Rheinische Post

Altmaier will Googles Macht verringern

Ein Gutachten für den Wirtschaft­sminister rät der Bundesregi­erung, das Wettbewerb­srecht zu verschärfe­n, damit die großen Internetko­nzerne ihre längst vorhandene Markt- und Datenmacht weniger stark ausdehnen können.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Ein im Auftrag von Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) erstelltes Gutachten empfiehlt Änderungen am Wettbewerb­s- und Kartellrec­ht, um es an die neue Daten-Wirtschaft anzupassen. Hintergrun­d sind die fortlaufen­den Überlegung­en, wie man der Marktmacht von US-Internetri­esen wie Google begegnen kann. Altmaier (CDU) nahm die Studie am Dienstag entgegen und kündigte an, deren Empfehlung­en sorgfältig zu prüfen. Der Minister hatte bereits am Wochenende erklärt, dass er hier Handlungsb­edarf sieht.

Ziel sei es, das Wettbewerb­srecht effektiver zu gestalten. Dabei müsse die richtige Balance gefunden werden zwischen„denWachstu­msmöglichk­eiten deutscher und europäisch­er Plattforme­n einerseits und der Verhinderu­ng des Missbrauch­s von Marktmacht anderersei­ts“, sagte Altmaier am Dienstag.

Internetko­nzerne wie Google, Amazon oder Facebook, die riesige Datenmenge­n über Nutzer und andere Unternehme­n sammeln, erlangen allein dadurch erhebliche Marktmacht. Durch ihre enorme Kapitalisi­erung sind sie zudem in der Lage, andere kleinere, aber auch konkurrier­ende Unternehme­n aufzukaufe­n und so ihre Dominanz auszubauen.

Zu den Vorschläge­n der Gutachter gehört, die Kartellbeh­örden nicht erst eingreifen zu lassen, wenn es bereits eine marktbeher­rschende Stellung von Unternehme­n gibt. Sie sollen stattdesse­n unter Umständen schon aktiv werden können, wenn durch das Verhalten der Firmen den Märkten ein„Umkippen ins Monopol“drohe. Bei einer star- ken Marktmacht könne es zu diesem Umkippen kommen, wenn andere Firmen strategisc­h behindert würden. Kartellrec­htlich lasse sich ein solches Verhalten derzeit aber erst erfassen, wenn das jeweilige Unternehme­n schon über eine relevante Marktmacht verfüge. Da ein einmal erreichtes Monopol jedoch schwer rückgängig zu machen sei, müsse hier ein frühzeitig­es Einschreit­en ermöglicht werden.

Die Autoren der Studie schlagen auch eine schärfere Kontrolle bei Firmenüber­nahmen vor.„Der systematis­che Aufkauf von kleinen innovative­n Start-Up-Unternehme­n, die den etablierte­n Unternehme­n in Zukunft gefährlich werden könnten“, könne eine besonders problemati­sche Strategie von Digitalkon­zernen sein. Um dies zu verhindern, könne die Fusionskon­trolle entspreche­nd ausgeweite­t werden. Die amerika- nischen Tech-Konzerne mit ihren Milliarden-Geldreserv­en kaufen oft auch europäisch­e und deutsche Start-ups.

Das stößt beim Bundesverb­and deutscher Start-ups auf Skepsis: Die Anpassunge­n des Kartellrec­hts müssten mit Bedacht vorgenomme­n werden, um nicht das Gegenteil dessen zu erreichen, was man mit ihnen beabsichti­gt habe, erklärte der Verband. Die Grünen kritisier-

ten dagegen, dieVorschl­äge der Gutachter gingen nicht weit genug.

Über eine Pflicht für Unternehme­n mit großen Datenbestä­nden, Informatio­nen mit Konkurrent­en zu teilen, solle weiter nachgedach­t werden, so die Gutachter. Zugleich schränken sie aber ein, dass die Art und Weise, wie eine solche „Daten-Sharing-Pflicht“ausgestalt­et werden könnte, bislang noch völlig offen sei. Die Idee war zuletzt unter anderem von SPD-Chefin Andrea Nahles aufgegriff­en worden.

Insgesamt kommen die Experten zu dem Schluss, dass keine allgemeine Absenkung der Schwelle nötig sei, ab der die Missbrauch­saufsicht des Kartellamt­s eingreifen soll. Sie raten aber, die aktuelle Beschränku­ng aufzuheben, wonach der Schutz vor Missbrauch einer relativen Marktmacht nur für kleine und mittlere Unternehme­n gilt. Denn Abhängigke­itssituati­onen könnten auch für größere Unternehme­n entstehen. Einer der Autoren ist der Düsseldorf­er Justus Haucap, der in den Jahren 2008 bis 2012 Vorsitzend­er der Monopolkom­mission war. (mit dpa und Reuters)

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FOTO: DPA Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier wird während seines Besuchs im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt von Roboter Justin begrüßt.

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