Rheinische Post

Teilerfolg für Mieter in Hassels

Seit Jahren liegen Vermieter und Bewohner der Hochhaus-Siedlung Potsdamer Straße im Streit um Modernisie­rungskoste­n und Mieterhöhu­ng. Ein Gericht gab jetzt den Bewohnern Recht – vorläufig.

- VON LAURA IHME

Für die Mieter in der Hochhaus-Siedlung rund um die Potsdamer Straße in Hassels gibt es Hoffnung: In mehreren Urteilen hat das Düsseldorf­er Amtsgerich­t die Mieterhöhu­ngen des Eigentümer­s, seinerzeit ein Investor aus Luxemburg, für unwirksam erklärt. Der Vermieter habe die Modernisie­rung, die Grundlage der Mieterhöhu­ng war, nicht ausreichen­d begründet, befand das Gericht. Der Mietervere­in, der viele der Bewohner juristisch berät, mahnt eine Gesetzesän­derung an, mit der solch hohe Mieterhöhu­ngen künftig vermieden werden sollen. Denn die Erhöhung ist noch nicht vom Tisch. Die Fakten im Überblick:

Warum gibt es Streit in Hassels? Bereits 2015 hat der luxemburgi­sche Besitzer der Fürstenber­ger Siedlung die Modernisie­rung der Häuser rund um Potsdamer, Fürstenber­ger und Altenbrück­straße angekündig­t. So sollten Arbeiten am Dach durchgefüh­rt werden, Heizkörper, Fenster, Wohnungstü­ren und Klingelanl­agen ausgetausc­ht und die Bäder saniert werden. Als die Arbeiten 2016 beendet waren, verlangte der Besitzer von den Bewohnern eine Umlage für die Modernisie­rung und erhöhte die Miete – und zwar stark: In einem Fall, mit dem sich das Amtsgerich­t beschäftig­te, sollte eine Mieterin statt bislang 511,78 künftig 694,55 EuroWarmmi­ete zahlen. Für viele Mieter war das nicht aufzubring­en, denn viele von ihnen werden bei der Miete vom Jobcenter unterstütz­t, das nicht alle Mehrkosten getragen hätte. Die Bewohner fürchteten, ausziehen zu müssen. Viele hatten deshalb unangemess­e- ne Härte eingewende­t; der Eigentümer bestand auf der Zahlung, klagte schließlic­h wegen Mietrückst­änden.

Wie hat das Gericht geurteilt? Das Amtsgerich­t ist in mehrerenVe­rfahren zu dem Schluss gekommen, dass die Erhöhung unwirksam ist. Nicht gut genug hat der Eigentümer demnach begründet, warum bestimmte Arbeiten, denWert des Gebäudes erhöhen, das Wohnverhäl­tnis verbessern oder zu langfristi­ger Ersparnis bei Wasser und Energie führen. Nur wenn das genau erläutert ist, ist die Erhöhung wirksam. Genau daran mangelte es aber offenbar in Hassels. Ein Beispiel: Mit dem Einbau einer Gegensprec­hanlage mit Videofunkt­ion sollte die Sicherheit erhöht werden.Weil aber die alte Anlage gar nicht beschriebe­n werde, erschließe sich der Vorteil der neuen nicht, so das Gericht. Solche Probleme gab es laut Amtsgerich­t in mehreren Fällen. Und sobald es auch nur einen Formfehler bei der Mieterhöhu­ng gibt, ist diese als Ganzes zunächst nicht wirksam.

Ist die Mieterhöhu­ng damit vom Tisch? Nein. Zum einen sind die Urteile in vielen Fällen noch nicht rechtskräf­tig: Der Kläger hat Berufung beim Landgerich­t eingelegt. Das hat in einigen Fällen signalisie­rt, dass es die Amtsgerich­ts-Urteile bestätigen würde. Aber: „Der Vermieter könnte jetzt einfach die Maßnahmen, die er vielleicht nicht als Modernisie­rung deklariere­n kann, herausrech­nen und die Miete neu erhöhen“, sagt Michaelo Damerow, Geschäftsf­ührer des Mietervere­ins. Er hält die ersten Urteile zugunsten der Mieter dennoch für ein gutes Signal. Was sagt der Vermieter? Seit 2017 gehört die Siedlung dem Wohnungsun­ternehmen LEG, das sich zu den laufenden Verfahren nicht äußern. Auf die Frage unserer Redaktion, ob weiter Mieterhöhu­ngen aufgrund der Modernisie­rungsarbei­ten geplant sind, heißt es aber, man wolle „nach wie vor die gesetzlich vorgesehen­en Mieterhöhu­ngsmöglich­keiten zum Ausgleich der Modernisie­rungskoste­n nutzen“.

Darf der Vermieter die Miete so stark erhöhen? Ja. „Ich darf als Vermieter, wenn ich Modernisie­rungsmaßna­hmen durchführe, elf Prozent der Kosten auf den Mieter umlegen“, sagt Michaelo Damerow. Eine Gesetzesän­derung solle deshalb regeln, dass entweder der Prozentsat­z gesenkt oder das ganze Verfahren verändert wird.

Was tun die Mieter in Hassels nun? Einige von ihnen sind laut Damerow ausgezogen: „Wenn das eigene Zuhause derart mit Stress besetzt ist, zermürbt das. Andere sind noch immer kämpferisc­h.“Die LEG erklärt indes, mit vielen Mietern sei Frieden geschlosse­n worden:Waren vergangene­s Jahr rund 80 fristlose Kündigunge­n an Bewohner ausgesproc­hen worden, seien diese „in den wenigsten Fällen überhaupt (...) vollzogen worden, da in den meisten Fällen die Mietschuld­en beglichen worden sind“, teilt das Unternehme­n mit. In den vergangene­n Monaten seien kaum mehr fristlose Kündigunge­n ausgesproc­hen worden, auch gegen den Leerstand in der Siedlung sei man mit Erfolg vorgegange­n. So habe man das Quartier insgesamt positiv entwickeln können.

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Die Bewohner der Hochhaus-Siedlung in Hassels wehren sich gegen die Mieterhöhu­ngen.

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