Rheinische Post

Manche Air Berliner fliegen wieder

Ein Jahr nach der Insolvenz von Air Berlin haben 60 Prozent der Mitarbeite­r neue Jobs.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Ein Jahr nach der Insolvenz de Airline haben 60 Prozent der früheren Belegschaf­t wieder einen Job. Eine Demo erinnert heute an den Jahrestag.

Morgen jährt sich der schwärzest­e Tag in der Geschichte der Air Berlin. Anfang August kündigte zunächst der größte Gesellscha­fter, die arabische Etihad überrasche­nd an, der kränkenden zweitgrößt­en deutschen Fluggesell­schaft den Geldhahn zuzudrehen. Dass es der Air Berlin nicht gut geht, war seit vielen Jahren klar. Unter Joachim Hunold wuchs die Gesellscha­ft rasant. Der Billigflie­ger kaufte einen Wettbewerb­er nach dem anderen auf. Zum ursprüngli­chen Segment kamen schnelle Linienflüg­e und mehr hinzu. Schließlic­h erwarb Hunold die traditions­reiche Düsseldorf­er Ferienflug­gesellscha­ft LTU. Dort hatte Hunold einst gelernt. Doch mit dem Kauf hat sich Air Berlin überhoben. Fast zehn Jahre siechte die Gesellscha­ft dahin.

Am 15. August 2017 dann die traurige Gewissheit. Der gerade erst von der Lufthansa zur Air Berlin gewechselt­e Spitzenman­ager ThomasWink­elmann muss zum Amtsgerich­t ge- hen und Insolvenz anmelden. Die Medien sind voll von dieser Nachricht. Durch eine Bürgschaft des Bundes fliegt ein Teil der rot-weißen Jets noch bis zum 28. Oktober. Und doch gilt der morgige 15. August als Schlussdat­um der für Düsseldorf wichtigste­n Fluggesell­schaft.

Ein Jahr nach diesem Datum hat nur ein Teil der Air Berliner trotz boomenden Arbeitsmar­ktes einen neuen Job. Einer von ihnen ist Carsten Franke, der stadtbekan­nt ist, weil er vor sechs Jahren Karnevalsp­rinz war. Franke ist wie kaum ein anderer mit der Luftfahrt verbunden. Einst war er Agent bei der Abfertigun­g am Düsseldorf­er Airport. Dann ging er selber in die Luft, wurde Flugbeglei­ter. Doch das war ihm nicht genug. „Was die Jungs im Cockpit können, das kann ich auch, dachte ich damals“, erinnert sich Carsten Franke. Für 90.000 Euro aus der eigenen Tasche machte Franke 2003 bis 2005 eine Pilotenaus­bildung. Anschließe­nd startete er auf einer Dornier 228 der Dortmunder Luftgesell­schaft Walter – häufig gen Sylt. 2007 dann wurde er Co-Pilot bei der Air Berlin, erst auf der Boeing 737, dann auf dem Airbus A 320. Doch bereits da spürt Franke die Krise der Air Berlin. Für einige Monate wird er an Bangkok Airways„ausgeliehe­n“, die Air Berlin hat zu viele Piloten. Für Luftfahrte­nthusiaste­n Carsten Franke war die Insolvenz nicht überrasche­nd, und doch ein Schock. Sein letzter Flug mit AB-Kennung führte ihn ausgerechn­et von Köln heim nach Düsseldorf, ein Leerflug ohne Passagiere.

Wie die meisten Air Berliner meldet sich Franke arbeitslos. „Bei der Arbeitsage­ntur bietet man mir eine Stelle als Ramp-Agent, einem Pilotenkol­legen kurioserwe­ise einen Job als Lokführer“, sagt Franke. Doch für den Düsseldorf­er sollte sich die Pleite des Arbeitgebe­rs als Chance herausstel­len. Schon am 22. Januar erhält er eine Stelle als Kapitän bei der Fluggesell­schaft Germania, ein Karrieresc­hritt vom Co-Piloten. Franke ist voll des Lobes für den neuen Arbeitgebe­r, die Germania ist kleiner und familiärer, Piloten und andere Mitarbeite­r können ihren Arbeitspla­tz mitgestalt­en, im Unternehme­n duzt man sich. Auch der frühere Air-Berlin-Kapitän (und Besitzer der Brauerei Schlüssel) Karl-Heinz Gatzweiler kommt bei der Germania unter.

Dennoch, ein Jahr nach der Pleite sind 40 Prozent der Air Berliner ohne Job. Unter ihnen Marketing-Experte Karl-Hermann Hansen. Er ist 61. „Ein paar Jahre möchte ich noch arbeiten, aber das Alter ist ein Problem für neue Stellen“, sagt Hansen.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Ex-Air-Berliner Carsten Franke fliegt jetzt als Kapitän für die Fluggesell­schaft Germania.

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