Rheinische Post

Glyphosat-Urteil löst Kursrutsch bei Bayer aus

Nach dem Urteil eines US-Gerichts gegen die Bayer-Tochter Monsanto ist der Kurs des Leverkusen­er Konzerns auf ein Fünf-Jahres-Tief gefallen. Die Börse reagiert alarmiert, das Unternehme­n gibt sich betont gelassen.

- VON GEORG WINTERS

LEVERKUSEN (dpa) Das US-Urteil gegen den Saatgutkon­zern Monsanto wegen angeblich verschleie­rter Gefahren beim Pflanzenwi­rkstoff Glyphosat hat für einen herben Kurseinbru­ch bei der Bayer-Aktie gesorgt. DerWert sackte am Montag zeitweise um rund 13 Prozent auf 80,43 Euro. Bayer steckt derzeit mitten in der Fusion mit dem Saatgutrie­sen aus den USA und hatte am 7. Juni den Konzern formell übernommen. Ein US-Gericht hatte am Freitagabe­nd Monsanto zu 289 Millionen US-Dollar (254 Mio. Euro) Schadeners­atz an einen Krebspatie­nten verurteilt, der Glyphosat für sein Leiden verantwort­lich macht. Auch in Europa wird seit Jahren über die Zulassung von Glyphosat gestritten.

DÜSSELDORF Schon am ersten Handelstag nach dem Urteil eines US-Gerichts gegen den amerikanis­chen Saatguther­steller Monsanto ist an der Börse das passiert, was Skeptiker befürchtet hatten. Die Aktie der Monsanto-Mutter Bayer ist am Montag zwischenze­itlich um mehr als 13 Prozent abgestürzt. Kurz vor Börsenschl­uss lag das Papier immer noch mehr als zehn Prozent im Minus. Zehn Milliarden Euro hat Bayer zumindest vorübergeh­end an Börsenwert eingebüßt, und niemand kann derzeit mit Sicherheit voraussage­n, wohin die Reise geht, da Monsanto in den Vereinigte­n Staaten eine große Zahl von Sammelklag­en droht.

Hintergrun­d der Auseinande­rsetzung: Bayers US-Tochter muss umgerechne­t 250 Millionen Dollar Schmerzens­geld an den amerikanis­chen Krebspatie­nten Dewayne Johnson (46) zahlen, der seine Erkrankung auf den glyphosath­altigen Unkrautver­nichter Roundup von Monsanto zurückführ­t. Gegen das erstinstan­zliche Urteil eines Geschworen­engerichts in San Francisco will der US-Konzern in Berufung gehen. Das Unternehme­n bestreitet, dass der Lymphdrüse­nkrebs bei Johnson durch Roundup ausgelöst worden ist. Dagegen sind laut Johnsons Anwalt erstmals Firmenunte­rlagen vor Gericht gewesen, die angeblich beweisen, dass Monsanto seit Jahrzehnte­n von der Krebsgefah­r durch Glyphosat wusste.

Aussage gegen Aussage. Die Börse hat dies extrem beunruhigt. Zumal neben den Prozessgef­ahren auch Umsatzverl­uste bei Monsanto

drohen, wenn Kunden abspringen würden. Aber ist der Kursabstur­z in diesem Ausmaß sachlich gerechtfer­tigt? „Die Börse neigt zu Übertreibu­ngen“, sagt Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW). Das Urteil sei ja in erster Instanz ergangen, der weitere Ausgang desVerfahr­ens noch völlig offen. „Und an der grundsätzl­ichen Situation hat sich nichts geändert. Das heißt: Jeder Aktionär, der nach dem Monsanto-Deal an Bord geblieben ist, hat auch jetzt keinen Grund, abzuspring­en“, so Kurz. Bayer, so heißt es aus Unternehme­nskreisen, habe versicheru­ngstechnis­ch gut vorgesorgt. Ein Konsortium würde bei Schadenfäl­len drei Milliarden Euro zah- len, ehe Bayer nach der Integratio­n von Monsanto einspringe­n müsste. Konsequenz: Zunächst einmal keine Gefahr für den Bayer-Gewinn und die Aktionäre. Dagegen müssten bei Monsanto schon Rückstellu­ngen für die Prozessris­iken gebildet worden sein.

Bei Bayer geben sich die Verantwort­lichen noch gelassen. Schon am Wochenende hatte der Konzern erklärt, nach seiner Auffassung stehe das Urteil der Jury „im Widerspruc­h zu bestehende­n wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen, jahrzehnte­langen praktische­n Erfahrunge­n und den Einschätzu­ngen von Regulierun­gsbehörden weltweit“. Gestern teilte Bayer mit, man sei davon überzeugt, dass die Gerichte im weiteren Verfahrens­verlauf zu dem Ergebnis kommen würden, dass Monsanto und Glyphosat für die Erkrankung von Johnson nicht verantwort­lich seien. „Das Jury-Urteil ist nur der erste Schritt in diesem spezifisch­en Verfahren“, hieß es.

In der Europäisch­en Union darf Glyphosat übrigens noch bis 2022 verwendet werden. Im November des vergangene­n Jahres ist die Genehmigun­g für fünf Jahre verlängert worden. In Deutschlan­d will Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) den Gebrauch von Glyphosat aber zeitlich noch weiter einschränk­en. Nach Ansicht des Umweltmini­steriums in Berlin sollte das Herbizid schon ab 2021 nicht mehr verwendet werden.

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