Umstiegsprämien für Dieselfahrer
Vor drei Jahren flog der Dieselskandal auf. Die Aktie ist seither auf Berg- und Talfahrt. Verkehrsminister Scheuer will keine Pflicht der Hersteller zur Motoren-Nachrüstung, doch er fordert von ihnen mehr Engagement.
BERLIN Besitzer älterer Dieselfahrzeuge sollen nach dem Willen von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit neuen Angeboten zum Umstieg auf sauberere Autos bewegt werden. „Die Autohersteller sind hier zwingend in der Pflicht“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die bisherigen Kaufprämien seien „offenbar nicht attraktiv genug“, die Hersteller müssten nachbessern. Im Kampf gegen Luftverschmutzung und Fahrverbote äußerte der CSU-Politiker erneut Bedenken gegen Hardware-Nachrüstungen an älteren Pkw, schloss sie aber auch nicht aus. „Wir denken nach allen Seiten“, sagte Scheuer. Der Dieselskandal war vor drei Jahren bekannt geworden.
Nach einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel hatte Scheuer am Freitag ein neues Konzept angekündigt, zu dem neben Anreizen für den Umstieg auf sauberere Autos auch„technische Lösungen“für Bestandsfahrzeuge gehören könnten. Es soll in dieser Woche im Verkehrsministerium erarbeitet werden. Unklar ist, wie die Hersteller dazu bewegt werden sollen, sich über die laufenden Software-Updates an 6,3 Millionen Autos und bereits angebotenen Umstiegsprämien hinaus zu beteiligen. Die Software-Updates sollen den Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxide um 25 bis 30 Prozent reduzieren, Kritiker nennen das aber unrealistisch.
In Stuttgart und Frankfurt hatten Verwaltungsgerichte unlängst bereits Fahrverbote für ältere Diesel angeordnet, die die zulässigen EU-Grenzwerte für Stickoxid überschreiten. Fahrverbote drohen auch in anderen Städten, da die Gerich- te eine Gesundheitsgefahr insbesondere für Ältere und Kinder erkennen. Innerhalb der Bundesregierung drängt die SPD auf eine Nachrüstung der Motoren auf Kosten der Hersteller. Die Union hatte sich lange dagegen gestemmt, allerdings bröckelt dieser Widerstand.
Das SPD-geführte Umweltministerium kritisierte Scheuers Einschätzung, dass von rund 5,5 Millionen Diesel-Pkw der Abgasnorm Euro 5 nur bei „bestenfalls zwei Millionen“die Abgasreinigung direkt am Motor nachgebessert werden könne. Aus Sicht des Umweltressorts gebe es solche belastbaren Zahlen nicht. Einig sei man sich, dass die 3,1 Millionen älteren Euro-4-Diesel nicht technisch nachrüstbar seien. Hier könne eine Umstiegsprämie eine Lösung sein. Ein Sprecher des Umweltministeriums betonte, dass Prämien nur sinnvoll seien, wenn die Autofahrer nicht nur neuere, sondern auch im Alltag tatsächlich sauberere Autos kauften. Zur Größenordnung äußerten die Ministerien sich nicht.
Die Hersteller haben Software-Updates für insgesamt 6,3 Millionen Fahrzeuge beim Kraftfahrtbundesamt vorgelegt. Das sind eine Million mehr als die Autobauer beim Diesel-Gipfel im August des vergangenen Jahres zugesagt hatten. Da- mals hieß es, man werde bis Ende 2018 bei 5,3 Millionen Fahrzeugen Software-Updates aufspielen. In diese freiwillige Maßnahme waren bereits 2,46 Millionen Volkswagen aus dem verpflichtenden Rückruf eingerechnet. Dass nun Updates für 6,3 Millionen Autos gemeldet wurden, liegt daran, dass die deutschen Hersteller mehr Fahrzeuge berücksichtigen wollen und sich auch ausländische Hersteller beteiligen.
Die beim Kraftfahrtbundesamt vorliegenden 6,3 Millionen Anmeldungen verteilen sich so: Mit 4,3 Millionen und 1,3 Millionen Updates entfällt der Löwenanteil auf Volkswagen und Daimler. Das geht
aus der Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Dahinter folgen BMW mit 300.000 und Ford mit 110.000 Updates. Opel (90.000), Mazda (78.000), Fiat (55.000) und Renault (51.000) rangieren im Mittelfeld, weniger Updates haben Jeep (21.000), Dacia (16.000), Subaru (8.000), Suzuki (6.000) und Alfa Romeo (4.000) angemeldet. Grünen-Politiker Stephan Kühn nahm die Zahlen zum Anlass für Kritik. Dass nun eine Million Autos zusätzlich umgerüstet werden, zeige die ganze Dimension des Abgasskandals, so Kühn. ( mit dpa)