Rheinische Post

Bayer: 8000 Glyphosat-Klagen in USA

Die Zahl der Rechtsstre­itigkeiten wegen des umstritten­en Pflanzensc­hutzmittel­s ist seit Juni um mehr als 50 Prozent gestiegen. Trotzdem gibt sich Bayer-Chef Werner Baumann zuversicht­lich mit Blick auf weitere Gerichtspr­ozesse.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Die Unruhe war groß an den Finanzmärk­ten, als ein Gericht in Kalifornie­n vor zweiWochen die neue Bayer-Tochter Monsanto zu einer Schadenser­satzzahlun­g von 289 Millionen Dollar (249 Millionen Euro) an einen an Krebs erkrankten Mann verurteilt hatte. Der Patient hatte Glyphosat für sein Leiden verantwort­lich gemacht. So sah das auch das Gericht. Der Kurs der Bayer-Aktie stürzte daraufhin ab. Und zwar mehr als einmal.

Bayer-ChefWerner Baumann gibt sich dennoch sehr zuversicht­lich. Die Entscheidu­ng in San Francisco sei ein erstinstan­zliches Urteil, sagte Baumann am Mittwoch in einer Telefonkon­ferenz gegenüber Analysten. Auch wenn man mit dem krebskrank­en Mann fühle, werde Bayer in Berufung gehen und sich entschiede­n verteidige­n. Baumann rechnet damit, dass die Wissenscha­ft am Ende siegen werde. Er verwies im- mer wieder auf 800 wissenscha­ftliche Studien, Untersuchu­ngen und andere Quellen, die zu einem gegenteili­gen Urteil gekommen seien, nämlich dem, dass Glyphosat nicht krebserreg­end sei. Daran ändere auch das noch nicht rechtskräf­tige Urteil eines Gerichts in einem Fall nichts. Und das zeige auch die langjährig­e Erfahrung vieler Bauern mit dem Mittel: Glyphosat sei von unschätzba­rer Bedeutung und sicher. Außerdem hätten auch verschiede­ne Regulierun­gsbehörden diese Einschätzu­ng bestätigt. „Wir sind darauf eingestell­t, das Produkt energisch zu verteidige­n.“

Er sei sehr optimistis­ch, was die Zukunft des gemeinsame­n Geschäfts von Bayer und Monsanto angehe, sagte Baumann. Die Leverkusen­er hatten den US-amerikanis­chen Konzern für etwa 63 Milliarden Dollar übernommen, bis vor wenigen Tagen durfte Bayer-Chef Baumann sich jedoch noch nicht zu der neuen Tochter äußern, da erst dann offiziell die Integratio­n begonnen hat. Nun aber gibt er sich kämpferisc­h.

Doch Baumanns Sicht der Dinge ist nur die eine Seite. Inzwischen sieht sich Monsanto nämlich in den USA 8000 Klagen gegenüber – ein sprunghaft­er Anstieg seit Ende Juni. Damals waren es noch rund och 5200 gewesen. Rückstellu­ngen für Schäden habe man noch nicht eingeplant, sondern nur für die voraussich­tlichen Kosten der Verteidigu­ng, erklärte Bayer-Finanzvors­tand Wolfgang Nickl. Wie stark Bayer vorsorgt, das will Nickl bei der Vorlage der Quartalsbi­lanz am 5. September mitteilen. Der Absatz von Glyphosat leide jedenfalls nicht, sagte Vorstandsm­itglied Liam Condon. Denn die Nachfrage hänge von Wachstumsb­edingungen ab und nicht von der Entscheidu­ng eines Gerichts in Kalifornie­n. Ende Oktober steht das nächsteVer­fahren vor einem Gericht in Missouri an.

Bayer-Chef Baumann freut sich auf die Zusammenar­beit mit Monsanto im nun weltweit führenden Agrarkonze­rn. Seitdem Bayer nun den vollen Einblick in die Bücher Monsantos hat, sei man nicht böse überrascht worden, es gebe keine „smoking gun“, so Baumann. An der Strategie änderten die offenen Klagen wegen Glyphosat jedenfalls nichts. Ab dem Jahr 2022 sind weiterhin jährliche Beiträge zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibu­ngen sowie vor Sondereinf­lüssen von 1,2 Milliarden Dollar geplant, die sich aus Einsparung­en nach dem Zusammensc­hluss der beiden Unternehme­n ergeben.

Dafür hatten beide Unternehme­n sich von verschiede­nen Sparten trennen müssen. Davon hatte auch der Ludwigshaf­ener Chemiekonz­ern BASF profitiert, der von Bayer unter anderem das Saatgutges­chäft und einen Teil des Herbizid-Geschäfts übernommen hatte – im Gesamtvolu­men von 7,6 Milliarden Euro.

 ?? FOTO: DPA ?? Zentrale in St. Louis
FOTO: DPA Zentrale in St. Louis

Newspapers in German

Newspapers from Germany