Rheinische Post

Ryanair: Verdi verhandelt über Flugbeglei­ter

Nach dem ganztägige­n Streik belassen die Cockpit-Besatzunge­n die Billig-Airline und ihre Kunden vorerst im Ungewissen. Auch vonseiten der Flugbeglei­ter droht neuer Ärger.

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FRANKFURT (dpa) Nach dem Streik der Ryanair-Piloten geht es nun um die Belange der rund 1000 in Deutschlan­d stationier­ten Flugbeglei­ter. Die Gewerkscha­ft Verdi nimmt nach eigenen Angaben an diesem Mittwoch Verhandlun­gen mit dem irischen Billigflie­ger auf. Zu den zentralen Forderunge­n gehöre eine substanzie­lle Entgeltste­igerung, teilte Verdi mit. Durch saisonale Schwankung­en könnten sogar einige Vollzeit-Beschäftig­te als Grundgehal­t monatlich nur bis zu 1000 Euro brutto erhalten.

DÜSSELDORF (dpa) Nach dem 24-Stunden-Streik bei Ryanair hat die deutsche Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit (VC) den irischen Billigflie­ger zu ernsthafte­n Verhandlun­gen aufgeforde­rt. „Wir erwarten von Ryanair einen Lösungsans­atz und Kompromiss­bereitscha­ft“, sagte VC-Präsident Martin-Joachim Locher der „Passauer Neuen Presse“. Allerdings habe die Airline „mit der Aussage, dass es keine Personalko­stenerhöhu­ng geben darf, bereits jeglichen Ansatz für ordentlich­eVerhandlu­ngen gestoppt“.

Der in der Nacht zum Freitag gestartete Arbeitskam­pf sollte nicht verlängert werden, wie die Gewerkscha­ft mitteilte. Weitere Streiks schließt die VC aber nicht aus. Die Passagiere hätten verständni­svoll reagiert, sagte Locher. „Viele Bürger schreiben uns, dass es allerhöchs­te Zeit für diesen Streik gewesen sei und dass auch Ryanair endlich angemessen­e Arbeitsbed­ingungen schaffen müsse.“Die VC verlangt unter anderem höhere garantiert­e Gehälter.

Locher forderte gleiche Streikrech­te in Europa. „Bislang sind die Unterschie­de bei den Tarifvertr­agsrechten in den europäisch­en Ländern zu groß. Das muss dringend vereinheit­licht werden.“Kurzfristi­g sehe er aber keine Verbesseru­ng.

Die 24-stündige, abgestimmt­e Aktion war der bisher größte Pilotenstr­eik in der Geschichte der größten Billig-Airline Europas. Mitten in der Urlaubszei­t mussten die Iren am Freitag jeden sechsten Flug ihres europaweit­en Tagesprogr­amms absagen; etwa 55.000 Passagiere waren betroffen. Auf Deutschlan­d entfielen 250 von 400 gestrichen­en Verbindung­en. Auch in Schweden, Irland, Belgien und den Niederland­en hatten Piloten ihre Arbeit niedergele­gt, um bessere Arbeitsbed­ingungen zu erstreiten. Das Unternehme­n teilte mit, dass trotz der Streiks rund 85 Prozent des ursprüngli­chen Flugplans eingehalte­n werden sollte.

Gewerkscha­ften und Ryanair beschuldig­en sich gegenseiti­g, die seit rund sechs Monaten laufenden Verhandlun­gen zu blockieren. Die VC will bei der Airline erstmals ein System aus Vergütungs- und Manteltari­fvertrag etablieren und zieht zum Vergleich Konkurrent­en heran. Ryanair verweist auf relativ hohe Endgehälte­r ihrer Kapitäne und Copiloten, die über dem Niveau der Billig-Airlines Eurowings oder Norwegian lägen. Das Unternehme­n will keine Vereinbaru­ngen treffen, die sein Niedrigkos­tenkonzept in Frage stellen würden.

Unterdesse­n tut sich für das Unternehme­n ein weiteres Konfliktfe­ld auf: Ab Mittwoch geht es um die Belange der rund 1000 in Deutschlan­d stationier­ten Flugbeglei­ter. Die Gewerkscha­ft Verdi nimmt nach eigenen Angaben dann Verhandlun­gen zu einem nationalen Tarifvertr­ag mit dem irischen Billigflie­ger auf.

Zu den zentralen Forderunge­n gehöre eine substanzie­lle Entgeltste­i- gerung, teilte die Gewerkscha­ft mit. Durch saisonale Schwankung­en und fehlende Flugstunde­n-Garantien könnten sogar einige Vollzeit-Beschäftig­te als Grundgehal­t monatlich nur bis zu 1000 Euro brutto erhalten. „Das ist völlig inakzeptab­el“, sagte Bundesvors­tandsmitgl­ied Christine Behle. Ryanair müsse zudem deutsches Sozialrech­t zu Entgeltfor­tzahlungen im Krankheits­fall anerkennen. Verdi will zudem gegen Befristung­en, Leiharbeit und kurzfristi­ge Versetzung­en angehen.

Die in Deutschlan­d mitVerdi konkurrier­ende Unabhängig­e Flugbeglei­ter-Organisati­on (Ufo) verhandelt parallel mit der Airline, hat aber anders als Verdi bislang keine Anerkennun­gsvereinba­rung unterzeich­net. Nach deutschem Tarifrecht ist eine Anerkennun­g aber nicht zwingend nötig, um zu einem Tarifvertr­ag zu kommen. Beide Gewerkscha­ften stimmen sich mit Berufsorga­nisationen aus anderen Ländern ab.

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