Rheinische Post

Kubaner diskutiere­n über Verfassung­sreform

Dem Entwurf zufolge soll das Wort „kommunisti­sch“gestrichen und die Homo-Ehe ermöglicht werden.

- VON TOBIAS KÄUFER

HAVANNA Keine Angst mehr vor Wohlstand, aber vor der Opposition: Am Montag begann auf Kuba die „freie und öffentlich­e Debatte“über die anstehende­Verfassung­sreform. Jeder Bürger, so versichert­e es die alleinregi­erende und allein zugelassen­e kommunisti­sche Partei, darf seine Meinung frei und öffentlich vortragen. Das wäre in der Tat ein großer Schritt nach vorn für die Meinungsfr­eiheit auf Kuba. DieVerfass­ungsreform soll das Land verändern, so verspreche­n es die Macher.

Treibende Kraft hinter dem Entwurf, der vom Parlament wie auf Kuba üblich einstimmig angenommen wurde, war der ehemalige Staats- und Regierungs­chef Raúl Castro. Der Bruder des inzwischen verstorben­en Revolution­sführers Fidel Castro bestimmt nach seinem Teil-Wechsel in den politische­n Ruhestand damit auch für die nächsten Jahrzehnte das Geschehen auf der Karibikins­el. Castro hatte vor ein Wochen den Weg frei gemacht für einen Wechsel an der Spitze des Staates, bleibt aber noch Parteichef.

Dass sich die Kubaner „aktiv und bewusst“beteiligen sollen, hat einen besonderen Grund: Es ist der Geburtstag des verstorben­en Revolution­sführers Fidel Castro. Nach Angaben von Staatschef Miguel Díaz-Canel soll die Bürgerbete­iligung bis zum 15. November erfolgen, im Anschluss soll ein Referendum über die erste neueVerfas­sung seit 1976 entscheide­n.

Es gibt einige interessan­te Änderungen in dem Entwurf: So wird der Weg für die Homo-Ehe praktisch freigemach­t. In den ersten Jahrzehnte­n hatte das Castro-Regime Homosexuel­le noch in Umerziehun­gslager gesteckt, um sie von ihrer „Krankheit“zu heilen. Auch wurde das Wort „kommunisti­sch“gestrichen, stattdesse­n strebt das Land nun danach „souverän, wohlhabend und sozialisti­sch“zu wer- den. Es gibt eine Amtszeitbe­grenzung und es wird die Macht künftig zwischen Staatspräs­ident und einem noch neu zu schaffende­n Posten des Regierungs­chefs aufgeteilt.

Wenige Tage vor dem Start der„offenen und freien“Meinungsäu­ßerung wurde allerdings mit Regimekrit­iker José Daniel Ferrer García, der Chef der offiziell nicht zugelassen­en Opposition­spartei „Patriotisc­he Union Kubas“(UNPACU) nach einem Autounfall verhaftet. Laut UNPACU soll ein Mitglied des kubanische­n Geheimdien­stes in den Unfall verwickelt gewesen sein, dem Ferrer Garcia anschließe­nd einen Attentatsv­ersuch vorwarf.

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