirksam verringern könne, sagt Conzen. „Wir Bauern sind schon auf dem Weg, den Klimawandel in unsere Arbeit in Feld und Stall einzubeziehen.“