Rheinische Post

„Auch ein Moderator ist nicht perfekt“

Demnächst ist der 47-Jährige mit zwei neuen Shows zu sehen. Vorab spricht er über den Cantz-Faktor und seine Omnipräsen­z auf allen Bühnen.

- J. ISRINGHAUS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

KÖLN Dem Karneval hat Guido Cantz viel zu verdanken. Dort begann die Karriere des wahlblonde­n Kölners, und dort tummelt er sich jedes Jahr aufs Neue. Längst ist er aber auch eines der Aushängesc­hilder der ARD, moderiert neben „Verstehen Sie Spaß?“demnächst eine Neuauflage der „Montagsmal­er“und ab Freitag im WDR „Für immer Kult“– eine Retroshow.

Was fasziniert Menschen an der Vergangenh­eit?

Guido Cantz Dass man mit Gegenständ­en oder Titelmelod­ien von Serien viele Erinnerung­en verbindet. Bei dem Lied war ich 1996 am Gardasee im Urlaub, weißte noch, heißt es dann. Das ist der Reiz, dass man zurückblic­kt, auch verklärt und sagt: Ach Mensch, das war toll – die gute alte Zeit.

Sind Sie selbst jemand, der gerne zurückscha­ut?

Cantz Zumindest nicht mit Wehmut. Ich bin jetzt am Sonntag 47 geworden und finde das in Ordnung. Wenn ich dann so alte Bilder sehe, denke ich, mein Gott, wie hast du ausgesehen auf der Abifahrt nach London. Dann freue ich mich sogar, dass wir 2018 haben.

Haben Sie bestimmte Retro-Vorlieben? Etwa für Musik oder Autos? Cantz Natürlich finden viele meiner Freunde jetzt, jenseits der 50, plötzlich alte Autos toll. Die sagen dann: Super, so ein alter Käfer. Ich bin für ein Foto-Shooting vor kurzem so einen alten Wagen gefahren. Das war zwar ganz cool, aber überhaupt nicht komfortabe­l. Jeden Tag hätte ich keine Lust dazu.

Aber einen Lieblingsf­ilm müssen Sie doch haben.

Cantz Auch da tue ich mich immer schwer. „Blues Brothers“ist einer meiner Kultfilme, bei dem ich die Dialoge mitspreche­n kann. Und dessen Musik mir gut gefällt.

Ich würde den Spieß gerne mal umdrehen und Ihnen ein paar Retro-Fragen stellen.

Cantz Ich bin gespannt.

Wann gab es autofreie Sonntage? Cantz Ja, uuh, ich sag jetzt mal: 1974.

Ganz knapp: 1973. Michael Jacksons „Thriller“, wann erschienen? Cantz Ich würde sagen: 1989.

1982. Zum Film: Saturday Night Fever?

Cantz Könnte 1977 gewesen sein. Sehr gut. 1977 in USA, 1978 in Deutschlan­d. Erstes GSM-Handy? Cantz Ich hatte mein erstes 1994, also sag ich mal 1993.

Haarscharf, 1992. Zurück zum Thema. Sie haben keine Probleme, sich an bewährte Formate heranzuwag­en, etwa den Unterhaltu­ngs-Klassiker „Verstehen Sie Spaß?“. Bald sind Sie mit einer Neuauflage der „Montagsmal­er“im SWR zu sehen. Wie gehen Sie da ran? Mit viel Respekt?

Cantz Respekt sollte man immer haben. Das sind ja auch Sendungen, die ich als Kind geguckt habe. Ich finde beides wichtig: Respekt, aber auch denWillen, etwas zu erneuern, zu modernisie­ren. Das ist meine Herangehen­sweise. Was mich aber am meisten bewogen hat, die„Montagsmal­er“zu machen, ist der Umstand, dass ich mal etwas mit Kindern drehen wollte. Kinder ticken einfach anders als Erwachsene, denen ist es egal, ob die Kamera läuft oder nicht.

Woran liegt es, dass sich solche Konzepte so lange halten?

Cantz Ich glaube, wenn etwas gut ist, hat das nichts mit dem Alter zu tun. Qualität setzt sich immer durch. Wahrschein­lich gibt es außerdem gerade einen Retro-Trend, das sieht man ja an anderen Shows. Ich habe übrigens bereits vor etlichen Jahren im Sender bekundet, die Montagsmal­er moderieren zu wollen, da war das aber noch kein Thema. Vielleicht fällt den Produzente­n auch nichts Neues mehr ein. „Verstehen Sie Spaß?“läuft ja auch schon Jahrzehnte.

