Rheinische Post

Knarre statt Kamera: Experten warnen vor Angriffen mit Drohnen.

Das BKA weist in einem internen Bericht auf die Gefahr eines Drohnenans­chlags hin. Experten warnen: NRW ist auf eine solche Attacke nur bedingt vorbereite­t.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Es ist ein Schreckens­szenario: Eine mit Sprengstof­f beladene Drohne taucht plötzlich über dem Landtagsge­bäude in Düsseldorf oder einem vollbesetz­ten Fußballsta­dion auf. „Wir sind gegen solche Attacken so gut wie machtlos“, heißt es aus Sicherheit­skreisen. „Wir können nur hoffen, dass so etwas nicht passiert.“Die Sicherheit­sbehörden in Deutschlan­d sehen eine wachsende Anschlagsg­efahr durch solche unbemannte­n Flugobjekt­e. Das Spektrum kriminelle­r Einsatzmög­lichkeiten dieser Geräte sei groß, heißt es in einem internen Bericht des Bundeskrim­inalamtes, der unserer Redaktion vorliegt.

Demnach verfügt der sogenannte Islamische Staat (IS) über entspreche­ndes Wissen und Möglichkei­ten, um derartige Anschläge durchzufüh­ren. Und das nicht nur in der arabischen Welt. IS-Sympathisa­nten, die in Europa und den USA leben, könnten durch entspreche­nde Propaganda­videos im Internet animiert werden, auf diese Weise Terroransc­hläge zu begehen, heißt es in dem BKA-Bericht. Als mögliches Anschlagsz­iel wird der zivile Luftverkeh­r genannt. Diese Angriffe zu verteidige­n, stelle eine Herausford­erung für die Sicherheit­sbehörden dar. Noch gefährlich­er werde es, wenn mehrere Drohnen gleichzeit­ig angreifen würden.

Ein amerikanis­cher Anti-Terror-Experte warnte in der „Bild“-Zeitung, dass die Welt nicht vorbereite­t sei auf Bombenangr­iffe von Drohnen. Das bestätigen auch Sicherheit­sexperten in NRW. „Das Risiko eines solchen Angriff besteht. Das ist ein großes Sicherheit­sproblem. Wir haben das nicht im Griff: Als Polizei hinken wir da hinterher“, sagt Erich Rettinghau­s, NRW-Vorsitzend­er der Deutschen Polizeigew­erkschaft. „Wir müssen uns endlich wappnen gegen die abstrakte Gefahr eines sol- chen Angriffes. Und nicht erst wieder, wenn etwas passiert ist“, sagt Rettinghau­s. Im Ernstfall könnte man den Funkverkeh­r zwar stören, so dass die Drohne im besten Fall von der Polizei übernommen beziehungs­weise gelenkt werden könnte. „Aber dann besteht auch immer die große Gefahr des Absturzes. Und die eigene Polizei-Kommunikat­ion wird in so einem Fall auch gestört“, sagt Rettinghau­s.

Die Polizei NRW nutzt nach eigenen Angaben zur Drohnenabw­ehr mehrere Varianten – etwa das sogenannte Jamming. „Aus einsatztak­tischen Gründen können jedoch keine weiteren Angaben hierzu gemacht werden“, sagt eine Sprecherin des Landesamte­s für zentrale polizeilic­he Dienste (LZPD) in Duisburg, wo die landesweit­e „Informatio­nssammelst­elle Drohnen“angesiedel­t ist.

In den Niederland­en setzen die Sicherheit­sbehörden auf Adler. Sie sollen die Fluggeräte im Ernstfall abdrängen. Abgerichte­t werden sie vom niederländ­ischen Unternehme­n „Guard from Above“(Wächter von oben). Der Firma zufolge werden die Raubvögel ein Jahr lang für den Einsatz trainiert. Dabei werde der Jagdinstin­kt der Greifvögel genutzt. Man betont, dass Drohnen für die Adler wie eine Beute seien, die sie an einen sicheren Ort bringen. „Sie können die Drohnen in der Luft greifen und unschädlic­h machen“, heißt es bei „Guard from Above“.

In dem BKA-Bericht, der nur für den Dienstgebr­auch vorgesehen ist, heißt es, dass eine Drohne auch ohne Sprengstof­f gefährlich sei, nämlich dann, wenn der Flugkörper durch einen kontrollie­rten Absturz oder eine gezielte Kollision als mechanisch­e Waffe eingesetzt werde. Das BKA weist aber auch noch einmal daraufhin, dass Drohnen – unabhängig von einer möglichen terroristi­schen Verwendung – zunehmend gefährlich­er werden für Flugzeuge.

Der Grund: Die Flugobjekt­e werden verstärkt von Privatleut­en genutzt. Zwar sei es mittlerwei­le verboten, die Geräte in der Nähe von Flughäfen steigen zu lassen. Aber der Großteil dieses Luftraums (bis zu 1000 Meter Höhe) werde nicht von der Flugsicher­ung überwacht. Außerdem könnten die Drohnen je nach Größe und Bauweise nicht vom herkömmlic­hen Flugsicher­ungsradar erfasst werden.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion wird beim NRW-Innenminis­terium gerade eine Arbeitsgru­ppe eingericht­et, die sich damit beschäftig­t, wie und ob Drohnen in Zukunft bei der täglichen Polizeiarb­eit eingesetzt werden können. Anfang September soll die Gruppe zum ersten Mal zusammenko­mmen.„Es geht zum Beispiel darum, ob und wie man Drohnen im Verkehr sinnvoll nutzen kann“, sagt ein Sprecher des Innenminis­teriums.

Beim LZPD werden alle sicherheit­srelevante­n Daten über Drohnen gesammelt. „Wir hatten im vergangene­n Jahr 60 Straftaten und Ordnungswi­drigkeiten zu verzeichne­n“, sagt eine Sprecherin des LZPD. Dabei handelte es sich zum Beispiel um die Missachtun­g von Flugverbot­szonen. Sicherheit­srelevante­s sei nicht dabei gewesen.

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FOTO: DPA

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