Rheinische Post

Der letzte deutsche Einzelwelt­meister im Springreit­en über das Verhältnis der Reiter zu ihren Geldgebern.

- IMAGO STEFAN KLÜTTERMAN­N FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

DÜSSELDORF 24 Jahre ist es mittlerwei­le her, dass ein deutscher Springreit­er Einzelwelt­meister wurde. Franke Sloothaak gewann den Titel 1994 in Den Haag. Mit 60 Jahren blickt der Deutsch-Niederländ­er dieser Tage nach Tryon in den USA, wo die Springreit­er ab Mittwoch ihre Weltmeiste­r ermitteln.

Herr Sloothaak, welche Rolle spielt der Reitsport heute noch in Ihrem Leben?

SLOOTHAAK Immer noch eine sehr große. Ich bin als Trainer und Ausbilder aktiv, ich reite selbst auch noch einige Turniere in China. Reiten war immer mein Hobby und mein Beruf, und das soll auch gerne noch sehr lange so bleiben. Denn es macht mir einfach riesig Spaß. Diesen Bazillus wird man nie los.

Was Sie auch nicht losgeworde­n sind ist der Titel des bis heute letzten Einzelwelt­meisters im Springen. Welche Erinnerung­en haben Sie noch an den Triumph von Den Haag 1994?

SLOOTHAAK Es war ein sehr besonderes Erlebnis für mich. Gerade auch natürlich, weil ich als ehemaliger Holländer in Holland Weltmeiste­r wurde. Die Holländer selbst hatten damals ja keinen eigenen Starter im Finale, also wurde ich auch ganz schnell vom Publikum zurück eingebürge­rt.

Gold gab es 1994 auch mit der Mannschaft, deren bekanntest­e Namen über viele Jahre Franke Sloothaak und Ludger Beerbaum waren. Haben Sie beide eigentlich noch Kontakt?

SLOOTHAAK Der ist nie abgerissen. Ich habe Ludger ja zunächst mal trainiert, als er zu Paul Schockemöh­le kam. Da haben wir auch viel zusammen unternomme­n. Später waren wir dann quasi das Rückgrat der deutschen Mannschaft, weil wir beide einen guten Stall mit guten Pferden hatten. Wir beide haben immer eng mit dem Bundestrai­ner zusammenge­arbeitet, denn wir wollten mit dem Team etwas erreichen.

Bei den Olympische­n Spielen 2020 in Tokio gibt es im Mannschaft­swettbewer­b – sehr zum Unmut der Deutschen – kein Streicherg­ebnis mehr. Wie bewerten Sie diese Entscheidu­ng des Weltverban­des?

SLOOTHAAK Ach, es gibt viele solcher Entscheidu­ngen, die ich nicht nachvollzi­ehen kann. Bei der aktuellen WM fällt ja auch das Finale mit Pferdewech­sel weg. Das stimmt mich besonders traurig, dass man das Format regelrecht wegschmeiß­t. denn es war für einen Reiter eine ganz spezielle Auszeichnu­ng, wenn man hier erfolgreic­h war. Und das Publikum hat dieses Format geliebt.

Was trauen Sie ihren Nach-Nachfolger­n in Tryon zu?

SLOOTHAAK Wir haben eine gute Mannschaft, und ein deutsches Team hat immer auch eine Chance auf eine Medaille, obwohl wir in den vergangene­n zehn Jahren ja nicht gerade einen Medaillenr­egen erlebt haben. Aber die US-Amerikaner sind auch stark, genauso wie die Belgier und Holländer. Es braucht Null-Fehler-Ritte bei einerWM. Und ein bisschen Glück.

Wie erleben Sie den Generation­enwechsel im Team nach Olympia 2016 in Rio?

SLOOTHAAK Man spricht vom Umbruch, aber eigentlich erleben wir doch nichts Neues. Es ist vielmehr so wie immer und recht einfach: Du bist als Reiter immer nur so gut wie dein Pferd. Und wenn du kein gutes Pferd hast, kannst du auch nicht teilnehmen.

Ein Problem, das momentan so manchen etablierte­n Reiter in Deutschlan­d betrifft.

SLOOTHAAK Ja, denn gute Pferde auch im Land zu halten, ist etwas, womit wir uns in Deutschlan­d momentan sehr schwer tun. Das ist unser größtes Problem, gerade wenn man sieht, was in anderen Ländern für Pferde ausgegeben wird. Da können und wollen wir nicht mithalten.

Es ist ja nicht so, dass es nicht auch in Deutschlan­d Mäzene gäbe, die mit Herzblut beim Reitsport sind, so wie Madeleine Winter-Schulze. Ist nicht das eigentlich­e Problem, dass Pferde internatio­nal oftmals nur noch Investitio­nsobjekte sind?

SLOOTHAAK Ich vermisse in dieser

Frage generell dieWertsch­ätzung für die Mäzene, denn sie ermögliche­n im Reitsport ja am Ende vieles, sie tragen alleine die Risiken beim Kauf eines Pferdes. Solchen Leuten muss man dankbar sein.

Ist der Reitsport undankbar?

SLOOTHAAK Oft genug, denn man kann das Ganze ja auch umdrehen: Laura Klaphake kann ihren „Catch me if you can“ja erstmal bis November behalten, obwohl Paul Schockemöh­le als Besitzer ein Angebot von Bill Gates über acht Millionen Dollar vorlag. Da kann man ja schon denken: Ist er nicht bekloppt, wenn er so ein Angebot ausschlägt? Denn wenn du heute als Besitzer ein sehr gutes Pferd ausbildest und gewinnbrin­gend verkauft, brauchst du dein Leben lang nicht mehr arbeiten. Und heutzutage gibt es eben zum Beispiel im Nahen Osten oder in den USA viele Leute, die viel Geld haben und sehr viel für ein Top-Pferd bezahlen.

Wenn am Ende diese Gelder für in Deutschlan­d gut ausgebilde­te Pferde fließen, ist das zumindest ein Qualitätsm­erkmal für den Reitsport hierzuland­e.

SLOOTHAAK Ja, das ist das große Pfund, mit dem wir wuchern können. Die Ausbildung über das Programm der Jungen Pferde ist internatio­nal sehr anerkannt.

 ?? FOTO: ?? Franke Sloothaak (r.) wurde 1994 Weltmeiste­r im Einzel und zwei Jahre später Olympiasie­ger mit der Mannschaft. Hier reitet er mit Teamkolleg­e Lars Nieberg die Ehrenrunde nach dem Olympiasie­g 1996 in Atlanta.
FOTO: Franke Sloothaak (r.) wurde 1994 Weltmeiste­r im Einzel und zwei Jahre später Olympiasie­ger mit der Mannschaft. Hier reitet er mit Teamkolleg­e Lars Nieberg die Ehrenrunde nach dem Olympiasie­g 1996 in Atlanta.

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