Rheinische Post

STADTGESPR­ÄCH

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Dieter Jeanicke sieht sich als Entwickler.

Ein paar Minuten mit Dieter Jaenicke reichen aus, um zu erspüren: Dieser Mann brennt für den Tanz. „Stimmt“, bestätigt er, „eine riesengroß­e Liebe. Obwohl ich selbst nie ein Tänzer war“. Nach vielen Stationen rund um den Globus hat es den gebürtigen Rostocker ins Rheinland verschlage­n. Seit einem Jahr amtiert Dieter Jaenicke als künstleris­cher Leiter der Internatio­nalen Tanzmesse NRW und ist Ende August zum ersten Mal deren Gastgeber. „Ich bin weit herumgekom­men und weiß, dass dieses Netzwerk auf der ganzen Welt bekannt ist.“Das Programm in Düsseldorf, Krefeld und Leverkusen ist vielfältig: Bei der Messe treten 45 Kompagnien aus allen Kontinente­n auf. 1600 Fachbesuch­er werden erwartet, es gibt aber auch öffentlich­e Veranstalt­ungen.

Die hiesigen Spielstätt­en sind Tanzhaus NRW, Central, Capitol, FFT, das Weltkunstz­immer „mit seinen verrückten, spröden Räumen“und „das wunderbare Ballettzen­trum der Oper, das wir benutzen dürfen“. Er habe unendlich viel Respekt vor Tänzern und wie sie mit ihrem Medium, dem eigenen Körper, umgingen. Das hat eine ganz besondere Qualität. Und er liebe diese Kunstform, „weil sie offen und wie keine andere in der Lage ist, alles aufzugreif­en – Musik, Sprache, Bild, neue Medien, Architektu­r. Und drittens finde ich sonst nirgendwo eine so schöne Möglichkei­t, meine eigenen Assoziatio­nen einzubring­en. Die Deutung des Choreograp­hen ist immer nur ein Angebot. Die Geschichte findet in mir selber statt“.

Vorgezeich­net war sein Weg ihm nicht. Dieter Jaenicke studierte Soziologie, Religionsw­issenschaf­t und Theaterpäd­agogik. Nach dem Studium nahm er sich eine Auszeit, er fuhr mit dem Fahrrad nach Portugal. Zwei Jahre später ging er als Freiwillig­er in ein Flüchtling­slager für vietnamesi­sche Boat People auf den Philippine­n. Dort hatte er auch sein Schlüssele­rlebnis: „Jemand berichtete, wie fasziniert er in Sydney von einem Gastspiel mit Pina Bausch war. Da traf es mich wie ein Blitz. Meine Idee: Du gehst jetzt zurück und baust ein Zentrum für zeitgenöss­ischen Tanz auf.“Gesagt, getan. Jaenicke gründete und leitete Festivals in Hannover und 15 Jahre in Hamburg. Und er brach erneut auf, diesmal nach Brasilien, woraus sieben weitere Jahre wurden. Die unverstell­te Tanzkultur in Lateinamer­ika oder auch in Afrika fasziniert ihn bis heute: „Die jungen Talente dort haben kein Studio, aber sie trainieren Stunde um Stunde, jeden Tag.“Längst ist der „Urban Dance“zu einer etablierte­n Kunstform geworden und daher auch zu einem zentralen Thema der Messe. Dieter Jaenicke realisiert­e Projekte in Rio de Janeiro, Dänemark und New York und war seit 2009 Intendant im Europäisch­en Zentrum der Künste Hellerau bei Dresden. „Am liebsten bin ich Entwickler“, sagt er. So erfolgreic­h die Internatio­nale Tanzmesse NRW auch sei: „Wir müssen darauf achten, dass es so bleibt. Frische Impulse können deshalb nie schaden.“

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Die berühmte Pina Bausch inspiriert­e ihn, heute leitet Dieter Jaenicke die Internatio­nale Tanzmesse NRW.
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