Rheinische Post

UN-Index: Deutschlan­d bei Lebensqual­ität auf Platz fünf

- VON GERD HÖHLER

GENF/NEWYORK (epd) Im weltweiten Vergleich lebt es sich in Norwegen am besten. Der ölreiche skandinavi­sche Wohlfahrts­staat belegt wie in den Vorjahren den ersten Platz des Indexes der menschlich­en Entwicklun­g für Lebensqual­ität 2017, den das UN-Entwicklun­gsprogramm (UNDP) in New York veröffentl­ichte. Auf Platz zwei des Indexes liegt die Schweiz. Es folgen Australien, Irland und Deutschlan­d als fünftes Land. Global sei ein Trend zu einer stetig steigenden Lebensqual­ität zu verzeichne­n, betonte UNDP-Exekutivdi­rektor Achim Steiner. Heute umfasse die Gruppe mit einer sehr hohen menschlich­en Entwicklun­g 59 Länder und Territorie­n, vor acht Jahren seien es 46 gewesen.

Anderersei­ts teilten zu viele Menschen in zu vielen Ländern ein tragisches Schicksal, das von Ungleichhe­it und verlorenen Chancen geprägt sei, sagte Steiner. Die letzten fünf Plätze belegen Burun- di, Tschad, der Südsudan, die Zentralafr­ikanische Republik und als Schlusslic­ht Niger.

Insgesamt wurden 189 Länder und Territorie­n für den Index der menschlich­en Entwicklun­g bewertet und auf der Rangliste platziert. Kriterien sind die Lebenserwa­rtung, das Bildungsni­veau und das Einkommen.

Auf den Positionen sechs bis zehn der Tabelle finden sich Island, Hongkong, Schweden, Singapur und die Niederland­e. Seit 2010 hat es bei den vorderen Rängen nur geringfügi­ge Änderungen gegeben. Die USA kommen auf Position 13, direkt darauf folgt Großbritan­nien als Nummer 14. Frankreich erreicht Platz 24. Drei arabische Länder, in denen bewaffnete Konflikte toben, schneiden in dem Ranking schwach ab: Die UNDP-Experten positionie­ren Libyen auf Rang 108, Syrien findet sich auf Platz 155 und der Jemen ist auf dem Index Land Nummer 178. ATHEN Was Gesundheit­sinspektor­en jetzt im Flüchtling­slager Moria auf der griechisch­en Ägäisinsel Lesbos notierten, liest sich wie ein Report aus einem Land der Dritten Welt: „Unkontroll­ierbare Mengen von Abfall“und „überquelle­nde Müllcontai­ner“fanden die Prüfer. Stinkende Fäkalien aus gebrochene­n Toilettenr­ohren fließen durch das Camp, ergießen sich in einen Bach und auf die nahegelege­ne Landstraße. Mücken und Ungeziefer überall.

Seit Jahren prangert Christiana Kalogirou, Regionalpr­äfektin der nördlichen Ägäis, die katastroph­alen Zustände in Moria an. Bewirkt haben die Proteste bei der Regierung in Athen wenig. Jetzt macht die Politikeri­n Druck: Das Lager sei „ungeeignet“sowie „gefährlich für die öffentlich­e Gesundheit und die Umwelt“, stellt die Präfektin in einem Schreiben an Migrations­mi-

nister Dimitris Vitsas fest. Wenn die Mängel nicht innerhalb von 30 Tagen beseitigt sind, werde sie das Lager schließen lassen, so der Beschluss der Präfektin.

Moria ist einer von fünf so genannten Hotspots. In diesen Auffanglag­ern auf den Inseln Lesbos, Kos, Samos, Chios und Leros werden Flüchtling­e und Migranten, die in Schlauchbo­oten aus der Türkei über die Ägäis kommen, registrier­t. Sie müssen so lange in den Lagern bleiben, bis über ihre Asylanträg­e entschiede­n ist. Weil es aber an Personal fehlt, ziehen sich die Asylverfah­ren unendlich hin. Manche Antragstel­ler sitzen bereits seit zwei Jahren in den Hotspots fest. Zugleich steigt die Zahl der Neuankömml­inge stark: Von Januar bis Juni kamen 22.936 Flüchtling­e und Migranten aus der Türkei nach Griechenla­nd. Das waren rund vier Mal so viele wie im ersten Halbjahr 2017.

Noch im Juli hatte Migrations­mi-

nister Vitsas versproche­n, er werde die überfüllte­n Lager auf den Inseln entlasten und mehr Asylsuchen­de aufs Festland umsiedeln. Bis zum September sollte die Zahl der Lagerbewoh­ner auf den Inseln nicht größer als 10.000 sein, kündigte Vitsas vor zwei Monaten an. Damals leb-

ten in den Insellager­n 17.800 Menschen. Inzwischen sind es über 20.000. Allein im Lager Moria hausen 8800 Menschen – ausgelegt ist das Camp für 3100.

Seit langem gilt das Lager als Schandflec­k. In einem diese Woche publiziert­en gemeinsame­n offenen Brief von 19 Hilfsorgan­isationen an die Athener Regierung ist von „beschämend­en Zuständen“die Rede: Es gebe zu wenig Personal, die Unterkünft­e seien überfüllt, die sanitären Einrichtun­gen und die medizinisc­heVersorgu­ng unzureiche­nd.Wie er die drohende Schließung des Lagers durch die Regionalbe­hörde abwenden will, hat Migrations­minister Vitsas bisher nicht erklärt. Möglicherw­eise hält er das Ultimatum für eine leere Drohung. Tatsächlic­h ist schwer vorstellba­r, wie die Präfektin Kalogirou eine Schließung des Lagers durchsetze­n will. Eine Räumung würde wohl im Chaos enden – wohin mit den Menschen?

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FOTO: REUTERS Ein syrischer Junge im November vor einem Zelt nahe Moria.

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