Cantz Fairerweis­e muss man sagen, es gibt immer noch viele Quizsendun­gen, und die gab es in den 60er-Jahren auch schon. Und die waren auch nicht anders als heute. Ich glaube schon, dass sich viele Produzente­n und Entwickler neue Sachen einfallen lassen, und es gibt genauso viele neue wie alte Shows. Wobei es schwer ist, etwas zu bieten, was es noch nie gegeben hat. Bestandtei­le von Sendungen hat man meistens schon irgendwo gesehen. Wenn es den Leuten gefällt, ist es mir persönlich egal, wie alt das Konzept ist.

Sie sind ja demnächst omnipräsen­t im Fernsehen. Was ist der Cantz-Faktor, den Sie in Shows einbringen?

Cantz Weiß ich nicht. Ich bin natürlich jemand, der seit Ewigkeiten auf der Bühne steht und Leute unterhält. Ich habe halt auch ein Comedy-Programm, das haben nicht alle Moderatore­n. Ich finde es immer schön, eine Moderation mit Humor zu verbinden, ein klassische­r Conferenci­er zu sein. Ich war zudem immer fleißig und hoffe, gut mit meinem Team umgegangen zu sein. Den Cantz-Faktor aber müssen andere beziffern, das ist für mich ein wenig schwierig.

Sie machen das Kleine wie das Gro-

ße, etwa „Verstehen Sie Spaß?“. Die Samstagabe­ndshow wird ja als Format generell in Frage gestellt. Sehen Sie das auch so?

Cantz Ich kann das so nicht erkennen. Im Ersten haben wir sehr erfolgreic­he Samstagabe­ndformate. Wir hatten letztes Mal mehr als 17 Prozent bei den jungen Leuten. Das gibt es in der ARD ganz, ganz selten. Wir haben es geschafft, sehr viele junge Leute für „Verstehen Sie Spaß?“zu interessie­ren. Das ist das, was ich wollte, als wir angefangen haben, und da sind wir auf einem gutenWeg. Den Samstagabe­nd kaputt zu reden, daran glaube ich nicht, und andere Sender wie zum Beispiel ProSieben bedienen das Format ja ebenfalls.

Bleibt bei Ihren Verpflicht­ungen noch Zeit fürs Private? Sind Sie vielleicht ein Workaholic, oder ist die Belastung nur phasenweis­e? Cantz Ich würde sagen phasenweis­e, weil es immer wieder Phasen gibt, in denen ich mir eine Auszeit nehme. Ich brauche Zeiten, um den Akku aufzuladen. Im Januar, Februar mache ich Karneval, danach kommt viel Fernsehen. Danach geht es auf Tournee, dann stehen die „Montagsmal­er“an, danach „Verstehen Sie Spaß?“Mir wird’s nicht eintönig. Ich glaube, wenn ich nur eine Sache machen dürfte, dann hätte ich eher das Problem, dass mir langweilig werden würde.

Die Work-Life-Balance stimmt aus Ihrer Sicht also noch?

Cantz Ich habe mir schon ein paar Inseln in meinem Kalender gebaut, für Sport und für die Familie. Das muss schon stimmen. Sonst würden meine Frau und mein Sohn sagen, den Papa nur auf dem Fernsehsch­irm zu sehen, das reicht nicht.

Was ist denn am meisten Ihr Ding? Cantz Ich glaube, live bin ich ganz gut. Egal, ob das jetzt Fernsehen ist oder Bühne. Ich bin gerne live. Leider wird das immer weniger. Ich finde gerade das Unkontroll­ierbare oder das aus dem Ruder Laufende ganz spannend.Wenn etwas Unvorherge­sehenes passiert und man nicht perfekt darauf reagiert, dann mögen die Zuschauer das oft, weil es zeigt: Niemand ist perfekt, auch ein TV-Moderator nicht.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Die blonden Haare und das breite Lächeln sind sein Markenzeic­hen: Guido Cantz ist eines der Aushängesc­hilder der ARD.
FOTO: IMAGO Die blonden Haare und das breite Lächeln sind sein Markenzeic­hen: Guido Cantz ist eines der Aushängesc­hilder der ARD.

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