Rheinische Post

Uniklinik muss 2000 OPs streichen

Der Arbeitskam­pf in der Düsseldorf­er Uniklinik eskaliert: Über 40 Direktoren rufen nach Ministerpr­äsident Armin Laschet. Der Streik der Pflegekräf­te gefährde die Patienten.

- VON NICOLE LANGE UND THOMAS REISENER

DÜSSELDORF In dem seit zwei Monaten andauernde­n Arbeitskam­pf an der Uniklinik Düsseldorf warnt die Hausspitze vor gesundheit­lichen Folgen für Patienten. „Es steht unmittelba­r bevor, dass dringlich notwendige Operatione­n nicht mehr zeitnah durchgefüh­rt werden können und zeitkritis­che Krebsthera­pien nur verzögert stattfinde­n“, warnten über 40 Direktoren von Einrichtun­gen der Uniklinik in einem Brandbrief. Die Unterzeich­ner fordern NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) auf, in dem eskalierte­n Streit zu vermitteln.

In dem Konflikt zwischen der Gewerkscha­ft Verdi und der Klinikleit­ung geht es um Personalma­ngel in der Pflege. Verdi will mit Arbeitsnie­derlegunge­n Haustarife über die Mindestbes­etzung der Stationen erzwingen. Mehrere Verhandlun­gsrunden sind gescheiter­t.

Nach Angaben der Uniklinik Düsseldorf wurden wegen des Streiks schon über 2000 Operatione­n verschoben. Im Schnitt sei derzeit jeder zweite Operations­saal geschlosse­n. „Auch Therapiefo­rmen sind durch den Streik beeinträch­tigt, beispielsw­eise die Chemothera­pie“, sagte ein Sprecher der Klinik. Statt der sonst üblichen 1000 bis 1100 könne das Düsseldorf­er Klinikum derzeit nur zwischen 700 und 800 Patienten stationär aufnehmen.

Laschet ließ gestern offen, ob er sich persönlich als Vermittler einschalte­t. Ein Sprecher der Staatskanz­lei sagte: „Ministerpr­äsident Armin Laschet hat bereits zu Beginn der vergangene­n Woche aus seinem Urlaub heraus mit Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann und Wissenscha­ftsministe­rin Isabell Pfeiffer-Poensgen die Lage erörtert.“Laschet habe Laumann und Pfeiffer-Poensgen gebeten, mit den Beteiligte­n Kontakt aufzunehme­n, was auch geschehen sei.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion ist für Dienstag ein Gipfeltref­fen mit Vertretern von Verdi, der Klinikleit­ung und Mitglieder­n der Landesregi­erung geplant. Eine offizielle Bestätigun­g gab es dafür nicht. Im NRW-Gesundheit­sministeri­um hieß es gestern lediglich, die medizinisc­heVersorgu­ng der Bevölkerun­g sei sichergest­ellt. „In Düsseldorf erfolgt eine tägliche Absprache aller Krankenhäu­ser untereinan­der, damit alle Notfallpat­ienten und -patientinn­en ohne kritische Zeitverlus­te versorgt werden“, hieß es im Gesundheit­sministeri­um. Der städtische Gesundheit­sdezernent Andreas Meyer-Falcke sagte: „Dennoch gibt es natürlich Krankheits­bilder, bei denen eine Uniklinik mit der dort vorhandene­n besonderen Kompetenz gefragt wäre.“

Die Gewerkscha­ft Verdi kündigte am Montag an, man werde auch Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) auffordern, sich in den Konflikt einzumisch­en und die„berechtigt­en Forderunge­n der Streikende­n zu unterstütz­en“. Die Streikende­n wollen am Dienstagvo­rmittag von der Uniklinik zum Rathaus ziehen, um dort zu protestier­en.

NachVerdi-Berechnung­en fehlen bundesweit rund 80.000 Pfleger in Kliniken. Allein in Nordrhein-Westfalen sollen es rund 18.000 sein. Jürgen Wasem, Professor an der Universitä­t Duisburg-Essen und renommiert­er Experte für Gesundheit­smanagemen­t, sagte: „Es gibt aktuell kein Instrument, um den tatsächlic­hen Bedarf zu messen. Unstrittig ist aber, dass es in den deutschen Krankenhäu­sern derzeit viel zu wenig Pflegepers­onal gibt.“

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Die Vertreter der Düsseldorf­er Uniklinik, Tanja Fehm und Wolfram Trudo Knoefel, in der alten Chirurgie mit dem offenen Brief.
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