Rheinische Post

Vom Mut eines Düsseldorf­er Ehepaares

Erna Etscheid sollte in ein Arbeitslag­er deportiert werden. Sie überlebte – dank des Ehepaars Neyses, das jetzt gewürdigt wurde.

- VON BERND SCHUKNECHT

NIEDERKASS­EL Auch wenn das mutige Handeln von Joseph Neyses (1893–1988) und seiner Frau Hilde (1909–1948) genau schon 74 Jahre zurücklieg­t, so erscheint die Würdigung von aufrechten Menschen, die sich gegen Rassismus und Totalitari­smus auflehnten, gerade in der Gegenwart dringend erforderli­ch. 70 Bürger aus Ober- und Niederkass­el hatten sich zur Enthüllung der Gedenktafe­l für das Paar gegenüber dem Haus Kaiser-Friedrich-Ring 65 versammelt, darunter die Initiatore­n der Gedenktafe­l Klaus Riekenbrau­k, Horst Fehmers und FDP-Urgestein Burkhard Hirsch sowie Sohn Peter Neyses. Die alten Freunde Riekenbrau­k und Fehmers hatten den Namen Neyses in der Ausstellun­g „Stille Helden“in Berlin entdeckt. Sie nahmen mit ihrer Gedenktafe­l-Idee Kontakt zu Bezirksbür­germeister Rolf Tups auf, und ein einstimmig­er Beschluss innerhalb der BV4 und Spenden aus der Oberkas- seler Bevölkerun­g sicherten die Realisieru­ng des Projekts.

Historisch­er und menschlich­er Hintergrun­d der Gedenktafe­l ist die Rettung von Erna Etscheid, einer Jü- din, die mit einem nicht-jüdischen Bekannten der Familie verheirate­t war. Mit dessen Tod im März 1944 hatte sie den Schutz ihres Status als „Mischehe“verloren. Sie stand nun auf der Liste zur Deportatio­n und sollte sich am 17. September 1944 zum ehemaligen Schlachtho­f in Derendorf begeben, wo es mit Zügen weiter in Arbeitslag­er der Nazis gehen sollte. Stattdesse­n nahm sie das Angebot des Ehepaars Neyses an, das Erna Etscheid im Keller ihres Hauses am Kaiser-Friedrich-Ring 65 vor dem Zugriff der Gestapo versteckte. In diesem Versteck lebte sie rund ein halbes Jahr bis zur Befreiung durch die US-amerikanis­chen Truppen am 3. März 1945. Sie hat so den Holocaust überlebt.

In seiner Ansprache bat Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstät­te, nicht zu vergessen, dass nur eine verschwind­end geringe Minderheit in der Bevölkerun­g den Mut gehabt hätte, Juden zu helfen. Die Gedenktafe­l sei eine Mahnung gegen dasVergess­en und werte die Geschichte der Neyses nochmals auf, so Rolf Tups. Sichtlich bewegt dankte Peter Neyses für die Ehre, die mit der Gedenktafe­l seinen Eltern erwiesen würde.

Joseph Neyses, der bis 1964 das Robert-Schumann-Konservato­rium, die heutige Robert-Schumann-Hochschule leitete, erhielt 1959 das Bundesverd­ienstkreuz Erster Klasse. In Anerkennun­g für ihren Mut wurde das Ehepaar 1981 vom Staat Israel in Yad Vashem mit dem Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“geehrt. Seit 2015 wird das Ehepaar auch mit einer Dauerausst­ellung in der Mahn- und Gedenkstät­te Düsseldorf gewürdigt.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Rolf Tups, Peter Neyses, Horst Fehmers, Klaus Riekenbrau­k und Bastian Fleermann enthüllten die Gedenktafe­l.

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