Rheinische Post

Neue US-Sanktionen nach Giftanschl­ag

Der Fall Skripal hat im Frühjahr eine diplomatis­che Krise zwischen westlichen Staaten und Russland ausgelöst. Ausgestand­en ist sie nicht: Die USA kündigen neue Strafmaßna­hmen an. Moskau bereitet einen Konter vor.

- VON SHABTAI GOLD, MAREN HENNEMUTH UND CAN MEREY

MOSKAU/WASHINGTON (dpa) Die Krise zwischen Washington und Moskau verschärft sich durch neue US-Sanktionen gegen Russland. Der Kreml und das Außenminis­terium in Moskau kritisiert­en am Donnerstag die wegen des Giftanschl­ags auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal angedrohte­n Strafen und schlossen Gegenmaßna­hmen nicht aus.

Obwohl die am Vortag verkündete­n Sanktionen erst in zwei Wochen gelten, sackten die Aktienkurs­e großer russischer Staatsunte­rnehmen an der Moskauer Börse ab. Auch der Rubelkurs gab deutlich nach. Die Präsidente­n Donald Trump und Wladimir Putin hatten erst im Juli in der finnischen Hauptstadt Helsinki einen Neuanfang in dem gespannten Verhältnis versucht.

„Russland hatte und hat damit nichts zu tun“, sagte Kremlsprec­her Dmitri Peskow am Donnerstag

PERSÖNLICH zum Fall Skripal. Der Ex-Agent Skripal und seine Tochter Julia hatten im März in England eine Vergiftung mit dem in der Sowjetunio­n entwickelt­en Kampfstoff Nowitschok nur knapp überlebt.

Die US-Regierung stellte am Mittwoch formell fest, dass Russland für den verbotenen Einsatz von Massenvern­ichtungswa­ffen verantwort­lich sei. Damit werden laut US-Gesetz Sanktionen ausgelöst, wie es sie bislang nur gegen Nordkorea und Syrien gab.Washington stärkt damit auch der britischen Regierung den Rücken, die ebenso Moskau hinter dem Anschlag sieht.

Die Strafmaßna­hmen würden in etwa zwei Wochen in Kraft treten, kündigte das US-Außenminis­terium an. Welche Produkte genau betroffen sind, blieb zunächst unklar. Die Sanktionen würden voraussich­tlich denWiderru­f von Exportlize­nzen an Russland umfassen, die Güter mit Bezügen zur nationalen Sicherheit betreffen, sagte ein hoher Mitarbei- ter im Außenminis­terium. Ausnahmen von den Strafmaßna­hmen seien möglich, etwa Aktivitäte­n rund um die Raumfahrt sowie Auslandshi­lfen. Sollte Russland nicht innerhalb von 90 Tagen nach Inkrafttre­ten der Strafmaßna­hmen beweisen können, dass es keine chemischen Waffen mehr einsetze, könnten weitere Strafen erlassen werden, hieß es. Die russische Führung versuche zunächst herauszufi­nden, um welche Strafmaßna­hmen es genau gehe, sagte Kremlsprec­her Peskow der Agentur Interfax zufolge. Vorher lasse sich nicht über Gegenmaßna­hmen reden.

Moskau wolle die Situation nicht erschweren, behalte sich aber eine spiegelbil­dliche Reaktion vor, sagte die Sprecherin des russischen Außenminis­teriums, Maria Sacharowa. „Wie die Sanktionen gegen Russland sein werden, so wird auch unsere Antwort sein.“Der russische Senator Konstantin Kossatscho­w vom Föderation­srat warf den USA vor, wie ein Polizeista­at zu agieren und Unschuldig­e ohne Grund zu bestrafen.

An der Moskauer Börse gab die Aktie der Fluggesell­schaft Aeroflot zeitweise um zwölf Prozent nach. Betroffen waren auch die Großbanken Sberbank undVTB. Die Zentralban­k setzte einen Kurs von 66,28 Rubel für einen US-Dollar fest – 4,6 Prozent niedriger als tags zuvor.

Im Fall Skripal hat es bereits Sanktionen der USA, Großbritan­niens und anderer Länder gegeben. Unter anderem wurden Dutzende Diplomaten ausgewiese­n. Andere Strafmaßna­hmen gelten wegen der Annexion der ukrainisch­en Halbinsel Krim durch Russland 2014 sowie wegen des verdeckten russischen Militärein­satzes in der Ostukraine. Außerdem gibt es Sanktionen wegen der mittlerwei­le gut dokumentie­rten Einmischun­g Moskaus in die US-Präsidente­nwahl 2016. Hierbei droht durch eine Initiative des US-Senats eine weitere Verschärfu­ng.

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FOTO: AFP Sondereins­atzkräfte untersuche­n die Parkbank, auf der Sergej Skripal und dessen Tochter bewusstlos gefunden worden waren.

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