NRW will Lehrer umverteilen
Das Gymnasium ist überlaufen, anderswo bleibt die Hälfte der Stellen unbesetzt.
DÜSSELDORF NRW verstärkt seine Bemühungen, Gymnasiallehrer für andere Schulformen zu gewinnen. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) stellte einen Sechs-PunktePlan vor, mit dem der Lehrermangel bekämpft werden soll. Dazu gehört ein Angebot an Lehrer, deren Lehrbefähigung auch für die Oberstufe gilt, für vier Jahre in der Sekundarstufe I zu unterrichten, also etwa an Haupt-, Real-, Sekundar- oder Gesamtschulen. Danach sollen sie an ein Gymnasium wechseln können.
Gebauer hat dafür nach eigenen Angaben 5000 Lehrer angeschrieben. Ein ähnliches Angebot hatte sie 2017 bereits 2400 Lehrern gemacht, die sie für zwei Jahre an einer Grund- schule gewinnen wollte. 153 Lehrer gingen bisher darauf ein.
Während es für das Oberstufen-Lehramt, also für Gymnasien und Gesamtschulen, in den kommenden zehn Jahren voraussichtlich 16.000 Absolventen zu viel gibt, fehlen an Grundschulen, in der Sekundarstufe I, an Berufskollegs und Förderschulen rund 15.000 Lehrer. Dieses Missverhältnis führt auch dazu, dass das Land 2018 bisher nur knapp zwei Drittel der 9623 offenen Stellen an Schulen besetzen konnte.
„Wir müssen an vielen Stellschrauben drehen“, sagte Gebauer. Sie sei aber zuversichtlich, auf diese Weise die Lage „Schritt für Schritt zu verbessern“. Teil des Pakets ist auch, dass Seiteneinsteiger leichter eingesetzt werden kön- nen. So sollen Master-Absolventen von Fachhochschulen an Berufskollegs aushelfen. Zudem will Gebauer mit finanziellen Anreizen Pensionäre überzeugen, ihren Ruhestand hinauszuschieben. Zur Frage, ob sie etwa Grundschullehrer gleich besolden will wie Einsteiger am Gymnasium, also nach der Stufe A 13, sagte Gebauer: „Die Beantwortung dieser Frage wird nicht allein die Lücke schließen.“
„Wir fordern ab sofort gleichen Lohn für gleiche Arbeit“, sagte Stefan Behlau, Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert eine einheitliche Besoldung an den verschiedenen Schulformen.
Eins muss manYvonne Gebauer lassen: Die nordrhein-westfälische Schulministerin hat beim Kampf gegen den Lehrermangel, der eigentlich eine Lehrerfalschverteilung ist, bewiesen, dass Bürokratie und Kreativität kein Widerspruch sein müssen. Wer Gebauer Böses will, könnte allerdings sagen: Die Kreativität ist ein Ausweis der Verzweiflung. Die Ministerin selbst hält ihren Sechs-Punkte-Plan für eine Art Treppe: Schritt für Schritt aufwärts. Die Wahrheit dürfte in der Mitte liegen. Ja, es sind nur Notnägel, die Gebauer präsentiert; die Kritik trifft zu. Aber immerhin ist es eine ganze Handvoll Notnägel.
Dass allein mit Kreativität die riesige Lücke zu schließen ist, die sich in den nächsten Jahren auftut, dürften freilich nur die größten Optimisten glauben. Es braucht dafür noch etwas anderes – ja, richtig: Geld. Die Einzelmaßnahmen sind finanziell alle eher kleine Fische. Bisher weicht Gebauer der Frage nach gleicher Besoldung an allen Schulformen aus. Es ist, sofern man nicht Finanzminister ist, kein vernünftiger Grund zu erkennen, an der Ungleichbehandlung festzuhalten. Dazu ist das Thema zu wichtig.